AvaNinian – Zweites Buch
Verschwörungsplänen zu belästigen. Dafür verspreche ich Euch den Mondenschleier der Fürstin Romola!«
Eine verbitterte Jungfer hatte davon erzählt und eine törichte, schwatzhafte Priesterin. Die kleinen Geldbeträge, die er ihrem Tempel zukommen ließ, belohnte sie mit dankbarem, überschwänglichem Redeschwall, in dem sie in aller Unschuld die Geheimnisse ihrer hochgestellten Besucherinnen enthüllte.
Scharf sog Isabeau die Luft in die zarten Nasenflügel, ihre Augen funkelten gierig - wie immer hatte er recht geraten.
Fortunagra erhob sich, die weiblichen Ausdünstungen in diesem Raum verursachten ihm Übelkeit. Er beugte sich über ihre Hand und murmelte:
»Wir verstehen einander, meine Liebe, über die Einzelheiten reden wir später. Erlaubt, dass ich mich entschuldige. Wie Ihr sagtet, muss ich mich auf einen Weiheakt vorbereiten.«
»Ja, wir verstehen einander, Basileos, verzeiht, dass ich Euch aufhielt. Besucht mich, wenn die Feiertage vorbei sind, ich verspüre mit einem Male großes Interesse an den Kunstwerken der Alten und man sagt, Ihr seid ein außerordentlicher Kenner.«
Die Tür hatte sich längst hinter Fortunagra geschlossen, die Frisurenmeisterin war ärgerlich zurückgekehrt, hatte ihr Werk vollendet und war gegangen, als Margeau mit leeren Händen und zornigen, roten Flecken auf den Wangen hereinschlüpfte. Noch ehe die Fürstin ihre Neuigkeiten heraussprudeln konnte, zischte sie:
»Dieser miese, dreckige, kleine Flickschneider hat gewagt, mir das Kleid zu verweigern! Erst soll ich meine Schulden bezahlen! Ist dir je eine solche Dreistigkeit begegnet, Isabeau?«
Abend, Beginn der Dritten Nacht
»Uups, Himmel, Arsch und Zwirn!« Ungebeten kam Kaye der derbe Fluch aus seiner hinterwäldlerischer Vergangenheit über die Lippen. Seine Hand, die den Pinsel hielt, zitterte immer noch vor Ärger und eine schwarze Schliere verunzierte die gepuderte Stirn. Jetzt konnte er die Malerei von vorne beginnen!
Seufzend wischte er die Farbe mit einem ölgetränkten Tuch ab, trank einen Schluck Wein und machte sich von neuem ans Werk.
Als er mit dem Schwung der Brauen zufrieden war, erhitzte er das Brenneisen im Kohlebecken und kräuselte sein fahlblondes Haar, wie es die Mode verlangte. Die lästige, kahle Stelle auf dem Scheitel würde ein verwegenes Barett verbergen.
Er zog die schwarzen Beinlinge glatt, die nicht so stramm saßen, wie er gewünscht hätte, und griff nach dem prächtigen, buntgemusterten Wams. Dabei warf er einen bedauernden Blick auf das schlichtere, seidene Gewand daneben, dessen Farbe an das sanft schimmernde Gefieder des Perlhuhns erinnerte. Ihn dünkte es der Inbegriff der Eleganz, aber der junge Mann, mit dem er diese Nacht verbringen wollte, hatte einen anderen Geschmack; er liebte es bunt und glitzernd und Kaye wollte ihn günstig stimmen.
Er quälte sich etwas mit dem engen Wams und brauchte eine Weile, bis er das zarte Feinleinen des Hemdes durch die vielen Schlitze der Ärmel und aus dem weiten Halsausschnitt gezupft hatte. Nun musste er noch den Gürtel wählen.
Er nahm den schmalen, vergoldeten Kettengürtel mit dem kleinen Wehrgehänge an der Seite und drehte nachdenklich das Stilett in seiner gepunzten Lederscheide. Der Dolch war nicht besonders groß, aber scharf und in der Hand eines geübten Kämpfers eine ernstzunehmende Waffe. Aber er war kein geübter Kämpfer, seine Waffen waren Schere und Nadel. Das kleine Ding besaß er nur, weil es zur Ausstattung eines eleganten Herrn gehörte. Wenn es jedoch heute Nacht wild herging ... die Drohungen des Fräuleins de Valois schrillten ihm in den Ohren. Die Meute wollte sie ihm auf den Hals hetzen - wer immer das sein mochte, übel genug klang es. Vielleicht war es kein Fehler, bewaffnet zu sein, obwohl er sich wahrscheinlich nur selbst in die Finger schneiden würde ... Es pochte ungestüm an die Tür und hätte er den Dolch gezogen, wäre bestimmt Blut geflossen, so heftig fuhr er zusammen. Die Meute ...
»Kaye, Kaye, mach auf! Lass mich rein!«
Sein Herz hämmerte noch, als er hinter Ninian, die wie eine zornige Katze hereingeschossen war, den Riegel vorgeschoben hatte.
»Be...befindest du dich wohl?«, fragte er vorsichtig. Diese geröteten Wangen und blitzenden Augen kannte er nur zu gut.
»Wohl? Oh ja, ich befinde mich sehr wohl«, rief sie zu schnell und zu fröhlich. Als er den Mund öffnete, setze sie scharf hinzu:
»Und ja, ich bin allein, er ist nicht hier. Wir müssen nicht immerzu wie die Kletten
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