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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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traf den Junker erst in die Kniekehle, dann in die Seite, so dass er stöhnend zur Seite rollte.
    Jermyn riss Kaye am Wamskragen hoch und stieß ihn die Treppe hinauf. Der Mann in der Tür war zu überrascht um zuzupacken und als er seinem Opfer nachsetzte, trat Jermyn ihm ins Gesicht und der Mann taumelte ächzend in das Gewölbe zurück. Er versuchte, Kaye auf die Füße zu stellen, aber der Schrecken war dem Schneider zusammen mit dem Sternenstaub in die Glieder gefahren. Immer wieder knickte er ein und schließlich schüttelte Jermyn ihn ungeduldig.
    »Reiß dich zusammen, du dämlicher Flickschneider, sonst schnibbeln sie dir deine edelsten Teile ab!«
    Kaye riss die Augen auf und versuchte, sich aufrecht zu halten.
    »Fl...Flick..., b...bin kein Flicksch...schneider, mmit V...Verlaub ...«
    Jermyn grinste wider Willen. »Na, bestens, dann komm, lass uns hier verschwinden.«
    Es war höchste Zeit. Die Tür flog auf und mehrere Männer stürmten die Treppe herauf. Auch die Gläubigen waren auf das Handgemenge aufmerksam geworden. Frevelhaft war es, sich im Angesicht des Herrn zu schlagen, es störte die weihevolle Stimmung und der Schuldige musste sein Vergehen am Fuß der heiligen Säule büßen.
    Jermyn zog Kaye hinter sich her zum Ausgang, aber es war nicht leicht, gegen den Strom anzugehen. Zuletzt musste er sich öffnen, um sich einen Durchgang zu erzwingen . Auseinander, macht Platz, auseinander. Lasst uns durch, vergesst, dass wir hier waren und schließt euch hinter uns dicht zusammen. Die erhitzten Empfindungen unzähliger Männer schlugen über ihm zusammen und brachten sein Blut in Wallung.
    Bleibt mir vom Leibe. Ich habe keinen Anteil an eurem Treiben. Ich bin Jermyn. Ich bin ich, ich bin ich, ich bin ...
    Er zerrte Kaye vorwärts, dem Ausgang zu, und hämmerte seinen Befehl in die Köpfe. Einige bange Augenblicke schienen sie hoffnungslos festzustecken, während ihnen die Maskierten gefährlich nahe kamen. Endlich teilte sich die träge Menge für sie und hielt die fluchenden Verfolger zurück.
    Erleichtert sah Jermyn die Pforte vor sich. Er bezwang seine Ungeduld und ließ sich mit denen, die ihrer Pflicht Genüge getan hatten, hinaustreiben, den Schneider fest am Kragen haltend. Sie fanden sich in den Gängen wieder und als sie den heiligen Raum verlassen hatten, schienen die Verfolger aufzugeben. Hornrufe und Gemecker entfernten sich und nach einigen Irrläufen landeten sie im Vorhof.
    Kaye machte sogleich Miene, sich auf dem Boden niederzulegen und zu schlafen, aber Jermyn schleppte ihn zur Tränke und hielt seinen Kopf unter die Pumpe. Als der Schneider prustend und spuckend unter dem Wasserstrahl zum Vorschein kam, klopfte er ihm freundlich auf die nasse Schulter.
    »So, mein Guter, jetzt treiben wir dir den Sternenstaub vollends aus dem Schädel!«
    Er legte dem Schwankenden einen Arm um die Mitte und als sie durch das äußere Tor der Höfe auf das nun menschenleere Brachfeld hinaustraten, ertönte über dem anklagenden Dröhnen der Hörner der schmetternde Klang einer Fanfare.
     
    Der erste Strahl der Sonne war über dem Horizont erschienen, das Räderwerk im Tempel Aller Götter hatte sich in Gang gesetzt und die Sonnenscheibe emporgehoben, beim dritten Fanfarenstoß würden sich die Tore wieder öffnen, der neue Tag brach an.
    Die Wilden Nächte waren über Dea hinweggetobt, ermattet lag die Göttliche im ersten Morgenlicht. Dunst hüllte ihre Gebäude, Straßen und Plätze ein und verbarg die Spuren der vergangenen Raserei. In kühlem Blau wölbte sich der Himmel, ein frischer Wind vom Meer hatte die Wolken vertrieben, ein letzter, kurzer Guss die üblen Gerüche weggeschwemmt. Die Luft roch feucht, ein wenig salzig und in der großen Stille der frühen Dämmerung war das Schreien der Möwen zu hören, das sonst im brausenden, geschäftigen Lärm unterging.
    Die Straßen waren menschenleer, am Morgen nach der letzten Wilden Nacht begann das Leben in der Großen Stadt spät. Die Sonne aber stieg triumphierend in den klaren Himmel hinauf und verwandelte den Dunst in einen perlmuttfarbenen Schleier von unirdischer Schönheit.
    Jermyn war einer der wenigen, der die große alte Stadt in ihrem verzauberten Glanz sah, als er durch die stillen Straßen zum Ruinenfeld wanderte. Der Anblick rührte sein Herz. Seit er denken konnte, hatte er hier um sein Überleben gekämpft, jetzt empfand er einen wilden Stolz. Dea hielt ihn in ihrem Bann und er war zurückgekehrt wie von einer unsichtbaren Fessel

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