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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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aufgeschlagen war. Er hatte eine verheerende Niederlage erlitten und war nur um Haaresbreite einer wahrhaft monumentalen Schmach entgangen. Sein Schwert, das in die Gerberjauche gefallen war, würde er nie wieder anrühren, selbst wenn sie es noch einmal durch das Feuer zogen. Und der Mann, für den er all die Mühe auf sich genommen hatte, dem er in unverbrüchlicher Treue diente, verhöhnte ihn aufs grausamste. Der Patriarch wusste genau, dass sein Bastardsohn nicht Gedanken sehen, geschweige denn lenken konnte und dass es für ihn nichts schlimmeres gab als die Verbannung aus Dea. Trotzdem drohte er damit - vor all diesen Schwächlingen und Speichelleckern, als wäre Duquesne ein Lakai wie sie!
    Wer ein zu straff gespanntes Tau durchschneidet, dem können die zurückschnellenden Enden Tod und Verderben bringen.
    Unwillkürlich tastete Duquesne nach dem Dolch. Seine Augen flammten in eisblauem Feuer, das heller und heißer in ihm brannte, als in dem dicken, alten Mann. Wer sollte ihn hindern, sich jetzt und hier sein Recht zu verschaffen - diese waffenlosen Feiglinge oder die behäbigen Narren vor der Tür?
    Der Patriarch erkannte den mörderischen Blick, er begegnete ihm nicht zum ersten Mal in seinem Leben. Grimmig schob er das Kinn vor wie eine kampfbereite Bulldogge und griff in die weiten Falten seines Umhangs, als lautes Pochen die Spannung brach. Die Tür öffnete sich und Ralf de Berengar kam herein, der Schatzmeister von Dea, gefolgt von Hauptmann Battiste und seinem Leutnant.
    Die Gardisten hatten sich umgekleidet und notdürftig gesäubert, aber ihre grauen Gesichter zeugten von den Anstrengungen der vergangenen Nacht. Auch Berengar hatte sich nicht mit sorgfältiger Toilette aufgehalten. Ein Bote des Patriarchen hatte ihn aus dem Schlaf gerissen, sein gefältelter schwarzer Rock war falsch geknöpft, die altmodische weiße Halskrause saß schief und nur an einem Handgelenk steckte eine steife Manschette. Als er sich vor seinem Herrn verbeugte, rückte er schnell die schwarze Samtkappe zurecht, die schief auf seinem geschorenen grauen Haar gesessen hatte.
    Er beachtete Duquesnes drohende Haltung nicht und auch der Patriarch schien vergessen zu haben, dass Duquesne um ein Haar Hochverrat begangen hätte.
    »Raus, raus«, rief er ungeduldig, »Malatest, scheuch sie alle raus!«
    Als sich die Tür hinter dem Kammerdiener geschlossen hatte und nur Duquesne, Battiste und Caedmon zurückgeblieben waren, beugte der Patriarch sich vor und seine Augen forschten unruhig in dem hageren Gesicht des Kämmerers.
    »Waren sie erfolgreich?«
    Berengar nickte bekümmert. »Ja, sie haben einen ganzen Teil des Münzgoldes mitgenommen - drei Kästen sind leer, alle Goldmünzen und mehrere Säcke mit Silbermünzen fehlen, nur mit dem Halbsilber- und Kupfergeld haben sie sich nicht aufgehalten.«
    »Ja, ja, lassen wir das«, unterbrach ihn der Patriarch ungeduldig, »was ist sonst weggekommen?«
    Die beiden alten Männer tauschten einen Blick.
    »Nichts, Herr«, erwiderte Berengar bedächtig, »der Schrank war unversehrt, ebenso der Kasten, es ist alles unberührt. Sie müssen an dem alten Schloss gescheitert sein. Wahrscheinlich waren sie nur hinter dem Geld her und wollten sich nicht aufhalten. Wer weiß, ob sie überhaupt einen guten Schlosser bei sich hatten, sie sind durch einen unterirdischen Gang gekommen und haben die Wand durchbrochen. Sie müssen seit Wochen daran gearbeitet haben.«
    Der Patriarch sank in seinem Stuhl zusammen, sein Gesicht wirkte grau und müde.
    »Den Göttern sei Dank«, murmelte er und warf Duquesne, der wie erstarrt war, unter schweren Brauen einen mürrischen Blick zu.
    »Auch du solltest ihnen danken. Wäre dieser Kasten in die falschen Hände geraten ...«
    Er sprach nicht weiter, die Vorstellung schien selbst ihn zu schrecken. Dann ermannte er sich und fuhr lebhaft fort:
    »Ihr erleichtert mich, Berengar. Alles andere werden wir morgen mit den Herren des Rates besprechen. Sagt mir, wie geht es Eurem Neffen? Ich hoffe, er hat keinen Schaden bei diesem unwürdigen Spektakel in den Gewölben genommen.«
    Der Schatzmeister neigte würdevoll das Haupt.
    »Ich danke für Euer Mitgefühl, Herr. Mein Neffe ist in meinem Haus, er ist unverletzt, aber tief getroffen durch den Tod eines Kameraden, den er in der Verwirrung seiner Sinne erschlagen hat. Wenn ich es recht verstanden habe, waren sie befreundet.«
    »Ah, doch ein Toter. In der Tat, mein guter Duquesne hat sich nach Kräften bemüht, meine

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