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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ihres Heims?
    Agent Page beugte sich über meine Schulter. »Was halten Sie davon, dass man sie so zerschnitten hat? Vielleicht eine Anspielung auf eine Schönheitsoperation?«
    Der junge Agent hatte jede subtile und weniger subtile Bemerkung meinerseits ignoriert, dass ich gern allein wäre. Aber ich hatte nicht das Herz, ihm eins auf den Deckel zu geben.
    »Ich glaube nicht«, sagte ich. »Aber ich möchte noch nicht spekulieren. Wir wissen mehr, wenn sie gesäubert und untersucht worden ist.« Und jetzt lass mich arbeiten, Page, bitte!
    Eine braunrote Schicht getrockneten Bluts bedeckte das verunstaltete Gesicht der Schauspielerin. Was für eine schreckliche Verschwendung. Und was genau sollte ich an den Präsidenten weitergeben von dem, was ich hier gesehen hatte und was mit seiner Freundin passiert war?
    Der Fahrer, Bruno Capaletti, saß immer noch aufrecht hinter dem Lenkrad. Ein einziges Projektil war in seine linke Schläfe eingetreten und hatte fast den gesamten Kopf zerstört. Das Blut auf dem leeren Sitz neben ihm war verschmiert, möglicherweise durch seinen Körper, aber wohl eher vom Mörder, der offenbar Antonia Schifman vom Beifahrersitz aus erschossen hatte. In der Jackentasche des Fahrers hatte man eine kleine Menge Kokain gefunden. Hatte das etwas zu bedeuten? Wahrscheinlich nicht, aber ich konnte zum jetzigen Zeitpunkt gar nichts ausschließen.

    Dann stieg ich aus der Limousine aus und schöpfte frische Luft. »Irgendetwas stimmt da drinnen nicht«, sagte ich so vor mich hin.
    »Ordentlich und schlampig?«, fragte Page. »Kontrolliert, aber auch unkontrolliert?«
    Ich schaute ihn an, und mein Mund verzog sich zu der Andeutung eines Lächelns. Seine Erkenntnis verblüffte mich ein wenig. »Ja, genau.« Die Leichen waren im Auto sorgfältig arrangiert worden. Aber das Zerschneiden von Schifmans Gesicht war eine Tat aus unkontrollierter Wut.
    Außerdem war da noch die Visitenkarte. Eine Reihe von Stickern, wie Kinder sie lieben, klebten an der Autotür: glitzernde bunte Bilder von Einhörnern und Regenbogen. Offenbar hatte man die gleichen Sticker auch am Tatort des Mordes in der vergangenen Woche gefunden.
    Auf jedem Sticker stand ein Großbuchstabe, entweder ein A oder ein B. Was hatte das zu bedeuten?
    Page hatte mich über den Partnerfall schon unterrichtet. Auch eine Frau aus dem Filmgeschäft. Patsy Bennett, eine sehr erfolgreiche Produzentin, war in einem Kino in Westwood vor sechs Tagen erschossen worden. Es gab keine Augenzeugen. Bennet war an jenem Tag das einzige Opfer, und es hatte keine Schnitte gegeben. Nur eine einzige Kugel. Und die Sticker. Ebenfalls mit den Großbuchstaben A und B gekennzeichnet.
    Wer auch immer diese Morde begangen hatte, wollte die Lorbeeren dafür einheimsen. Die Morde waren nicht improvisiert, sondern die Methoden des Killers waren dynamisch. Und sie entwickelten sich weiter.
    »Was denken Sie?«, fragte Page. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Fragen stelle? Störe ich Sie etwa?«
    Ehe ich ihm antworten konnte, kam eine weitere Agentin
zu uns. Eigentlich war es unmöglich, doch sie war noch sonnengebräunter und noch blonder als Agent Page. Ich fragte mich, ob die beiden in derselben Fabrik produziert worden waren.
    »Wir haben eine weitere E-Mail bei der L.A.Times «, sagte sie. »Derselbe Redakteur, Arnold Griner, und dieselbe Mary Smith.«
    »Hat die Zeitung schon über die E-Mails berichtet?«, fragte ich. Beide Agenten schüttelten den Kopf. »Gut, dann wollen wir dafür sorgen, dass das so bleibt. Und kein Wort über diese Sticker, wenn möglich. Auch nicht über die As und Bs.«
    Ich sah auf die Uhr. Schon halb sechs. Ich brauchte mindestens noch eine Stunde auf dem Grundstück der Schifman. Dann wollte ich mit Arnold Griner von der Times sprechen, und außerdem musste ich mich mit der örtlichen Polizei treffen, ehe der Tag vorüber war. Michael Truscott trieb sich bestimmt auch noch irgendwo draußen herum. Zu Hause in Washington verpasste ich mindestens die Hälfte der Abendessen. Nana und die Kinder waren daran gewöhnt, und Jamilla würde mich wohl verstehen, aber das war alles keine Entschuldigung. Eigentlich wäre das jetzt eine gute Gelegenheit, diese schlechte Angewohnheit abzulegen, ständig das Abendessen mit meiner Familie zu versäumen.
    Aber es sollte nicht sein. Zuerst rief ich Nana im Hotel an, dann Jamilla. Danach dachte ich an die armen Familien Schifman und Bennett und machte mich wieder an die Arbeit.

Teil Zwei
    Ich liebe L.

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