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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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A.

15
    »Warum ich von allen Menschen? Warum schreibt sie diese widerlichen Mails ausgerechnet mir? Was meinen Sie? Es ergibt keinen Sinn. Oder? Haben Sie irgendetwas gefunden, das einen Sinn ergibt? Mütter werden abgeschlachtet? Die Sticker der Kinder? Glauben Sie mir, Hollywood wird total durchdrehen, wenn diese Morde publik werden. Marys schmutziges kleines Geheimnis wird an die Öffentlichkeit dringen.«
    Arnold Griner hatte mir dieselben Fragen schon mehrmals während der Befragung gestellt. Wir hatten uns in dem L-förmigen Aquarium aus Glas getroffen, das sein Büro im Herzen des L.A.-Presseraums war. Der Rest der Etage bestand aus vielen Schreibtischen und Unterteilungen.
    Ab und zu steckte jemand den Kopf über eine Trennwand, warf einen kurzen Blick auf uns und zog den Kopf wieder ein. Puppentheater nannte Griner es und lachte leise.
    Er saß auf einer braunen Ledercouch und umfasste die Knie seiner zerknautschten grauen Hosen. Gelegentlich löste er den Griff und schrieb etwas auf den gelben Schreibblock auf seinem Schoß.
    Bis jetzt hatte sich die Unterhaltung hauptsächlich um Griners Hintergrund gedreht: Yale, danach Praktikum bei Variety , wo er Korrekturen las und Gesellschaftsreportern Kaffee brachte. Er hatte sich schnell eine feste Anstellung verschafft und war berühmt geworden, als es ihm gelang, Tom Cruise exklusiv auf einer Party zu interviewen. Vor zwei Jahren hatte die L.A. Times ihn mit einem Angebot für eine eigene Kolumne »Hinter der Leinwand« weggelockt.
Er erklärte mir, er stehe im Ruf, Spezialist für Insider-Storys und bissige Kritiken zu sein. Offensichtlich hatte er von sich eine sehr hohe Meinung.
    Abgesehen von der Filmindustrie hatte ich keinerlei Verbindung zwischen Griner und den Mordopfern finden können. Dennoch war ich nicht bereit zu glauben, dass er rein zufällig als Empfänger für die Mary-Smith-E-Mails ausgesucht worden war.
    Auch Griner schien das nicht zu glauben. Er dachte in alle Richtungen und löcherte mich mit seinen eigenen Fragen, seit wir angefangen hatten.
    Schließlich setzte ich mich dicht neben ihn. »Mr Griner - würden Sie sich bitte entspannen? Bitte.«
    »Sie haben leicht reden!«, schoss er zurück, fügte aber sogleich hinzu: »Tut mir Leid! Entschuldigung!« Er legte zwei Finger an die Stirn und massierte sich zwischen den Augen. »Ich war schon immer übernervös. Seit ich in Greenwich aufgewachsen bin.«
    Ich hatte diese Art Reaktion schon gesehen - eine Mischung aus Verfolgungsangst und Wut, die daraus erwuchs, dass man alles so mit Scheuklappen sah wie Arnold Griner. Als ich weitersprach, redete ich so leise, dass er sich konzentrieren musste, um mich zu verstehen.
    »Ich weiß, dass Sie sich bereits den Kopf darüber zerbrochen haben, aber fällt Ihnen gar kein Grund ein, weshalb gerade Sie diese Nachrichten bekommen? Fangen wir mit jedem früheren Kontakt an, den Sie mit Patsy Bennett, Antonia Schifman oder dem Chauffeur Bruno Capaletti hatten.«
    Er zuckte mit den Achseln und rollte die Augen und holte tief Luft. »Vielleicht war ich auf denselben Partys, zumindest mit den beiden Frauen. Auf jeden Fall habe ich Kritiken
über ihre Filme geschrieben. Der letzte war Antonias Canterbury Road , den ich - tut mir Leid - ausgesprochen hasste, aber ich liebte sie darin, und das habe ich auch geschrieben. Halten Sie das für eine mögliche Verbindung? Vielleicht liest die Mörderin mein Zeug. Ich meine, das muss sie doch, oder? Das ist alles so unglaublich bizarr. Wie passe ich nur in ein wahnwitziges Mordkomplott?«
    Ehe ich etwas sagen konnte, feuerte er schon die nächsten Fragen auf mich ab.
    »Glauben Sie, dass Antonias Fahrer ein Zufall war? In der E-Mail klang es irgendwie, als sei er... im Weg gewesen.«
    Griner gierte ganz offenbar nach Informationen, sowohl persönlich als auch beruflich. Schließlich war er Reporter und in Hollywoodkreisen bereits ziemlich einflussreich. Daher gab ich ihm meine üblichen Antworten auf Reporterfragen.
    »Es ist zu früh, um etwas zu sagen. Was ist mit Patsy Bennett?«, fragte ich. »Erinnern Sie sich, wann Sie das letzte Mal über ihre Filme etwas geschrieben haben? Über etwas, wo sie Regie führte? Sie hat doch noch gelegentlich Filme gemacht, oder?«
    Griner nickte. Dann seufzte er laut, beinahe theatralisch. »Meinen Sie, ich kann mit meiner Kolumne weitermachen? Ich sollte wohl, oder? Vielleicht wäre es besser.«
    Die Befragung war wie ein Tischtennisspiel gegen ein hyperaktives Kind.

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