Ave Maria - Roman
sind.«
»Das ist mir egal.«
»Ashley.«
»Nein!«
Mary holte tief Luft und zählte bis fünf. Sie versuchte, sich zu beherrschen. Sie gab sich wirklich große Mühe. »Schau deinen Bruder an. Ihm schmeckt’s. Es ist wirklich lecker.«
Brendan lächelte und biss noch ein Stück ab. Ein Bild des Gehorsams. Ashley presste das Kinn gegen die Brust und vermied Marys Augenkontakt.
Mary spürte, wie sich in ihren Schultern und dem Nacken die Spannung aufbaute. »Ash, Liebling, du musst doch wenigstens einen Bissen essen. Ashley! Du musst es probieren. Schau mich an, wenn ich mit dir rede!«
Mary wusste im tiefsten Inneren, dass sie einfach aufhören sollte. Nicht zu essen war ein Problem, das sich von selbst löste. Ashleys Problem, nicht ihrs. »Weißt du, wie viel das gekostet hat?«, sagte sie trotz ihrer guten Vorsätze. »Weißt du, was alles hier im Fantasyland kostet?«
Brendan versuchte zu vermitteln. »Mammi, nicht. Mammi, Mammi.«
»Und?« Mary ließ nicht locker. »Hast du eine Idee?«
»Mir egal«, schoss Ashley zurück. Dieses kleine Luder, dieses schreckliche Mädchen.
Die Spannung schoss jetzt von den Schultern in Arme und Beine. Mary spürte das Prickeln der Muskeln und dann die plötzliche Entspannung.
Ashley wollte die Pizza nicht essen? Gut. Gut so.
Ihre Hand wischte über den Tisch.
»Mammi!«, schrie Brendan entsetzt.
Papierteller und Pizzaecken fielen auf den Betonboden. Der einzige Becher mit Limonade kippte um, sein Inhalt ergoss sich in den offenen Wagen, wo Adam saß. Er brüllte sofort los. Sein Geschrei hallte dem Marys nach.
»Siehst du, was du gemacht hast? Na?«
Sie hörte kaum etwas. Ihre Stimme war wie etwas auf der anderen Seite einer Tür. Diese Tür war geschlossen und verriegelt.
Oh, so sollte es nicht sein. Sie und die Kinder waren in Disneyland, verdammt noch mal. Alles lief so verkehrt. Alles, wofür sie so hart gearbeitet hatte, ging jetzt einfach den Bach runter. Es war ein Albtraum. Was konnte noch passieren, um alles zu ruinieren?
85
Wenn wir Mary Smiths letzter E-Mail glauben wollten, blieben uns nur achtundvierzig Stunden - oder noch weniger -, um den nächsten Mord zu verhindern.
Was die unmögliche Situation noch schlimmer machte, war, dass wir nicht gleichzeitig überall sein konnten, auch nicht mit Hunderten von Agenten und Detectives, die an diesem Fall arbeiteten.
Ein Hinweis war besonders viel versprechend und diesem wollten wir nachgehen. Mehr hatte Fred van Allsburg uns nicht gesagt. Ich war nicht sicher, ob wir noch eine Besprechung brauchten, um darüber zu diskutieren. Trotzdem ging ich hin, und jetzt war ich froh, dass ich gekommen war.
Es war uns gelungen, beim LAPD Maddux Fieldings inoffizielle Taktik der verschlossenen Tür zu umgehen. Als ich den Konferenzraum betrat, war ein Mitglied der Soko Blauer Geländewagen am Telefon.
Die Soko des LAPD bestand aus zwei leitenden Detectives, zwei Dutzenden Mitarbeitern und Merrill Snyder, der die Hinweise koordinierte und jetzt mit uns telefonierte.
Snyder begann mit seiner Gesamtschilderung der Suche. Seine Stimme hatte den leichten Akzent New Englands. »Wie Sie wissen, listen die Zulassungsstellen die Autos nicht nach der Farbe auf, und die ist das einzig Konkrete, was wir kennen: der angeblich dunkelblaue Geländewagen Mary Smiths.
»Damit bleiben uns etwas über zweitausend mögliche
Fahrzeuge im Bezirk Los Angeles, die untersucht werden müssen. Um die Zahl einzugrenzen, haben wir uns vorrangig auf Anrufe von Zivilisten konzentriert. Wir erhalten immer noch jeden Tag Dutzende - Menschen, denen ein blauer Geländewagen gehört und die nicht wissen, was sie tun sollen, oder Leute, die einen gesehen haben oder nur jemanden kennen, der einen gesehen hat. Schwierig ist, die wichtigen Eins-Komma-Null-Null-Prozent-Anrufe von den anderen Neunundneunzig-Komma-Null zu unterscheiden.
»Und weshalb ist dieser Anruf so herausragend?«, fragte ich.
Es sei eine Kombination mehrerer Umstände, erläuterte Snyder. Viele Hinweise hatten einzelne triftige Details, aber bei diesem Anruf kamen viele verdächtige Faktoren zusammen.
»Ein Mann hat wegen seiner Nachbarin angerufen, die Mieterin im Nebenhaus ist. Sie fährt einen blauen Geländewagen und heißt Mary Wagner.«
Im Raum wurden Brauen hochgezogen. Es konnte purer Zufall sein, aber es hätte mich nicht geschockt herauszufinden, dass die Mörderin - bei ihrer Gier nach öffentlicher Aufmerksamkeit - tatsächlich ihren echten Vornamen
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