AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
gemächlich-spritsparenden Tempo nicht schaffen würde aber ich bin schon weit gekommen. Meine Tankanzeige ließ auch Hoffnung aufkommen: würde der Verbrauch auf den geraden Asphaltstraßen so bleiben, könnte ich 1.200 Kilometer auf meine 50 Litern schaffen. Schön wär’s. Die Ebene, über der ich weiterfuhr, erstreckte sich nun fast völlig flach und die Straße war nur noch schnurgerade.
Dies hatte eine recht einschläfernde Wirkung und so versuchte ich mich durch laute Musik und Cola fit zu halten. Außerdem hielt ich alle circa 100 Kilometer zum Strecken und meist auch eine rauchen an; die CDs wechseln und so weiter was man sicherheitshalber am Straßenrand erledigen muss, wenn die Orte 200 Kilometer weit auseinander liegen. Der Nächste dieser entlegenen Fleckchen Zivilisation nannte sich Marienthal aber hier erinnert gar nichts an Deutschland: wieder eine Gruppierung zweckmäßiger Bauten um einen Bahnhof herum. Die sehr breiten Straßen sind indes neben viele Autos nur mit freundlichen Menschen gefüllt. Ich hielt mich jedoch nicht lange auf denn obwohl ich gerne Bier kaufen wollte, konnte ich merkwürdiger weise keinen bottlestore finden.
Auf dem weiteren Weg – das Tagesziel Maltahöhe war nun beschlossener Sache obwohl „Höhe“ auch „nächtlicher Kälte“ vermuten ließ – fand ich dann heraus, weshalb die Straßen hier oft so breite Schultern haben: darauf fahren die Eselskarren, meist bestehend aus einem selbstgebauten Chassis auf einer ausrangierten PKW-Achse samt Gummireifen. Diese langsamen Gefährten sind hierzulande noch ein wichtiges Transportmittel der ärmeren Landbevölkerung und ich habe sie sogar schon in einem Vorort der Metropole Kapstadt gesichtet.
Angekommen in Maltahöhe und kurz von Polizisten auf einer Straßenblockade befragt, wo ich denn herkomme und gedenke, hin zu gehen, war die Sonne schon nah am Horizont. Nähert man den Subtropen, muss man sich beeilen will man vor Anbruch der Nacht, der ohne nennenswerte Dämmerung innerhalb dreißig Minuten stattfindet, noch etwas erledigen. Ich habe in der Dunkelheit nur eine Taschenlampe zur Verfügung. Knapp außerhalb des kleinen Dorfes fand ich ein Backpacker-Hostel mit angeschlossener Galerie für lokale Kunst und schlichtem Campingplatz. Wiederum war kein Strom am Platz und meine erquickende Dusche fand in Abwesenheit warmen Wassers statt. Dafür war es günstig und mit sehr netten Hausherren. Hier gibt es buchstäblich ein Haus, ein kunterbuntes Haus (in bester Backpacker-Tradition), einiger großen Hunde und ein allzu freundliches Pferd, das frei auf dem Platz herumläuft und sich von Brot, Bier und Kaffee angezogen zu fühlen scheint. Hoffentlich trampelt es des Nachts nicht durch mein Zelt!
* * *
Ich kam aus Europa zurück: fest entschlossen, wieder dorthin zurück zu kehren, frisch umgestylt mit coolem Frisur, rockigen Klamotten und einen ordentlichen Ghetto-Blaster, der mit meine Oma in Amsterdam geschenkt hatte. Dazu CDs mit der neuesten, meist angesagten Musik der Zeit: Dr. Alban, 24/7, Michael Jackson und so weiter. Schlagartig war ich einer der coolen Jungs, konnte im Internatszimmer entertainen und auf den monatlichen Disco-Veranstaltungen im Schulsaal die Musik beschaffen. Meine Sammlung wuchs schnell – an CDs und neuen Freunden.
Dirk war jedoch der beste davon: ein schlichter in sich gezogener Junge, der aber zum Thema Leben auf der Farm, seinem Pferd und seine Passion für alles rund um Computern, regelrecht aufblühte. Wir gingen bald oft zusammen ins Kino und schliefen im gleichen Zimmer obwohl da natürlich nichts, aber gar nichts lief. Ich besuchte den blonden, groß gewachsenen Dirk auch oft an Wochenenden zuhause, circa halbwegs zwischen Tzaneen und Hoedspruit. Wir fuhren Motorrad und er ließ mich einmal auch auf sein nur halb eingebrochenes Pferd, das mich nach einem herrlichen Galopp dann ohne Grund gegen einen Stacheldrahtzaun warf. Einmal fuhren wir auch offroad mit einem sehr alten Traktor, dessen Lenkstange nach einigen waghalsigen Manövern mitten im Busch brach. Zum Glück hatten wir, wie von Zeiten des Mobilfunks üblich, ein altmodisches Funkgerät dabei und konnten seinen Vater zum Zusammenschweißen des Gefährts herbeirufen. Gelukkig darem!
Dirk hatte schon viel Erfahrung mit Auto fahren, zumal man auf einer Farm als Kind ganz früh damit anfangen kann. Er brachte mir viel mehr dazu bei, als mein Vater es je konnte und mit seinem Auto schaffte ich nach dem zweiten, sehr
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