AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
Objektiven einer wuchtiger als der Nächste war.
Doch das unangenehme Wetter und die späte Stunde, nachdem ich lange die doch weitläufige Stadt durchquert hatte, ließen mich rasch umdisponieren. Ich war nun auch schon des Fahrens satt und mich plagte seit dem Morgen eine Nackenstarre von meiner offenbar zu weich aufgepumpten Luftmatratze. So fand ich, nach einigem Hin und Her an ausgebuchten Unterkünften, eine Pension wo ein Zimmer nur wenig mehr als einen Campingplatz kostete. Welch Luxus, nach über einer Woche Campen: eine eigene Dusche und ein warmes Bett! Das Leben hatte mich sozusagen wieder.
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Endlich hatte ich das Matriek, die südafrikanische Oberschulreife, die man nach zwölf Jahren erlangen kann, geschafft und konnte stolz sein auf onderskeidings – Bestnoten in vier der sechs Wahlfächern: Mathe, Geographie, Afrikaans und Englisch. Bloß wozu das alles gut sein sollte wollte mir nicht klar werden. Ich hatte mich dafür nie besonders hart angestrengt. Ich besuchte zuvor zwei Universitäten in Pretoria und Johannesburg, auf einer Reise der oberen Zwanzig des letzten Jahrganges und fand sie jedoch wenig einladend oder gar inspirierend. Ich wollte ohnehin nach Europa! Und dann mal sehen…
Der beste Weg für mich, Geld zusammen zu sparen, war der altbekannte: Ich bekam mit Kusshand eine Anstellung beim Bosveld Hyper , Victors zweit-Filiale gleich im Dorf, und durfte für ZAR 1.500,00 im Monat (wiederum nach heutigem Kurs EUR 150,00) sowie eine Fleischzulage und zwei Urlaubstage pro Monat 66 Stunden pro Woche schuften. Natürlich machte es auch Spaß – Jan, der dortige Manager, war ein witziger, von sich sehr eingenommener und bärenstarker Bursche, der sein Handwerk gut verstand. Die Details wie Einräumen und Dekoration des Ladens überließ er indes mir. Blickfang war eine wunderschöne Wandmalerei der afrikanischen Buschlandschaft, dazu zierten ausgestopften Tierköpfen die restlichen Wände. Der Impala bekam von mir irgendwann mal eine Zigarette ins Maul verpasst und der kleine Affe eine ebenso kleine Sonnenbrille. Ein bisschen Spaß musste sein.
Noch ein Pluspunkt war es, dass Grant nun gleich nebenan im Cafe, einen portugiesisch geführten Obst-und Gemüseladen mit Imbisstheke, arbeitete und die Werkstatt für mein altersschwaches Auto auch gleich nebenan war. Ich gab mich zunehmend exzentrisch, trug lustige Hüte oder Kopftüchern zur Arbeit um meine heranwachsende Haarpracht zu bändigen, und gab mir aber auch viel Mühe mit der Aufgabe als Vize im Laden. Während Jan im Urlaub war, durfte ich sogar mal zwei Wochen lang das Sagen haben – mit Erfolg.
Der Knochenjob forderte allerdings auch, dass ich abends nach dem Essen nur noch vorm Fernsehen einschlief und kaum ein Sozialleben hatte, nicht, dass es in Hoedspruit viel zu tun gegeben hätte. Wenn überhaupt fuhren wir in einfache Lodges mitten im Busch, um uns dort ordentlich zu besaufen und dann, törichter Weise und unter Mitwissen der örtlichen Polizisten , die oft mit von der Partie waren, am frühen Morgen mit dem Auto heim zu fahren. Einmal im Monat etwa fuhren Grant und ich nach der Arbeit nach Tzaneen, um dort ins Kino zu gehen und nachts ordentlich in die Disco. Danach, sternhagelvoll, schlief er im Auto während meiner Wenigkeit, nicht minder sternhagelvoll, die 120 Kilometer zurück fuhr. Sogar plötzlich auftretender Nebel konnte mich nicht von der Straße bringen - da hatte ich wohl ein Schutzengel. Leider schlief Grant auch im Auto ein, wenn er mal selbst fuhr und hatte bald einige folgenreiche Unfälle hinter sich, doch da war ich bereits aus dem Bild. Man macht sich oft hinterher Vorwürfe, dass man ein besseres Vorbild hätte gewesen sein können, doch kann man leider nie den Verlauf der Dinge und den Einfluss der eigenen Aktionen voraus sehen.
Die Tochter einer Kollegin, ein zartes Mädchen namens Nathalie, wollte mit mir ausgehen (und mehr) und wie sooft bemerkte ich es zu spät – zunächst waren wir nur befreundet, dann besuchte ich sie im 30 Kilometer entfernten Mica und wir erlebten einen netten Abend. Immer noch vage in der Hoffnung lebend, ich könnte doch mit dem anderen Geschlecht etwas anfangen, ließ ich es geschehen und es sogar dazu kommen, dass sie mich küsste. Doch es kam mir vor wie der Kuss meiner Schwester – ich reagierte dementsprechend und musste in den nächsten Tagen erst einmal Abstand gewinnen. Unterdessen - ob bereits anderweitig geschädigt oder meinetwegen vermag ich nicht zu
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