AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
verkauften, zu Bruch gehen zu lassen. Zurück ging es dann mit voller Geschwindigkeit, den Fähigkeiten des Allradfahrzeugs auf Probe stellend – über kleinen Rampen auf den Wegen konnte ich das Bakkie teils meterhoch abheben lassen, davon würde Victor natürlich nichts erfahren!
Dezember, Sommer – der Umsatz war hervorragend. Victor nahm uns allen mit auf eine Lodge im Busch Mpumalangas, um eine gebührende Weihnachtsfeier zu genießen. Es gab unter Anderem Lamm am Spieß, zuvor tagelang geduldig mariniert – ein Hochgenuss! Zum ersten Mal durfte ich nun offiziell auch Alkohol trinken und Grant und ich taten unser Bestes, uns je eine Flasche Old Brown Sherry – ein preisgünstiges, süßes aber leckeres Gebräu, einzuverleiben. Beide bis über die Ohren betrunken, machten wir uns auf in Richtung Schwimmbad – ein schwieriger Weg, denn die Wiese war tückischer Weise mit hunderten kleinen Bäumchen bepflanzt. Dort gestand ich Grant zum ersten Mal wörtlich Mann zu Mann wie es um meine Gefühle gegenüber Frauen, Männer uns insbesondere ihn stand. Er war wenig überrascht, sagte jedoch nur gutmütig, dass er mich für nicht ganz dicht halten würde aber sich sonst an unsere Freundschaft nichts ändern würde. Nun, später und an anderen alkoholreichen Abenden Ließ er sich doch noch kurz von mir küssen…
Die Party fand in einer Lapa, ein mit Gras überdachtes, aber sonst offenes Areal mit Zementboden, statt. In der Nähe war auch noch ein trockner Fluss, den wir noch am nächsten Morgen überqueren sollten auf der Suche nach Wildspuren und wo uns Victor, selber noch etwas verkatert, zeigen sollte wie man mit einer Wünschelrute oder anhand der Größe der Bäumen nach Wasser suchen konnte. In Afrika übrigens keine unwichtige Fähigkeit. Als Schulkinder wurde uns sogar mal erklärt, man könne Flüssigkeit aus einer Sansevieria herauskriegen – zum Glück musste ich dies noch nie selbst ausprobieren.
In der Lapa sorgte mein Ghettoblaster, wie täglich auch im Laden, für den nötigen Soundtrack und man kuierte baie lekker. Die Ausgelassenheit hatte aber kurzzeitig ein Ende: Ohne zu übertreiben, kamen plötzlich hunderte Jagspinnekoppe, bis zu 10 Zentimeter große, spinnenartige und enorm widerlich und durch ihr riesiges, rotes Bisswerkzeug Furcht einflößend aussehende Kreaturen, blitzschnell aus dem Dunkeln oder aus dem Grasdach (so genau war das nicht erkennbar) aus allen Seiten auf uns zu. Menschen versuchten, irgendwo hin zu fliehen, doch wir waren wie umzingelt und die kleinen Monster waren so schnell, dass sie vor den Augen zu verschwimmen schienen. Obwohl dies nicht eine gemeinsame Halluzination des Alkohols war (oder doch?), trieb mich der Rausch und die eingeprägte Angst vor giftigen Spinnen dazu, zum einzigen Mal in meinem Leben schrill schreiend auf einem Tisch zu springen. Andere taten es mir nach und, ohne Opfer gefunden zu haben, gingen die Kreaturen weiter auf ihre Jagdmission und der Spuk war vorbei. Der Biss der Jagspinnekoppe ist indes nicht einmal besonders gefährlich, aber ihr Aussehen und Auftreten kann sicher auch mal einen Herzinfarkt verursachen.
Oh down in dry county we‘re swimming in the sand
Praying for some holy water to wash these sins from off our hands
In Dry County the promise has gone dry
Where nobody cries and no one’s getting out of here alive
-Walvisbaai-
Nach dem ich heute spät aufstand, dem Aufbruch der nächsten Menge ins Sossusvlei ignorierend, verbrachte ich noch einen gemütlichen langen Vormittag beim ruhig frühstücken und zusammenpacken. Kelvin kam auch wieder mehrmals an meinem Platz und sorgte für lustige Abwechslung vom den mittlerweile zur Routine gewordenen Tätigkeiten. Schnell kann man mir ans Herz wachsen, aber nur wenige schaffen es überhaupt!
Ich wusste von Kelvin und Anderen, dass der Weg zur Küste nach Walvisbaai und Swakobmund, mein eigentliches Tagesziel, schwierig sei doch würde ich mit mein bakkie schon irgendwie durchkommen und startete allen Warnungen zum trotz recht spät. Zunächst fährt man über weitere ausgedehnte Ebenen Savanne und die Straße ist mal mehr und mal weniger gut befahrbar. An vielen Stellen sind Schilder mit einem Tempolimit von 60 aufgrund unebener Straßenoberfläche aufgestellt. Als ob man dies nicht längst bemerkt hätte. Nach einiger Zeit auf afrikanischen Straßen merkt man, dass vor allem die gelben, vorübergehend aufgestellten Schildern oft eine Tatsache verkünden, die
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