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AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK

AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK

Titel: AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.S. Barnstijn
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nicht schließen. Man erzählte von zwanzig millionen Einwohnern im Großraum Kairo, die alle irgendwann auf den breiten Straßen unterwegs zu sein schienen. Die Menschen beeindruckten mich vor allem durch ihre Attraktivität und ordentliche Kleidung, die die Haut in der sengenden Sonne bis aufs Gesicht bedeckte, sowie ihre freundliche zuvorkommende Art. Unterwegs brachte man uns natürlich in einigen Läden des lokalen Handwerks, wo ich nicht anders konnte als von meinem knappen Geld Parfüms und Bilder auf Papyrus zu erstehen.
    Dann der Höhepunkt: ein Besuch bei den Sagen umwobenen drei großen Pyramiden und dem Sphinx, wo meine einfache Kamera arbeiten musste, was das Zeug hielt. Sehr beeindruckend, vor allem da ich in die Cheops hinein durfte, wo zur Lufttemperatur von rund vierzig Grad noch eine hundertprozentige Feuchtigkeit hinzukam – ich staunte und schwitzte gleichermaßen! Abends konnte ich dann noch eine kurze Nilkreuzfahrt erleben, wo es nebst leckerem Essen eine orientalische Bauchtanz-Show gab. Am meisten gefiel mir natürlich, dass auch ein junger Mann dort mit bloßem Oberkörper seinem phantastischen Können zeigte und mich sogar freundlich zulächelte.
    Der Ablauf am nächsten Tag am Flughafen war ziemlich kompliziert und zur Krönung musste ich recht lange warten, während ein Indonesier am Metalldetektor ein Objekt nach dem Anderen seines Arsenals heraussuchen musste. Die anderen ungeduldigen Reisenden  konnten darüber nur , die Augen rollend, schmunzeln. In Frankfurt angekommen – man stellt sich vor, wie dieses Ungetüm vom Flughafen auf einem allein reisenden Jungen wirken muss – wartete ich eine Stunde lang auf mein Gepäck, der jedoch leider nicht mitgekommen war. Irgendwie hatte ich vergessen, es ordentlich aufzugeben, oder so ließ man mich verstehen. Es sollte eine Woche dauern, bis es endlich per Kurier an meinem neuen Zuhause ankam. Im Handgepäck hatte ich natürlich nur wenig und so musste ich mir währenddessen alle möglichen Sachen borgen. Meine Geschenke für die Einheimischen konnte ich auch erst verspätet überreichen, dazu waren diese noch ramponiert. Man lebt und lernt.
    Wie verständigt man sich in Deutschland als Einwanderer, der zwar einen Pass hat aber kein Wort der „schweren“ Sprache kann? Ich dachte damals einfach, man würde schon englisch sprechen. Mein Irrtum stellte sich schon heraus, als mich meine lange wartenden Verwandten, die ich noch nie gesehen hatte, mit Fragen über Fragen überhäuften. Ich konnte nur yes, no und schön sagen in der Hoffnung, keinen faux pas zu begehen. Überhaupt, fragte ich mich im Auto auf dem Weg nach Köln, als man sich vorn rapide am unterhalten war, was ist denn der Unterschied zwischen schon und schön? Dieses Unwissen konnte und würde nicht lange weiter gehen, denn ich wollte um den Tod nicht ständig wie ein Idiot dastehen. Ich kaufte mir ein Wörterbuch, in dem ich ständig blätterte mir und jedes Wort den ich aufschnappte und dessen Bedeutung einprägte. Wie ein Kind saugte ich es in mich auf und konnte bald, nach nur drei Monaten, mit den Kursen der Volkshochschule nichts mehr anfangen. Hauptsache sich vernünftig und möglichst ohne Akzent verständigen -  das konnte ich, aber die genaue und ehrlich gesagt schwierige Grammatik lerne ich noch bis heute. Fast hätte ich aber nur Kölsch und kein Hochdeutsch gelernt, denn meine Verwandten waren ur-Kölsche und nahmen mich übrigens überall in ihre kölsche Welt mit.
    Man nahm mich zunächst auf wie ein lang ersehntes Kind: ich bekam das „Kinderzimmer“, komplett mit entsprechender Tapete, wurde zu Behörden und beim Besuch des Versicherungsvertreters begleitet und man war stolz wie ich mich im Karnevalskostüm oder als Büttenredner bei einer lokalen VDK-Feier machte. Auf Radtouren am Rhein entlang war ich ebenso dabei wie auf Geburtstagsfeiern oder Ausflüge in die Discos des Erftkreises. Andererseits bekam ich, wie ein Kind, auch Grenzen gesetzt die mir ganz und gar nicht gefielen. Ich wollte Selbstständigkeit, daher nahm ich alsbald einen Job vom Zeitarbeitsvermittler in der Chemiebranche an. In einem riesigen, unüberschaubaren Werk nördlich von Köln durfte ich, in Schutzkleidung und umgeben vom Chlorgeruch, die nächsten sechs Monaten eine einfache Tätigkeit circa 16.000 Mal wiederholen. Ich bekam ständiges Sodbrennen, ob durch die chemische Reaktion des Chlors oder dem ungewohnten Essen mit viel Roggenbrot und Kartoffeln vermochte ich nicht

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