AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
vom Personalessen zu profitieren. Hin und wieder konnte ich dort nebenbei für Reisegruppen Koffer ein- und ausladen und so eine kleine Nebeneinkunft sichern.
All dies reichte jedoch nicht aus – mein Konto wurde so oft überzogen, dass es zeitweise gesperrt wurde, Zahlungen zurück gebucht werden mussten und ich in einigen Supermärkten offenbar auf einer Blacklist stand. Peinliche Szenen an der Kasse ließen nicht lange auf sich warten. Aufgrund der wechselnden Arbeits- und Schulzeiten kam noch eine Nebentätigkeit für mich auch nicht in Frage. Also steckte ich meinen Stolz in die Tasche und holte mir monatlich einen Obolus vom Sozialamt ab. Deshalb landen vermutlich gerade viele Ausländer dort: läuft es mal schief, hat man nicht so einfach eine wohlhabende Familie, auf denen man zurückfallen kann. Mehr als zweihundert Mark zum Geburtstag gab es für mich nicht, nur einmal eine kleine Erbschaft eines verstorbenen Onkels, der sofort in mein Dispokredit verschwand. Eine Heimreise musste in diesem Jahr ausfallen.
Immerhin befand sich ein schöner Park in der Nähe, wo ich mich an meinen freien Tagen im Sommer nach Lust und Laune nackt sonnen konnte! Niemals litt ich zu sehr unter den Umständen, denn Lehrjahren waren nun mal keine Herrenjahren. Die Prüfung bestand ich mit Bravour, teils weil ich die Theorie schön in der Sonne im Park lernen konnte und teils weil die praktische Prüfung von meinem ehemaligen Chef abgenommen wurde. Angestrengt hatte ich mich so oder so, damit es niemand wagen konnte zu sagen, dass diese Ausbildung eine schlechte Entscheidung gewesen wäre.
Kevin, der nie so ganz mit unserer Krankheit sowie Trennung zu Recht kam, litt derweil an Depressionen bis hin zum Suizidversuch. Er verlor sein Job und jammerte ständig von seinem beschissenen Leben, wobei ich ihn, abgesehen von tröstenden Worten, nicht viel helfen konnte oder gar wollte. Einen Eingeständnis gab es dummerweise: damit er die Wohnung behalten konnte, war ich noch Partner in seinem Mietvertrag. Ich hätte es ahnen sollen: Er zahlte letztendlich bis zu sechs Monate lang keine Miete und als man mich schließlich näherte, war eine Räumungsklage bereits im Gange. Mich wollte man wegen der fehlenden Mietzahlungen belangen und das Gericht gab ihnen Recht. Der Mahnprozess erstreckte sich über einem Jahr hinweg denn ich konnte (und wollte zunächst) nicht für etwas zahlen, dass ich nicht verbockt hatte. Dann verschwand Kevin, der zuvor noch von einem anderen Freund zehrte, von der Bildfläche und sieben tausend Mark Schulden zuzüglich Mahnkosten blieben an mir hängen. In den nächsten vier Jahren stotterte ich sie notgezwungen tröpfchenweise ab, denn zum Glück bekam ich nach der Ausbildung gleich einen gut bezahlten Job.
Tommys Memoires 2000 – 2001
I am what I am
Köln-Lindenthal
24. Dezember 2000
Liebe(r) wer auch immer dies lesen mag – wahrscheinlich ich selbst:
Von den Erzählungen des Lord C. Nantwich in „der Schwimmbad-Bibliothek“ (muss man nicht unbedingt gelesen haben, trotzdem hat’s was) inspiriert, beschloss ich am heutigen Tage, alle ereignisvollen Tagen meines Lebens schriftlich als Memoires festzuhalten. Schließlich lässt die Erinnerung doch einmal nach, vor allem wenn man sich an so zahlreiche Liebhaber und kleine, jedoch später vielleicht wichtige Geschehnisse erinnern muss/sollte/möchte. Ich bete um Verzeihung für ellenlange Sätze und teils höchst pikante Beschreibungen (die, wie ich hoffe, nach dem Ersten häufig folgen werden!) und sage nur: bear with me…
Um eins heute Morgen begegnete ich in der Gaysauna einen Traumkerl. Ich hätte nie erwartet, im alten Jahrtausend noch so etwas zu erleben. Zaghaft berührten wir uns zunächst in der Dampfsauna, wonach wir einen Spanier aus einer Kabine herausschmissen und sie rund 3 Stunden lang besetzten. Zärtlich. Spielerisch. Küssen und Streicheln ohne Ende. Wir taten dort so alles, was man sich vorstellen kann… Lukas heißt er. Wunderschön ist er. 21. Auch HOFA und gerade in der Marine (Alexandria, Odessa, Napoli, etc…). Sein Körper ist schlank, geschmeidig, haarlos, braungebrannt – kein Bodybuilder, aber zum verrückt werden! Ich bin nicht mit viel Selbstachtung gesegnet und so fand ich es unglaublich, dass er mich auch gern hat! Naja, er fuhr mich nach Hause und wir tauschten Nummern aus. Mal sehen… Ach ja: Der Kerl hat tatsächlich dunkles Haar und strahlend blauen Augen. Mein Gott.
26. Dezember
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