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Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie eine wohlige Aura. Hatte Brian je so gerochen?
    Nicht dass sie sich erinnern konnte. Brian hatte, von der Duftnote des Deodorants abgesehen, das er zufällig gerade benutzte, keinen speziellen Geruch. Ja, vermutlich war er sogar stolz darauf, mehr oder weniger geruchslos zu sein.
    Nein, das war nicht fair. Etwas mehr war doch an Brian dran. Er glaubte fest an ein geordnetes Leben. Das machte es auch so unwahrscheinlich, dass er persönlich etwas mit der Beobachtung ihrer Aktivitäten oder Tomas’ Entführung zu tun hatte. Es entsprach nicht den Buchstaben des Gesetzes. Und Brian handelte immer nach den Buchstaben des Gesetzes.
    Was nicht unbedingt schlecht war. Brian würde nie ein Flugzeug über einen Berg fliegen oder sich als Matrose auf einem rostigen Handelsschiff verdingen – aber er würde auch nie ein Versprechen brechen oder einen Schwur nicht einlösen. Mit ein entscheidender Grund, warum es so schwer gewesen war, sich über die Beendigung ihrer unerquicklichen, überhastet geschlossenen Ehe zu einigen. Lise hatte Brian während ihres Journalistikstudiums an der Columbia University kennengelernt, als er gerade im New Yorker Büro des MfGS begonnen hatte. Seine Sanftheit und verständnisvolle Art hatten sie für ihn eingenommen, erst mit Verspätung hatte sie begriffen, dass Brian zwar immer an ihrer Seite, doch niemals ganz auf ihrer Seite stehen würde – dass er letztlich nur eine weitere Stimme im Chor jener war, die ihr rieten, das Buch ihrer Vergangenheit zuzuschlagen, weil in den Textlücken womöglich unerträgliche Wahrheiten verborgen waren.
    Dennoch hatte er sie geliebt, auf unschuldige, beharrliche Weise. Behauptete, es immer noch zu tun. Sie öffnete die Augen und sah ihr Telefon, das schwach leuchtend auf dem Nachttisch lag. Mehrere Anrufe von Brian waren registriert. Sie hatte keinen davon entgegengenommen. Auch das war unfair. Vielleicht notwendig – sie war bereit, Turk in diesem Punkt zu glauben –, aber nicht fair. Das hatte Brian nun doch nicht verdient.
     
    Am Morgen wurde eine Straßenspur freigegeben, sodass sie weiter Richtung Norden fahren konnten, vorbei an Bussen, die wie Zirkuswagen angemalt waren, Holzlastern und Tankwagen, bis Turk schließlich auf eine der holprigen Nebenstraßen bog, die sich durch diesen Teil des Landes zogen wie die Linien auf dem Handteller eines alten Mannes.
    Und plötzlich befanden sie sich in der Wildnis. Erst hier, abseits der Städte und Farmen, der Raffinerien und Häfen, spürte Lise die Fremdartigkeit dieser Welt, die ihren Vater so fasziniert hatte. Die hoch aufragenden Bäume und das dichte, farnartige Gestrüpp – Pflanzen, deren volkstümliche Namen Lise nicht kannte, geschweige denn die offiziellenbotanischen Bezeichnungen – waren angeblich mit irdischen Lebensformen verwandt, zumindest enthielt ihre DNA Anzeichen für eine terrestrische Herkunft. Der Planet war von den Hypothetischen angelegt und bepflanzt worden, vermutlich, um ihn für Menschen bewohnbar zu machen. Doch die Pläne der Hypothetischen waren, vorsichtig ausgedrückt, längerfristig angelegt. Sie rechneten in Milliarden von Jahren, die Evolution musste für sie ein wahrnehmbarer Vorgang sein.
    Dagegen konnten sie Ereignisse, die so kurz waren wie ein menschliches Leben, womöglich gar nicht erfassen. Lise fand diese Vorstellung seltsam tröstlich. Sie konnte Dinge sehen und fühlen, die für die Hypothetischen eine verschwindende Flüchtigkeit besaßen: Dinge wie das Schaukeln dieser seltsamen Bäume über der Straße, wie das Sonnenlicht, das ihre Schatten auf den Waldboden streute. Das war eine Gabe, dachte sie. Unsere vergängliche Gabe.
    Das Unterholz des Waldes war von einer Tierwelt bevölkert, die großteils noch nicht gelernt hatte, sich vor den Menschen zu fürchten. Sie erhaschte kurze Blicke auf einige Eselhunde, ein gestreiftes Ghoti, eine Schar von Spinnenmäusen – Namen, die meist auf irdische Tiere Bezug nahmen, obwohl die Ähnlichkeit oft nur mit viel Fantasie zu erkennen war. Nur die Stechmücken sahen genauso aus wie jene, die zu Hause immer die schattigen Plätze unsicher gemacht hatten.
    Turk behielt die unbefestigte Straße im Auge. Glücklicherweise war hier nur wenig Staub gefallen, und das Blätterdach des Waldes hatte ihn weitgehend absorbiert. Wenn das Fahren schwierig wurde, schwieg er, auf gerader Strecke erkundigte er sich nach ihrem Vater. Sie hatte schon früher mit ihm darüber gesprochen, doch das war vor dem Ascheregen gewesen,

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