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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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keinen düsteren Eindruck auf mich gemacht, und soweit ich es beurteilen kann, tun sie nichts, was uns übrige Menschen in Gefahr bringt. Im Gegensatz zu dem Unsinn, den die Genomische Sicherheit in den Nachrichten verbreitet, sind sie einfach nur Menschen.«
    »Menschen, die sehr gut Geheimnisse wahren können.«
    »Das stimmt.«
     
    Kurz darauf kamen sie an einem Holzschild vorbei, auf dem der Name des Dorfes in mehreren Sprachen stand, darunter auch in einer Art Englisch: DESA NEW SARANDIB TOWN. Einen knappen Kilometer weiter trat ein magerer Jüngling, kaum älter als zwanzig, auf die Straße und deutete ihnen, anzuhalten. Er beugte sich auf Turks Seite ins Fenster.
    »Nach Sarandib?« Die helle Stimme des Jungen ließ ihn noch jünger erscheinen. Sein Atem roch nach Zimt.
    »Ja«, erwiderte Turk.
    »Aus bestimmtem Grund?«
    »Ja.«
    »Was für einem Grund?«
    »Einem persönlichen.«
    »Wollt ihr Ky kaufen? Kein guter Ort, um Ky zu kaufen.«
    Ky war ein halluzinogenes Wachs, das von einer in Stöcken lebenden Insektenart produziert wurde und derzeit in den Clubs von Port Magellan der große Renner war. »Wir wollen kein Ky. Trotzdem danke.« Turk gab Gas – nicht so fest, dass er den Jungen, der schnell seinen Kopf zurückzog, verletzt hätte, aber fest genug, um sich einen wütenden Blick einzufangen. Als Lise sich nach einiger Zeit umdrehte, stand der Junge noch immer auf der Straße und sah ihnen nach. Sie fragte Turk, worum es gegangen sei.
    »In letzter Zeit kommt es häufig vor, dass Städter, die durch die Provinz fahren, um ein paar Gramm abzustauben, ausgeraubt werden oder sonstwie Ärger kriegen.«
    »Denkst du, dass er uns was verkaufen wollte?«
    »Ich weiß nicht, was er wollte.«
    Aber der Junge musste ein Telefon bei sich gehabt und irgendwo angerufen haben, denn kaum hatten sie die ersten bewohnten Hütten passiert, wurden sie von einem etwas betagten Lieferwagen, in dem zwei kräftige Männer in improvisierten Uniformen saßen, zum Anhalten genötigt. Lise blieb still sitzen, überließ Turk das Reden.
    »Haben Sie hier etwas Bestimmtes zu tun?«, fragte einer der beiden.
    »Wir möchten mit Ibu Diane sprechen.«
    Pause. Dann: »So eine Person gibt es hier nicht.«
    »Okay. Dann muss ich wohl irgendwo falsch abgebogen sein. Wenn es hier keine solche Person gibt, machen wir nur kurz Rast und essen zu Mittag, dann fahren wir weiter.«
    Der Polizist – falls man ihn so bezeichnen konnte, denn diese dörflichen Polizeistationen wurden von der Provisorischen Regierung nicht anerkannt – bedachte Turk mit einem langen, säuerlichen Blick. »Haben Sie einen Namen?«
    »Turk Findley.«
    »Dort drüben bekommen Sie einen Tee. Mittagessen weiß ich nicht.« Er hielt einen Finger hoch. »Eine Stunde.«
     
    Sie saßen an einem Tisch, der offenbar aus einer ausgedienten Kabelrolle gemacht war, schwitzten in der Nachmittagshitze und tranken, während die anderen Gäste des Cafes ihre Blicke mieden, Tee aus angestoßenen Keramiktassen – als sich unvermittelt der Vorhang teilte und eine Frau hereinkam.
    Eine alte, sehr alte Frau. Die Haare hatten die Farbe und Struktur von Löwenzahnflaum, die Haut war so blass, dass sie in Gefahr schien, zu zerreißen. Die Augen waren ungewöhnlich groß und blau, eingelassen in die harten Konturen des Gesichts. Sie kam an ihren Tisch und sagte: »Hallo, Turk.«
    »Hallo, Diane.«
    »Sie hätten nicht hierher zurückkommen sollen. Es ist ein ungünstiger Zeitpunkt.«
    »Ich weiß. Tomas wurde verhaftet, vielleicht auch entführt.«
    Die Frau zeigte keine Reaktion.
    »Und wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«
    »Nun, da ihr schon mal hier seid.« Diane nahm sich einen Stuhl. »Machen Sie mich mit Ihrer Freundin bekannt.«
    Diese Frau ist eine Vierte, dachte Lise. Vielleicht war das der Grund, warum sie diese seltsame, zerbrechliche Autorität ausstrahlte. Turk stellte sie, die Ehrenbezeichnung der Minang gebrauchend, als Ibu Diane vor. Lise nahm die spröde Hand der Frau entgegen; es war, als würde man einen kleinen, überraschend muskulösen Vogel drücken.
    »Und Sie haben eine Frage für mich, Lise?«
    »Zeig ihr das Bild«, sagte Turk.
    Nervös stöberte Lise in ihrem Rucksack, bis sie den Umschlag fand, in dem das Bild von Sulean Moi war.
    Diane öffnete den Umschlag und betrachtete lange das Foto. Dann gab sie es Lise zurück. In ihrem Blick lag etwas Trauriges.
    »Also, können wir uns unterhalten?«, fragte Turk.
    »Ich glaube, das müssen wir. Aber

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