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Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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was er ihr erzählt hatte, wohl reagieren würde. Nicht unbedingt der Lebenslauf, den sie sich vorgestellt hatte. Mehr als ausreichend womöglich, um sie zurück zu ihrer Familie nach Kalifornien zu treiben.
    Er machte sich auf die Suche nach Diane, um seine Hilfe anzubieten, falls Hilfe vonnöten war: Jeder schien irgendetwas durch die Gegend zu tragen, die Vierten waren offenbar drauf und dran, diese Einrichtung zu verlassen. Doch nachdem er sie im Gemeinschaftsraum aufgestöbert hatte, teilte Diane ihm mit, dass alle Aufgaben verteilt seien und von den Vierten akribisch erledigt würden. Also frühstückte er erst einmal und entschied dann, dass es an der Zeit war, Lise zu wecken.
    Auf dem Weg zu ihr traf er auf den Jungen, der aus einer Tür in den Gang spähte. Er musste dieser Halbhypothetische sein, wegen dem Diane sich so aufregte. Turk hatte sich irgendein groteskes Hybridwesen ausgemalt, doch nun stand ein normaler Zwölfjähriger vor ihm, das Gesicht gerötet, die Augen weit aufgerissen.
    »Hallo«, sagte Turk vorsichtig.
    »Du bist neu«, erwiderte der Junge.
    »Ja, ich bin gestern Abend angekommen. Ich heiße Turk.«
    »Ich habe euch vom Garten aus gesehen. Dich und die anderen beiden. Ich bin Isaac.«
    »Hi, Isaac. Scheint so, als wären heute Morgen alle Leute hier ziemlich beschäftigt.«
    »Ich nicht. Mir haben sie nichts zu tun gegeben.«
    »Mir auch nicht.«
    »Sie werden die Bioreaktoren sprengen.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Weil…« Plötzlich verkrampfte sich der Junge. Seine Augen wurden immer größer, bis Turk die kleinen Goldflecken rund um die Iris sehen konnte.
    »Hey, geht’s dir nicht gut?«
    Ein Flüstern: »Weil ich mich erinnere.«
    Der Junge kippte zur Seite. Turk fing ihn auf und rief nach Hilfe.
    »Weil ich mich erinnere.«
    »Woran erinnerst du dich, Isaac?«
    »An zu viel.«

 
18
     
     
    Im Morgengrauen saß Brian Gately in einem von Port Magellans größten Flughafen aus startenden Transportflugzeug, angeschnallt auf einer Bank, neben sich Weil auf der einen und Sigmund auf der anderen Seite. Außerdem flog eine Gruppe bewaffneter Männer mit, keine Soldaten im offiziellen Sinne – sie trugen keine Abzeichen auf ihren kugelsicheren Westen. Die Innenausstattung des Flugzeugs war entfernt worden, sodass es dort ungefähr so gemütlich war wie in einer Industrielagerhalle. An dem roten Schimmer, der durch die Kabinenfenster drang, konnte Brian erkennen, dass die Sonne gleich aufgehen würde.
    Weil hatte ihn in der Nacht zum Flugplatz bestellt. »Für den Fall, dass es auf Verhandlungen hinausläuft«, hatte er gesagt, »oder sonst eine Situation, in der geredet werden muss – einem Verhör zum Beispiel –, hätten wir Sie gerne als denjenigen dabei, der mit Lise Adams interagiert. Wir glauben, dass Sie sich dafür besser eignen als jemand, den sie nicht kennt.«
    Er konnte sich schwerlich weigern. Er wollte nicht, dass sie von einem MfGS-Funktionär oder gar von einem dieser Söldner verhört wurde. Sie war aus den falschen Gründen am falschen Ort, doch das machte sie noch nicht zur Verbrecherin, und mit ein wenig Glück konnte Brian sie vielleicht vor einer Gefängnisstrafe bewahren. Oder Schlimmerem. Der Gedanke an das Foto von Tomas Ginn pochte in seinem Kopf wie ein Aneurysma.
    »Ich helfe, soweit ich kann.«
    »Danke. Wir wissen das zu schätzen. Uns ist klar, dass das nicht das ist, wofür Sie eigentlich angetreten sind.«
    Nicht das, wofür er eigentlich angetreten ist… Das wurde langsam zum Witz. Er hatte bei der Genomischen Sicherheit angefangen, weil er ein Talent für die Verwaltung besaß und weil ihm ein Cousin seines Vaters, ein MfGS-Dienststellenleiter in Kansas City, einige Türen geöffnet hatte. Und weil er an die Arbeit des Ministeriums geglaubt hatte, an das Ziel, das biologische Erbe der Menschheit gegen Schwarzmarktklonen, unerlaubte Modifikationen und vom Mars importierte Biotechnologie zu verteidigen. Die meisten Länder besaßen ähnliche Behörden, den Richtlinien folgend, die von den Vereinten Nationen im Rahmen der Stuttgarter Vereinbarungen vorgegeben worden waren. Alles sauber und korrekt.
    Und wenn es einige bürokratische Nischen auf Ebenen des MfGS gab, die unter Geheimhaltung standen, Bereiche, in denen politisch kaum vermittelbare Aktionen gegen die Feinde der genetischen Kontinuität des Menschen geplant und durchgeführt wurden – konnte ihn das wirklich überraschen? Diejenigen, die es wissen mussten, wussten es. Brian hatte nie zu

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