Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ihnen gehört. Nichtwissen war sein bevorzugter Bewusstseinszustand, zumindest so weit es das Executive Action Committee betraf. Nicht alles konnte vor den Augen der Öffentlichkeit erledigt werden, darüber war er sich im Klaren.
    Aber es gefiel ihm nicht. Es lag in seiner Natur, geschriebenen Regeln den Vorzug vor der Anarchie zu geben. Was jenseits dieser Regeln lag, war brutal und blutig. Was jenseits lag, das waren Sigmund und Weil, ihr erstarrtes Lächeln und ihre bewaffneten Kader. Was jenseits lag, das war die zerschundene Leiche von Tomas Ginn.
    Schlingernd stieg das Flugzeug auf, um das Küstengebirge zu überqueren, das das Binnenland zur Wüste machte. »In einer Stunde werden wir da sein«, sagte Weil.
    Brian war schon einmal in Kubelick’s Grave gewesen, im Zuge einer Orientierungsreise, die er gleich nach seiner Ankunft in Port Magellan unternommen hatte. Es war ein aus getrockneten Luftziegeln zusammengehauenes Provinznest, das dem Überlandverkehr von den Ölfeldern der Rub al-Khali zur Küste und zurück Gelegenheit zum Auftanken gab. Weil zufolge lebte nordöstlich von Kubelick’s Grave eine Gemeinschaft von fundamentalistischen Vierten, und Luftbilder, die in den vergangenen Stunden aufgenommen worden waren, zeigten Turk Findleys kleines Flugzeug in unmittelbarer Nähe.
    Also würde diese Einrichtung eingenommen und gesichert werden, und die Frage war, ob das gewaltsam vonstatten gehen würde. Sie hatten zwar eine große Anzahl von Waffen dabei, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, doch eigentlich standen Vierte jeglicher Gewalt fern, von derselben Technik besänftigt, die ihnen auch Langlebigkeit verlieh. Bestimmt würde kein Blutvergießen notwendig sein. Und falls doch, so würde es nicht Lise betreffen. Dafür wollte Brian sorgen. In seinen Vorsätzen zumindest war er ein mutiger Mensch.
     
    Es ging alles sehr schnell.
    Der Flugplatz von Kubelick’s Grave war gerade groß genug, dass das Transportflugzeug landen konnte. Sobald es am Ende der rissigen Betonpiste zum Stehen gekommen war, öffnete sich die hintere Ladeluke und die bewaffneten Männer strömten hinaus. Ein halbes Dutzend leicht gepanzerter Fahrzeuge wartete im kupfernen Morgenlicht. Brian setzte sich mit Sigmund und Weil in einen dieser verdecklosen Wagen, die von den Einheimischen als »Rooster« bezeichnet wurden, weil sie durch die Landschaft holperten wie ein Hahn, der nicht vom Boden hochkommt. Sie fuhren ganz am Ende des Konvois, Weil am Steuer. Es war keine sehr bequeme Fahrt, Sonne und Hitze machten ihnen bereits jetzt zu schaffen. Von Kubelick’s Grave war nicht mehr zu sehen als eine Tankstelle mit angeschlossener Kfz-Werkstatt, auf deren Gelände rostige Autoteile verstreut waren, darunter das Getriebe eines alten Lastwagens, das auf dem Kies lag wie das Gerippe eines Urzeitwesens. Kurz darauf hatten sie die Hauptstraße verlassen und fuhren über eine holperige Piste, die parallel zu den Bergen verlief.
    Eine Stunde verging, deren Ereignislosigkeit nur durch Sigmunds heisere Stimme unterbrochen wurde, der über das Funkgerät zu kommunizieren versuchte. Das Gespräch bestand, soweit Brian es mithören konnte, fast ausschließlich aus Codewörtern und unverständlichen Anweisungen. Schließlich setzte der Konvoi über einen kleinen Bach, und dann lag das Gelände der Vierten genau vor ihnen. Während die übrigen Fahrzeuge weiter darauf zuhielten, stoppte Weil und stellte den Motor ab. In der relativen Stille begannen Brian die Ohren zu klingen.
    Sigmund krächzte wieder in sein Funkgerät, irgendetwas von »zu spät« und einem »Befehl zum Abbruch«.
    »Sie haben das Gelände verlassen«, sagte Weil zu Brian. »Frische Reifenspuren. Müssen gut zwei Dutzend Fahrzeuge gewesen sein.«
    »Und nun?«
    »Zuerst müssen wir entschärfen, was sie an Bomben zurückgelassen haben. In solchen Fällen…« Weil wurde von einem jähen Aufleuchten unterbrochen.
    Brian sah zum Gelände der Vierten. Eben noch war es eine Gruppe von Häusern mit einem Hof in der Mitte gewesen. Jetzt war es eine sich ausdehnende Wolke aus Staub und Rauch.
    Dann erreichte sie die Erschütterung mit einer Wucht, dass sich die Lungen aufzublähen schienen. Brian schloss die Augen. Eine zweite Schockwelle, wie der Schlag eines heißen Flügels, ging über ihn hinweg.
    Als er die Augen wieder öffnete, waren die Häuser verschwunden. Er sagte sich, dass Lise sich nicht darin befunden hatte. Niemand hatte sich darin befunden.
    Er wandte sich

Weitere Kostenlose Bücher