Axis
Weil zu. »Was wollten Sie gerade sagen?« Der MfGS-Agent sah ihn mit blassem Gesicht an. »Sie legen Sprengstoff, um die technischen Geräte zu zerstören und uns daran zu hindern, Proben zu entnehmen. Scheiße! Wir sind zu spät gekommen.«
»Lise…«
»Wir müssen davon ausgehen, dass sie mit den anderen mitgegangen ist.«
»Wohin?«
»Die Reifenspuren deuten darauf hin, dass sie in unterschiedliche Richtungen gefahren sind. Mit ein bisschen mehr Vorlaufzeit hätten wir Drohnen in der Luft gehabt zur Überwachung. Aber die Zeit hatten wir nicht, und außerdem sind sämtliche Drohnen nach Westen geschafft worden, um die Scheißölfelder auf Erdbebenschäden zu untersuchen.«
Ein Wagen der Einsatztruppe nach dem anderen kam nun zu ihnen zurück. Sigmund knurrte etwas in sein Funkgerät, dann schaltete er es aus und sagte zu Weil: »Das Flugzeug ist weg.«
Turk Findleys Flugzeug vermutlich. Weg. Entkommen. Sollte Brian sich darüber freuen?
»Das Flugzeug immerhin können wir verfolgen«, sagte Weil.
Und damit auch Lise.
Sie verbrachten die Nacht in einem Motel mit Ziegeldach, wo sich Brian ein Zimmer mit Sigmund und Weil teilte. Zwei Betten, eine Liege – Brian bekam die Liege.
Den ganzen Abend konnte er Sigmund beim Telefonieren zuhören; der Name Executive Action Committee fiel dabei mehrmals. In der Nacht – er fand keinen Schlaf, und trotz der lärmenden alten Elektroheizung fror er – fragte er sich, ob sie von Lises Anruf wussten.
Wurden seine Telefonate überwacht? Die Nummer im Display war ihm unbekannt gewesen, vermutlich hatte Lise ein Wegwerftelefon benutzt, also konnten sie den Anruf auch nicht zurückverfolgt haben. An dem Gespräch selbst war eigentlich nichts Belastendes gewesen – außer der Tatsache, dass Brian es versäumt hatte, seine Kollegen davon in Kenntnis zu setzen. Woraus man den Schluss ziehen konnte, dass er sich in einem Loyalitätskonflikt befand. Dass er womöglich kein hundertprozentig vertrauenswürdiger MfGS-Mann war.
Er wollte wütend auf Lise sein. Warum musste sie nur diesen ganzen Scheißschlamassel anrichten? Warum musste sie unbedingt das Verschwinden ihres Vaters aufklären? Wollte sie aus ihrer Familiengeschichte einen verdammten Bestseller machen?
Er wollte wütend auf sie sein, und als das nicht gelang, war er wütend auf sich selbst.
Kurz vor Sonnenaufgang trafen die ersten Berichte über Festnahmen von flüchtigen Vierten ein. Sigmund brüllte einmal mehr in sein Telefon, während Brian sich eilig anzog.
»Mindestens die Hälfte der Leute ist noch auf freiem Fuß«, sagte Weil. »Unsere Männer haben drei Fahrzeuge mit insgesamt fünfzehn Personen abgefangen. Keiner davon interessiert uns wirklich. Aber die gute Nachricht…«
Brian hielt den Atem an.
»Die gute Nachricht ist, dass ein Flugzeug, zugelassen auf Turk Findley, auf einem kleinen Versorgungsflugplatz einige hundert Kilometer westlich von hier versucht hat aufzutanken. Mr. Findleys früherer Arbeitgeber hat die Maschine gemeldet – und der hiesige Flughafenmanager hat sie wiedererkannt. Die Provisorische Regierung war so freundlich, die Angelegenheit an uns weiterzuleiten. Unsere Leute sind hingefahren und haben den Piloten mitsamt Passagieren in Gewahrsam genommen. Ein Mann, drei Frauen. Sie weigern sich, ihre Namen zu nennen.«
»Ist Lise dabei?«
»Möglich. Das ist noch nicht bestätigt. Es könnten auch noch andere Zielpersonen darunter sein.«
»Sie ist keine Zielperson. Ich würde sie nicht als Zielperson bezeichnen.«
»Indem sie geflohen ist, hat sie sich zur Zielperson gemacht.«
Es war sinnlos, mit Weil darüber zu streiten. »Wie auch immer, kann ich sie sehen?«
»Wenn wir uns beeilen, sind wir bis Mittag da.«
Während Kubelick’s Grave langsam hinter ihnen verschwand, fragte Brian, wer Kubelick eigentlich gewesen war und warum man ihn hier draußen im Ödland begraben hatte, aber niemand im Auto hatte eine Antwort darauf. Dann geriet die Gruppe von Gebäuden außer Sicht und sie fuhren auf den rasiermesserflachen westlichen Horizont zu. Die Straße vor ihnen flirrte in der morgendlichen Hitze, als wäre sie lediglich ein Trugbild.
Die eine Hand am Steuer, drückte Sigmund mit der anderen immer wieder auf seinem Telefon herum. Er bekam keine Verbindung. Auch die Kommunikation zwischen den hintereinander herfahrenden Wagen des Konvois – ihr Auto plus drei Laster mit Soldaten – brach zwischendurch immer wieder ab. »Ein halbes Dutzend Aerostate
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