Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hier weg.«

 
20
     
     
    Als Isaac erwachte, sah er, wie die Wolken über die Pässe zogen, dem Auto hinterher, Wolken, die mit leuchtenden Teilchen gesprenkelt waren, Wolken wie die vom 34. August. Doch der Schmerz ließ all das in den Hintergrund treten.
    Eigentlich war es gar kein Schmerz, was er fühlte, aber etwas sehr Ähnliches, eine Sensibilität, die ihm Licht und Geräusche unerträglich machte – ganz so, als würde sich die blanke Klinge der Welt in seinen Schädel bohren.
    Isaac wusste über sich Bescheid. Er wusste, dass er geschaffen worden war, um mit den Hypothetischen zu kommunizieren. Und er wusste, dass er für die Erwachsenen eine Enttäuschung war. Er wusste auch noch andere Dinge. Zum Beispiel, dass der Weltraum nicht leer war: Er war von Geisterpartikeln erfüllt, deren Existenz zu kurz war, als dass sie mit der Welt der greifbaren Dinge interagieren konnten. Die Hypothetischen jedoch machen sich diese flüchtigen Teilchen nutzbar, um Information zu senden und zu empfangen. Die marsianische Biotechnik hatte Isaacs Nervensystem auf diese Signale eingestellt. Leider fügten sie sich nie zu etwas zusammen, das der Linearität von Worten entsprochen hätte. Meistens war es nicht mehr als ein Gefühl von Dringlichkeit, und manchmal – jetzt zum Beispiel – war es so etwas wie Schmerz. Und der Schmerz stand im Zusammenhang mit der sich nähernden Wolke aus Asche und Staub: Die verborgene Welt war in Aufruhr, und Isaacs Geist und Körper vibrierten mit ihr.
    Er hatte bemerkt, wie er auf den Rücksitz des Wagens gehoben wurde, hatte die Stimmen seiner alten und neuen Freunde gehört. Sie sorgten sich um ihn. Sie sorgten sich um sich selbst. Er hatte gehört, wie Dr. Dvali sie alle zum Auto rief, wie die Türen zuschlugen und der Motor aufheulte. Und jetzt war er froh, dass es nicht Dr. Dvali war, der seinen Kopf hielt und ihm zuredete, sondern Mrs. Rebka, denn in letzter Zeit hatte er eine Abneigung gegen Dr. Dvali gefasst, ja, fast konnte man von Hass sprechen, doch er hatte keine Ahnung, warum.
     
    Anna Rebka war keine Ärztin, aber sie hatte sich, wie die anderen Vierten auch, gewisse medizinische Grundkenntnisse angeeignet. Lise beobachtete, wie sie eine Spritze mit Beruhigungsmittel in den Arm des Jungen piekste. Kurz darauf begann Isaac tiefer zu atmen, seine Schreie ließen nach, wurden zu Seufzern.
    Sie fuhren. Die Scheinwerfer des Jeeps schnitten Lichtsäulen in den fallenden Staub. Turk hatte das Steuer übernommen, er wollte aus dem Vorgebirge herauskommen, bevor die Straßen unpassierbar wurden. Auf Lises Frage, ob sie Isaac nicht in ein Krankenhaus bringen sollten, hatte Anna Rebka den Kopf geschüttelt und erwidert: »Es gibt nichts, was ein Krankenhaus für ihn tun könnte. Nichts, was wir nicht auch können.«
    Diane Dupree beobachtete den Jungen mit sichtlicher Sorge. Auch Sulean Moi beobachtete ihn, doch ihr Gesichtsausdruck war weniger leicht zu lesen – eine Mischung aus Resignation und Angst, so schien es Lise.
    Doch es war Anna Rebka, die Isaac erlaubte, seinen Kopf auf ihre Schulter zu legen, die ihn mit Worten und dem Druck ihrer Hand beruhigte, wenn ihn das Holpern des Autos aufschreckte. Sie strich ihm über die Haare und betupfte seine Stirn mit einem feuchten Tuch. Es dauerte nicht lange, da schlief er wieder ein.
    Seit sie auf die Vierten getroffen waren, wollte Lise eine Frage stellen, und da gerade niemand sonst etwas zu sagen hatte – und weil ihr das Geräusch der den Staub wegschiebenden Scheibenwischer zunehmend auf die Nerven ging –, holte sie tief Luft und fragte: »Lebt Isaacs Mutter noch?«
    »Ja«, erwiderte Anna Rebka.
    Lise sah sie an. »Sind Sie seine Mutter?«
    »Ja.«
     
    Was siehst du, Isaac?
    Als er aus dem Schlaf erwachte, den man ihm injiziert hatte, dachte Isaac über diese Frage nach.
    Mrs. Rebka hatte sie gestellt, und er wollte eine Antwort formulieren, bevor der Schmerz zurückkehrte und ihm die Worte raubte. Doch die Frage war schwer zu beantworten, weil es ihm kaum gelang, überhaupt etwas zu sehen. Er nahm das Auto wahr, die Leute darin, die Asche, die jenseits der Fenster vom Himmel fiel – doch all das erschien ihm völlig unwirklich. War es schon Tag? Dann hielt das Auto an, und bevor er Mrs. Rebkas Frage beantwortete, stellte er selber eine: »Wo sind wir?«
    Von vorn sagte der Mann, der Turk Findley hieß: »Eine kleine Stadt namens Bustee. Könnte sein, dass wir hier für eine Weile bleiben.«
    Durch den Staubnebel konnte

Weitere Kostenlose Bücher