Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
etwas auf die Blume zuzubewegen. Etwas – mehrere Dinge – unter dem Staub. Krebsartige Gebilde, die nach der Blume griffen.
    Und sie fraßen.
    An ihrem Stängel nagten, bis sie umkippte; sich auf sie stürzten wie Piranhas auf einen Tierkadaver; und als die Fressorgie vorbei war, wieder verschwanden oder inaktiv wurden.
    Es blieb nichts zurück.
    »Das«, sagte Dvali, »ist der Grund, warum wir zögern, das Motel zu verlassen.«

 
21
     
     
    Turk verbrachte den Rest des Vormittags am Fenster, um die Vielfalt der dem Staub entspringenden Lebensformen zu studieren. Kenne deinen Feind, erklärte er. Lise stand die meiste Zeit neben ihm und stellte Fragen zu den Dingen, die er gesehen hatte, bevor sie aufgewacht war. Dvali hatte das kleine Radio eingeschaltet und hörte die sporadischen Berichte aus Port Magellan ab, eine durchaus sinnvolle Beschäftigung, wie Turk fand. Sonst taten die Vierten nichts, außer zu reden. Das war eine ihrer großen Schwachstellen, dachte Turk. Sie mochten äußerst klug, ja weise sein, aber sie waren auch unverbesserliche Schwätzer.
    Gerade setzten sie Sulean Moi zu, die mehr über den Ascheregen zu wissen schien als sie willens war, mitzuteilen. Anna Rebka war besonders hartnäckig. »Ihre Tabus haben hier keine Relevanz«, sagte sie. »Wir brauchen alle Informationen, die wir bekommen können. Das schulden Sie uns – zumindest dem Jungen.«
    So gemäßigt das klang, war es gemessen an Vierten-Maßstäben schon beinahe eine Schlägerei.
    Die Marsianerin, die eine riesige Jeans trug, in der sie beinahe wie ein Bohrturmarbeiter aussah, saß auf dem Boden, die Arme um die Knie geschlungen. »Wenn Sie eine Frage haben«, seufzte sie, »stellen Sie sie.«
    »Sie sagten, der Ascheregen auf dem Mars habe sonderbare Formen von…«
    »Leben hervorgerufen. Nennen Sie die Dinge ruhig beim Namen, Mrs. Rebka.«
    »Leben wie das, das wir dort draußen sehen?«
    »Ich erkenne weder die Blumen noch die Wesen, die sie auffressen. Insofern ist keine Ähnlichkeit vorhanden. Doch das ist wenig überraschend. Ein Wald in Ekuador sieht anders aus als ein Wald in Finnland. Dennoch sind beides Wälder.«
    »Aber was für einen Zweck hat das?«
    »Ich habe mich seit meiner Kindheit mit den Hypothetischen beschäftigt, mir Unmengen von gelehrten Spekulationen angehört und habe immer noch keine Ahnung, was der Zweck des Ganzen sein soll. Die marsianischen Ascheregen treten sporadisch auf, das Leben, das sie hervorbringen, ist vegetativ und instabil. Welche Schlussfolgerungen kann man daraus ziehen?« Sulean runzelte die Stirn. »Die Hypothetischen – was immer sie sonst sein mögen – sind keine einzelnen Wesenheiten, sondern eine Verbindung von Prozessen. Mit anderen Worten, sie sind eine Ökologie. Die Staubmanifestationen spielen entweder eine explizite Rolle in einem dieser Prozesse oder sind eine nicht intendierte Folge. Ich glaube nicht, dass sie irgendeine Art höheres Bewusstsein repräsentieren.«
    »Aber wenn Ihr Volk genug Einblick hatte, um die Technik der Hypothetischen in Menschen installieren zu können…«
    »Sie besitzen diese Fähigkeit auch.« Sulean sah in Isaacs Richtung.
    »Weil Wun Ngo Wen sie uns mitgebracht hat.«
    »Unsere Arbeit auf dem Mars war stets rein pragmatisch ausgerichtet. Wir haben aus dem Ascheregen Proben gezüchtet und ihre Fähigkeit beobachtet, auf zellulärer Ebene mit menschlichen Proteinen zu interagieren. Das schuf die Grundlage für die Manipulation der menschlichen Biologie.«
    »Aber Sie haben selber zugegeben, dass es die Technologie der Hypothetischen war, mit der Sie gearbeitet haben.«
    »Technologie oder Biologie – ich bin mir in diesem Fall nicht sicher, ob das eine sinnvolle Unterscheidung ist. Ja, wir haben fremdartiges Leben – oder Technologie, wenn Sie diesen Begriff bevorzugen – gezüchtet. Und wir waren in der Lage, bestimmte Anlagen für bestimmte Merkmale zu selektieren und zu manipulieren. Im Laufe der Jahrhunderte haben wir so die Technik erzeugt, die das menschliche Leben verlängert. Und auch andere. Eine der radikalsten haben Sie Isaac angedeihen lassen, während er sich noch im Mutterschoß befand. In Ihrem Schoß.«
    Anna Rebka wurde rot.
    Turk bestritt nicht, dass es bei dieser Diskussion um wichtige Dinge ging, aber das alles schien ihm doch etwas lächerlich in einem Moment, da sich in ihrer unmittelbaren Nähe Probleme auftaten. Gleich vor der Tür, genauer gesagt. War es sicher, nach draußen zu gehen? Das war die Frage,

Weitere Kostenlose Bücher