Ayesha - Sie kehrt zurück
Kopf nicht mehr kahl, sondern mit goldblondem Haar bewachsen ist. Er liegt auf dem Rücken im Sand der Höhle, seine gebrochenen Augen starren zur Decke empor, und sein Körper ist blutüberströmt. Neben dem toten Priester stehen zwei Frauen. Die eine hält einen Speer in ihrer Hand und ist nackt, bis auf das Haar, das ihren Körper fast bis zu den Knöcheln umhüllt. Und sie ist schön, von einer unglaublichen, überirdischen Schönheit. Die andere, die in einen dunklen Umhang gehüllt ist, ringt die Hände und richtet ihren Blick nach oben, als ob sie den Fluch des Himmels auf das Haupt ihrer Rivalin herabbeschwören wollte. Und diese beiden Frauen sind die, der die schattenhafte Gestalt im Traum etwas zuflüsterte, und die königliche Ägypterin, die ihren Liebhaber unter dem Pylonentor geküßt hatte.
Langsam verblaßten die Gestalten; es war, als ob das Feuer sie verschlingen würde, denn sie wurden erst vage und matt, wie Asche, und verschwanden dann vollständig. Die Hesea, die während der ganzen Zeit vorgebeugt gesessen hatte, lehnte sich jetzt wieder zurück, als ob ihre eigene Magie sie überanstrengt hätte.
Eine Weile huschten Bildfragmente und unzusammenhängende Silhouetten über den riesigen Flammenspiegel, wie sie von einer Intelligenz reflektiert werden mochten, in der sich die Erinnerungen von zweitausend Jahren zusammendrängen, und die zu erschöpft war, um sie auseinanderzuhalten und zu deuten.
Bizarre Szenen: Menschenmassen, riesige Höhlen, und in den Höhlen Gesichter – darunter auch das meine –, die verzerrt und enorm vergrößert zu uns herüberstarren, um eine Sekunde später zu winzigen Punkten zusammenzuschrumpfen und zu verschwinden. Phantasieformen, göttliche Gestalten, Monstrositäten. Marschierende Armeen, unendlich weite Schlachtfelder. Leichen, die in ihrem Blut liegen. Und über allen schwebend die Geister der Erschlagenen.
Doch auch diese Bilder verblaßten wie alle anderen, und die Feuerwand war wieder leer.
Da begann die Hesea zu sprechen, und ihre Stimme klang zu Beginn sehr schwach und dünn, wurde jedoch allmählich kräftiger.
»Ist deine Frage nun beantwortet, Atene?«
»Ich habe seltsame Bilder gesehen, Mutter, gewaltige Schilderungen deiner Magie, aber wie soll ich wissen, ob sie nicht nur Ausgeburten deines eigenen Gehirns sind, die du auf jenes Feuer geworfen hast, um uns irrezuführen und dich über uns lustig zu machen?«
»Dann hör auf die Deutung dieser Bilder«, sagte die Hesea mit müder Stimme, »und hör auf, mich mit deinen Zweifeln zu belästigen. Vor sehr langer Zeit, aber kurz bevor ich dieses, mein letztes langes Leben begann, hatte Isis, die große Göttin Ägyptens, ihr Heim in Behbit, in der Nähe des Nils. Es ist heute eine Ruine, und Isis hat Ägypten verlassen, doch noch immer regiert sie unter der Macht, die sie geschaffen hat, die Welt, denn sie ist die Natur selbst.
Der Oberste Priester jenes Schreins war ein Grieche, Kallikrates, der von der Göttin selbst für diesen Dienst ausgewählt worden war und ihr ewige Treue geschworen hatte mit einem Eid, dessen Bruch eine genauso ewig währende Strafe nach sich ziehen würde.
In den Flammen hast du jenen Priester gesehen, und er steht auch, wiedergeboren, an deiner Seite, um sein Schicksal und das unsere zu erfüllen.
Zu jener Zeit lebte auch eine Tochter aus dem Hause des Pharaos, eine Amenartas, die sich diesem Kallikrates in Liebe zuneigte und ihn in ihren Bann zog – denn damals wie heute war sie in der Kunst der Hexerei bewandert – und ihn dazu brachte, seinen Eid zu brechen und mit ihr zu fliehen, wie du es in den Flammen gesehen hast. Du, Atene, warst diese Amenartas.
Schließlich lebte damals auch eine Araberin namens Ayesha, eine weise und schöne Frau, die, aus der Leere ihres Herzens und der Last zu vielen Wissens, Zuflucht im Dienst der universellen Mutter suchte, in der Hoffnung, dort die wahre Weisheit zu finden, die sich ihr immer wieder entzog. Jene Ayesha wurde, wie du es auch gesehen hast, von der Göttin in ihren Träumen aufgefordert, den beiden Verrätern zu folgen und die Rache des Himmels an ihnen zu vollstrecken; und die Göttin versprach ihr als Belohnung den Sieg über den Tod und eine Schönheit, wie es sie noch nie bei einer irdischen Frau gegeben hatte.
Sie folgte den beiden; wohin sie sich auch wenden mochten, sie blieb ihnen auf den Spuren. Geführt von einem Weisen namens Noot, der von Anbeginn bestimmt war, in ihren Diensten zu stehen – für
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