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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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sollte sie mir dankbar sein, daß ich ihr einen so königlichen Gefährten schickte, um ihr in ihrer dunkelsten Stunde Gesellschaft zu leisten.«
    »Und doch ist es schrecklich«, sagte Leo, »die Vorstellung, daß du über und über mit Blut besudelt bist ...«
    »Rieche ich danach?« fragte sie mit einem harten Lächeln. »Mag ihr Blut dazu dienen, die Flecken deines Blutes von diesen Händen zu waschen, die dich einst in ihrer Grausamkeit mordeten.«
    »Wer bin ich, daß ich dir Vorwürfe machen darf?« sagte Leo wie im Selbstgespräch. »Ich, der erst gestern zwei Menschen erschlug, um mein eigenes Leben zu retten.«
    »Sprich nicht von diesem feigen Verrat!« sagte Ayesha in eiskalter Wut. »Ich habe den Ort des Überfalls gesehen, und, Holly weiß, daß ich geschworen habe, für jeden Tropfen deines teuren Blutes hundert Menschen zu töten und ich, die ich niemals lüge, habe diesen Eid gehalten. Sieh diesen Mann an, den mein Wille in ein regloses Standbild verwandelt hat, tot und doch lebend, und sag mir noch einmal, was er tun wollte, als wir hereinkamen.«
    »Er wollte sich an mir für den Tod seiner Königin und den Untergang ihrer Armeen rächen«, antwortete Leo, »und, Ayesha, woher willst du wissen, daß eine Macht, die größer ist als die deine, es nicht doch noch fordern wird?«
    Während er das sagte, huschte ein bleicher Schatten über sein Gesicht, wie ein Schatten der Schwingen des Todes, und in den trüben Augen des Schamanen funkelte ein steinernes Lächeln.
    Einen Augenblick lang schien Ayesha vom Entsetzen gepackt. Doch es war sofort wieder vorbei.
    »Nein«, sagte sie. »Ich befehle, daß es nicht sein soll, und außer einem, der jetzt nicht zuhört, welche Macht sollte es auf der ganzen Erde geben, die es wagt, sich mir in den Weg zu stellen?«
    So sprach sie, und aus ihren Worten klang ein maßloser Stolz, und an der grauen Steinwand des Saals sah ich eine Vision.
    Ich sah einen unendlichen Raum, in dem eine Vielzahl von Sonnen schienen, und in der Tiefe des Raums über diesen Sonnen ein Gesicht von einer so unbeschreiblichen Ruhe, daß bei seinem Anblick mein Geist sich in Nichts aufzulösen schien. Ja, und ich wußte, daß dies das Schicksal war, das über allen Welten thronte. Die Lippen bewegten sich, und gehorsam glitten Sonnen und Planeten auf ihren vorgeschriebenen Bahnen. Die Lippen bewegten sich wieder, und die rollenden Wagen des Himmels blieben stehen und wechselten ihren Kurs, tauchten auf, oder gingen unter. Und ich wußte auch, daß das Wesen an meiner Seite, Frau oder Geist, ihre Leidenschaft und ihre Kraft gegen diese ruhige Majestät zu setzen gewagt hatte. Mein Herz krampfte sich zusammen. Ich hatte Angst.
    Die schreckliche Vision erlosch, und als mein Kopf wieder klar war, sprach Ayesha mit heller, triumphierender Stimme.
    »Nein, nein«, sagte sie. »Die Vergangenheit ist die Nacht des Schreckens; der Tag des Sieges dämmert herauf! Sieh!« Und sie deutete auf die vom Orkan zersplitterten Fenster, auf die brennende Stadt unterhalb des Burghügels, aus der ununterbrochen lautes Wehklagen ertönte, das Wehklagen von Frauen, die ihre zu tausenden getöteten Männer betrauerten, während die Flammen wie entfesselte Dämonen durch die Ruinen ihrer Häuser tobten.
    »Das, Leo, ist der Rauch des ersten Brandopfers, das ich deinem königlichen Status darbringe. Sieh es dir an und lausche seiner Musik. Vielleicht hältst du es für nicht gut genug. Warte! Ich werde dir andere darbringen. Du liebst den Krieg. Gut! Wir werden in den Krieg ziehen, und die rebellischen Städte dieser Erde sollen die Fackeln unseres Marsches sein.«
    Sie machte eine kurze Pause; ihre feinen Nasenflügel bebten, und ihr Gesicht leuchtete in der Vorahnung ungeahnter Größe. Dann sprang sie auf und eilte, wie eine Schwalbe auf die tote Atene zu, neben der eine kleine, goldene Krone lag, die sich vom Haar der Khania gelöst hatte.
    Ayesha bückte sich, hob sie auf, trat langsam auf Leo zu und hielt sie hoch über seinen Kopf. Dann ließ sie ihre Hand sinken, bis die glitzernde Krone einen Augenblick lang seinen Kopf berührte.
    »Mit diesem armseligen, irdischen Symbol«, sagte sie mit ihrer wunderbaren Stimme, die volltönend und ruhig wie ein Gesang von Triumph und Macht klang, »kröne ich dich zum König der Erde. Ja, in diesem Ring liegt die Macht über die ganze Welt. Sei du ihr Herrscher – und der meine!«
    Wieder hob sie die kleine Krone, wieder senkte sie sie auf Leos Kopf.
    »Mit diesem

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