Ayesha - Sie kehrt zurück
fugenlosen Ring, dem Zeichen der Ewigkeit«, sagte sie in einem fast beschwörenden Ton, »gelobe ich die Gnade endloser Tage. Lebe, solange die Welt lebt, und sei ihr Herr, und der meine.«
Ein drittes Mal senkte sich die Krone auf sein Haupt.
»Mit diesem Ring aus Gold verleihe ich dir goldene Weisheit, welche der Talisman ist, dem sich alle geheimen Pfade der Natur öffnen, damit deine Füße sie beschreiten können. Siegreich, siegreich sollst du diese Pfade an meiner Seite gehen, bis die Göttin uns eines Tages von ihrem Platz auf dem höchsten aller Gipfel zu unserem ewigen Thron winkt, dessen Pfeiler Leben und Tod sind.«
Dann warf Ayesha die Krone fort – und sie fiel auf die Brust der toten Atene und bliebt dort liegen.
»Bist du zufrieden mit meinen Gaben, mein Herr?« rief sie.
Leo sah sie mit traurigem Blick an und schüttelte den Kopf.
»Was verlangst du denn sonst noch? Sag es, und ich schwöre, es soll dein sein.«
»Du schwörst; doch wirst du deinen Eid halten?«
»Ich schwöre es bei meinem ewigen Leben; und bei der Kraft, die mich geboren hat. Wenn es etwas ist, das ich dir geben kann, und ich es dir verweigere, dann soll ein solches Unheil auf mein Haupt fallen, daß selbst die beobachtende Seele Atenes davon befriedigt ist.«
Er hörte ihre Worte, und noch ein weiterer hörte sie, wie ich glaube; auf jeden Fall sah ich wieder das steinerne Lächeln in den Augen des Schamanen.
»Ich werde dich um nichts bitten, was du mir nicht geben kannst, Ayesha; ich bitte um dich selbst – nicht irgendwann, in einer fernen Zukunft, nachdem ich in einem mysteriösen Feuer gebadet wurde, sondern jetzt, in dieser Nacht.«
Sie wich zwei Schritte von ihm zurück, als ob seine Worte sie verstörten.
»Wahrlich«, sagte sie dann langsam, »ich bin wie jener törichte Philosoph, der durch die ganze Welt streift und die Geschicke der Nationen an den Sternen liest, und dann in eine von spielenden Kindern gegrabene Grube fällt, sich die Knochen bricht und umkommt. Nie hätte ich gedacht, daß du, wenn ich all diesen Glanz vor deinen Augen ausbreite, wenn ich deinen Füßen eine Treppe baue, die bis zum höchsten Punkt des Himmels führt, dich trotzdem an die Erde klammern würdest, die dich geboren hat, und dort nach der gewöhnlichsten aller Gaben suchst: der Liebe einer Frau.
Oh, Leo, ich dachte, daß deine Seele auf höhere Ziele ausgerichtet sei, daß du mich um größere Macht, um ein größeres Reich bitten würdest; daß ich für dich, so wie ich jene Tür zerbrach, die Gitter des Hades zerschmettern, und dich, wie die Euridike der Fabel, lebend die Stufen des Todes hinabbringen soll, oder dir einen Thron auf der entferntesten Sonne errichte, von wo aus du dem Spiel der ihr untertanen Planeten zusehen kannst.
Oder ich dachte, du würdest mich bitten, dir etwas zu sagen, was keine Frau jemals verrät: die bittere, nackte Wahrheit – alle meine Sünden und Leiden, alle Phantasien meines wankelmütigen Verstandes; selbst das, was du nicht weißt und vielleicht niemals erfahren wirst: wer ich bin, und woher ich kam, und wie ich in deinen verzauberten Augen von Häßlichkeit in Schönheit verwandelt zu werden schien, und was die Erzählung von einer erzürnten Göttin bedeutet, die nie existiert hat, außer in Träumen.
Ich dachte ... Nein, es kommt nicht darauf an, was ich dachte, es sei denn, du wärst anders, als du bist, mein Leo, und in einem so bedeutenden Augenblick nur eines wolltest: die mystischen Tore zu durchschreiten, die meine Macht dir weit öffnen kann, und den Weg zu dem verborgenen Herzen aller Dinge zu betreten. Doch deine Bitte ist nur dieselbe, die alle Welt unter dem schweigenden Mond flüstert, in Palästen und Hütten, im ewigen Schnee und in der Einsamkeit der glühenden Wüsten: ›Oh, meine Geliebte, deine Lippen, deine Lippen. Oh, sei mein, jetzt, jetzt, unter diesem Mond, unter diesem Mond!‹
Leo, ich hatte gedacht, daß deine Wünsche größer, höher seien.«
»Vielleicht, Ayesha, hättest du gering von mir gedacht, wäre ich mit deinen Sonnen und Konstellationen und Geistergaben zufrieden gewesen, mit der Macht einer Herrschaft, die ich weder wünsche noch verstehe.
Wenn ich dir gesagt hätte: Sei mein Engel, nicht meine Frau; teile das Meer, damit ich trockenen Fußes auf seinem Grund schreiten kann; durchstoße das Firmament und zeige mir, wie die Sterne geboren werden; erkläre mir den Ursprung von Sein und Tod; liefere alle Rassen und Völker dieser Welt meinem
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