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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Berg gesagt hat«, murmelte der alte Mann im Selbstgespräch. Dann fragte er: »Fremde, was sucht ihr?«
    Ich hielt es für klüger, diese Frage nicht zu beantworten, da ich befürchtete, daß er uns ins Wasser zurückstoßen würde, wenn er die Wahrheit erführe. Doch Leo hielt solche Vorsicht für unnötig, oder aber er war nicht bei klarem Verstand.
    »Wir suchen ...« – sein Griechisch, das noch nie seine Stärke gewesen war, klang schlichtweg barbarisch und war mit Worten mehrerer tibetanischer Dialekte vermischt – »wir suchen das Land des Feuerberges, der vom Symbol des Lebens gekrönt wird.«
    Der Mann starrte uns an. »Also ihr wißt ...« Er brach ab und sagte: »Und wen sucht ihr?«
    »Sie«, antwortete Leo unbeherrscht, »die Königin.« Ich glaube, er wollte sagen ›die Priesterin‹ oder ›die Göttin‹, doch ihm fiel nur das griechische Wort für Königin ein. Vielleicht war es auch, weil die Frau, die eben gegangen war, wie eine Königin ausgesehen hatte.
    »Oh!« sagte der alte Mann, »ihr sucht eine Königin. Dann seid ihr also wirklich die, deren Ankunft wir hier erwarten sollten. – Aber wie kann ich dessen sicher sein?«
    »Ist dies der richtige Moment, um Fragen zu stellen?« sagte ich scharf. »Beantworte du mir eine: wer seid ihr?«
    »Ich? – Fremde, mein Titel ist ›Wächter des Tores‹, und die Lady, die bei mir war, ist die Khania von Kaloon.«
    Leo begann das Bewußtsein zu verlieren.
    »Der Mann ist krank«, sagte der Wächter, »und nun, da du wieder zu Atem gekommen bist, braucht ihr beide ein Obdach. Komm, hilf mir!«
    Wir nahmen Leo zwischen uns und schleppten ihn von der Klippe und dem Styx-gleichen Fluß einen steilen, gewundenen Hohlweg hinauf, eine kleine Schlucht, die etwa im rechten Winkel zu der anderen verlief und wahrscheinlich zusammen mit ihr durch das gleiche Beben aufgerissen worden war. Endlich erreichten wir ihr Ende, und vor uns lag das Tor.
    Alles, was ich damals davon wahrnahm – meine Erinnerung an Einzelheiten dieser Szene und an unser Gespräch ist sehr vage und verschwommen –, war eine mächtige Felswand, durch die ein Tunnel gegraben worden war, durch den zweifellos einst die Straße verlief. Zur linken Seite des Tunnels befand sich eine in den Fels geschlagene Treppe, und wir begannen sie hinaufzusteigen. Leo war jetzt fast bewußtlos und bewegte kaum noch die Beine. Auf dem ersten Absatz der Treppe brach er zusammen und blieb reglos liegen; wir hatten nicht die Kraft, ihn aufzuheben.
    Während ich noch überlegte, was wir tun sollten, hörte ich Schritte, und als ich aufblickte, sah ich die Frau, die uns gerettet hatte, die Stufen herabkommen, gefolgt von zwei Männern mit tatarischen Gesichtszügen: schmalen Augenschlitzen, hohen Wangenknochen und einer gelblichen Hautfarbe. Ihr distanzierter, unbeteiligter Gesichtsausdruck veränderte sich auch nicht, als sie uns erblickten. Die Frau sagte ein paar Worte zu ihnen, und sie hoben Leos schweren Körper auf, anscheinend ohne die geringste Anstrengung und trugen ihn die Stufen hinauf.
    Wir folgten ihnen und gelangten in einen Raum, der oberhalb des Tors aus dem Felsen gehauen worden war. Die Frau, die Khania genannt wurde, verließ uns. Von diesem Raum aus gelangten wir in andere, von denen einer eine Küche zu sein schien und in dem ein offenes Feuer brannte, zu einem größeren, der offensichtlich ein Schlafraum war, denn er war mit hölzernen Bettgestellen, Matratzen und Decken versehen. Hier legten die beiden Tataren Leo ab, und einer von ihnen half dem alten Wächter, ihn zu entkleiden. Der alte Mann gab mir durch ein Zeichen zu verstehen, mich ebenfalls auszuziehen, und ich folgte seiner Anweisung nur zu gern, wenn auch unter großen Schwierigkeiten und Schmerzen, da mein Körper, wie sich erst jetzt herausstellte, voller Wunden und Prellungen war.
    Schließlich blies der alte Mann in eine Pfeife, und der andere Diener trat wieder herein und brachte eine Schüssel mit heißem Wasser. Leo und ich wurden damit gewaschen, und anschließend versorgte der Wächter unsere Wunden mit einer balsamischen Flüssigkeit und wickelte uns in Decken. Kurz darauf wurde eine Brühe gemacht, in die er eine Medizin mischte. Ich trank meinen Napf mit wenigen Schlucken leer. Leo mußte der heiße, belebende Trank eingeflößt werden; der alte Mann nahm Leos Kopf auf seine Knie, setzte den Rand des Napfes an seine Lippen und begann ihm die Brühe in kleine Portionen in den Mund zu gießen. Ich nahm das nur noch

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