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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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herüber. Ich registrierte jedes Detail seiner Erscheinung, obwohl ich mir dessen zu dem Zeitpunkt nicht bewußt war, während ich durch die dünne Eisschicht auf sie zuschwamm. Ich sah auch, daß die Frau, die außergewöhnlich groß war, mit ausgestrecktem Arm auf uns deutete.
    In der Nähe des Ufers, oder besser gesagt: in der Nähe der Felsen, die jetzt das Flußufer bildeten, war die Oberfläche eisfrei weil dort eine starke Strömung herrschte. Als wir das bemerkten, schwammen wir näher zueinander, um dem anderen helfen zu können, wenn es notwendig werden sollte. Und diese Notwendigkeit sollte sich bald ergeben, denn als ich den Rand der Strömung erreichte, begann mich die Kraft, die mich durch alle Anstrengungen und Gefahren gebracht hatte, zu verlassen, und ich wurde hilflos vor Schwäche; und steif und benommen durch die eisige Kälte des Wassers. Wenn Leo mich nicht bei den Kleidern gepackt hätte, wäre ich sicher von der in Ufernähe immer reißender werdenden Strömung fortgerissen und ins Verderben gestürzt worden. Mit Leos Hilfe kämpfte ich noch ein paar Minuten, bis ich ihn sagen hörte: »Du ziehst mich unter Wasser. Halte dich am Seil fest!«
    Ich packte den Streifen Yak-Fell, den er noch immer um den Leib gebunden trug, und da seine Hände dadurch frei wurden, machte Leo eine letzte Kraftanstrengung, um uns beide, die wir von unserer dicken, nassen Kleidung unter Wasser gezogen wurden, an der Oberfläche zu halten. Und er schaffte es. Trotzdem wären wir sicher ertrunken, da das Wasser in Ufernähe wie ein Mühlbach raste, wenn nicht der Mann am Ufer auf Drängen der Frau, die unsere Notlage bemerkte, mit einer für einen Mann seines Alters erstaunlichen Behendigkeit zu einem Felsvorsprung gelaufen wäre, der mehrere Meter in die Strömung ragte, die uns davontrug, sich dort hingehockt und uns seinen langen Stab entgegengestreckt hätte.
    Mit letzter, aus der Verzweiflung geborenen Kraft packte Leo den Stab, als wir vorbeigerissen wurden, und hielt ihn fest. Wir wurden herumgeschwungen, gelangten in das ruhigere Wasser im Schutz des Vorsprungs, fühlten festen Boden unter den Füßen, wurden umgerissen und über die Felsen geworfen und gezerrt. Doch wir hielten uns mit aller Kraft an dem Stab fest, den der alte Mann mit beiden Händen umklammert hielt, der seinerseits von der Frau festgehalten wurde, kamen wieder auf die Füße und taumelten zum Ufer. Der Mann legte sich flach auf den Stein und streckte uns eine Hand entgegen – denn die Gefahr war noch längst nicht vorüber –, doch wir konnten seine Hand nicht erreichen, und plötzlich glitt ihm der Stab aus der Hand, und wir wurden erneut von der Strömung gepackt.
    Jetzt bewies die Frau wahren Heldenmut. Sie sprang ins Wasser, hielt sich mit der linken Hand an dem alten Mann fest, packte mit der rechten Leos Haar und zerrte ihn zum Ufer. Er bekam festen Boden unter die Füße, schlang einen Arm um ihren Körper, um sich festzuhalten, während seine andere Hand mich über Wasser hielt. Nun folgte ein langer und ziemlich wirrer Kampf, doch am Ende lagen wir drei Leo, der alte Mann und ich, keuchend auf dem vorspringenden Felsen.
    Ich blickte auf und sah die Frau über uns gebeugt stehen. Wasser rann aus ihren Kleidern, und sie starrte wie gebannt in Leos Gesicht, über das Blut aus einer klaffenden Stirnwunde rann. Selbst in dieser Situation erkannte ich ihre außergewöhnliche, majestätische Schönheit. Jetzt schien sie aus ihrer Trance zu erwachen, warf einen raschen Blick auf ihre Kleidung, die an ihrem makellosen Körper klebte, sagte etwas zu dem alten Mann und lief fort.
    Der alte Mann hatte sich erhoben und blickte mit seinen trüben Augen auf uns herab, die wir völlig ausgepumpt zu seinen Füßen lagen. Er sagte etwas, doch wir verstanden ihn nicht. Er versuchte es in einer anderen Sprache, genauso erfolglos. Beim dritten Mal verstanden wir ihn, denn die Sprache, die er benutzte, war Griechisch. Ja, hier in Zentralasien sprach uns ein Mensch auf griechisch an – nicht sehr rein, zugegeben, aber immer griechisch!
    »Seid ihr Zauberer«, sagte er, »daß ihr dieses Land lebend erreicht habt?«
    »Nein«, antwortete ich in derselben Sprache, obwohl ich sie nur mühsam beherrschte, da ich sie seit vielen Jahren nicht mehr verwendet hatte, »denn wenn wir Zauberer wären, würden wir nicht so vor dir liegen.« Ich deutete auf unsere Wunden und unsere durchnäßte Kleidung.
    »Sie kennen die alte Sprache, es ist alles, wie es uns der

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