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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Irgendwie mußte er ihre Nähe erahnen, denn er begann im Schlaf zu murmeln, teilweise in Englisch, teilweise in Arabisch. Sie wurde in höchstem Grade interessiert und erregt, wie ihre Reaktionen zeigten. Plötzlich stand sie auf, schritt auf Zehenspitzen zu meinem Bett und blickte auf mich herab. Als ich sie kommen sah, schloß ich die Augen und tat, als ob ich fest schliefe.
    Denn ich war ebenfalls interessiert. Wer war diese Lady, die der Wächter die Khania von Kaloon genannt hatte? Konnte sie die sein, die wir suchten? Warum nicht? Und doch, ich war sicher, wenn ich Ayesha sehen sollte, würde ich sie erkennen, und es wäre kein Raum für Zweifel mehr.
    Sie trat wieder zum Bett Leos, kniete sich an seiner Seite nieder und in der intensiven Stille, die nun folgte – er war wieder ruhig geworden –, glaubte ich das Schlagen ihres Herzens zu hören. Dann begann sie zu sprechen, sehr leise, und in demselben bastardisierten Griechisch, das er benutzte, hie und da mit mongolischen Wörtern vermischt, wie sie in fast allen zentralasiatischen Dialekten verwendet werden. Ich konnte nicht alles hören oder verstehen, was sie sagte, aber einige Sätze verstand ich, und sie machten mir eine höllische Angst.
    »Mann meiner Träume«, murmelte sie, »woher kommst du? Wer bist du? Warum hat Hesea mir befohlen, dich zu erwarten?« Dann kamen einige Sätze, die ich nicht verstand. »Du schläfst. Doch im Schlaf sind deine Augen geöffnet. Antworte mir! Ich befehle dir, mir zu sagen, was es ist, das uns beide verbindet! Warum habe ich von dir geträumt? Woher kenne ich dich? Warum ...?« – und die warme, volle Stimme verebbte in der Stille, als ob sie sich schämte, das auszusprechen, was ihr auf der Zunge lag.
    Als sie sich über ihn beugte, löste sich eine Locke ihres Haares aus der juwelenbesetzten Spange und fiel in sein Gesicht. Bei der sanften Berührung schien Leo zu erwachen, denn er hob seine abgemagerte, bleiche Hand, tastete nach der Haarlocke und murmelte auf englisch: »Wo bin ich? Oh! Ich erinnere mich.« Und ihre Blicke trafen sich, während er versuchte, sich aufzurichten und kraftlos zurückfiel. »Du bist die Lady, die mich aus dem Wasser gerettet hat«, sagte er in seinem mühsamen, gebrochenen Griechisch. »Sag, bist du auch die Königin, nach der ich so lange gesucht und um die ich so viel gelitten habe?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie mit einer Stimme, die so süß war wie Honig und verhalten bebte. »Aber eine Königin bin ich – wenn man eine Khania so nennen kann.«
    »Sag mir, Königin, erinnerst du dich an mich?« fragte er.
    »Wir sind uns in unseren Träumen begegnet«, antwortete sie. »Und ich glaube, daß wir uns in einer lange zurückliegenden Vergangenheit gekannt haben. Ja, das wußte ich, als ich dich zum ersten Mal sah, unten am Fluß. Fremder mit dem wohlbekannten Gesicht, sage mir, wie du heißt!«
    »Leo Vincey.«
    Sie schüttelte den Kopf und flüsterte: »Ich kenne den Namen nicht, doch ich kenne dich.«
    »Du kennst mich? Woher kennst du mich?« fragte er erregt und schien dann erneut in Schlaf und Bewußtlosigkeit zu versinken.
    Sie blickte ihn eine Weile schweigend an. Dann beugte sie sich, wie von einer unbezwingbaren Macht angezogen, über ihn und – ja! – sie küßte ihn flüchtig auf den Mund. Dann sprang sie zurück, rot bis zu den Haarwurzeln, erschüttert und beschämt über diesen Sieg ihrer Leidenschaft.
    Und nun entdeckte sie mich.
    Verwirrt, fasziniert, erstaunt, hatte ich mich aufgerichtet, ohne mir dessen bewußt zu werden; um sie besser sehen und hören zu können, vermute ich. Es war natürlich ein Fehler; doch nicht unbezwingbare, gewöhnliche Neugier trieb mich dazu, der ich meinen Anteil an dieser Geschichte hatte. Krankheit und Faszination hatten meinen Verstand getrübt.
    Ja, sie sah, daß ich sie beobachtet hatte, und sie wurde von einer so furchtbaren Wut gepackt, daß ich glaubte, meine letzte Stunde sei gekommen.
    »Mann, du hast es gewagt ...«, sagte sie in scharfem Flüsterton und griff an den Gürtel. Ein Messer blitzte in ihrer Hand, und ich wußte, daß die Klinge mein Herz durchbohren sollte. In dieser Sekunde höchster Gefahr kehrte mein Verstand wieder zurück, und als sie auf mich zutrat, streckte ich ihr flehend eine Hand entgegen und murmelte: »Oh! Gib mir Wasser. Das Fieber brennt in mir, es brennt ...« Ich blickte um mich wie jemand, der völlig verwirrt ist und nichts klar erkennen kann. »Wasser. Ich flehe dich an, den man den

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