Ayesha - Sie kehrt zurück
Jetzt erreichte er den Lichtkreis der Lampe und brach in schallendes Lachen aus.
Es war der Khan.
Atene, seine Frau, blickte auf und sah ihn, und nie habe ich den Mut dieser leidenschaftlichen Frau mehr bewundert, der ich sonst keinerlei Bewunderung für sie hegte, außer für ihre wilde Schönheit, denn ihr Gesicht zeigte in diesem Moment weder Wut noch Angst, sondern allein Verachtung. Und doch hatte sie guten Grund zu Angst, und das wußte sie auch.
»Was willst du hier, Rassen?« herrschte sie ihn an. »Warum schleichst du dich auf nackten Füßen heran? Schere dich zurück zu deinem Gelage und zu den Damen deines Hofes!«
Er lachte nur, wie eine Hyäne.
»Was hast du gehört?« fragte sie. »Was belustigt dich so?«
»Was ich gehört habe?« kreischte Rassen durch sein entsetzliches Lachen. »Oho! Ich habe gehört, wie die Khania, der letzte Sproß der königlichen Linie, die stolze Prinzessin, die sich ihre Roben nicht von den ›Damen meines Hofes‹ beschmutzen lassen will, und meine Frau, meine Frau, die mich gebeten hatte, sie zu heiraten – hört, was ich sage, Fremde! –, weil ich ihr Cousin war und ein rivalisierender Herrscher, und der reichste im ganzen Land, und sie durch diese Ehe ihre Macht vergrößern wollte –, ich habe gehört, wie sie sich dem namenlosen Wanderer mit dem gelben Bart zu Füßen geworfen hat, und ich habe gehört, was er sagte, der sie hasse und ihr entkommen möchte« – hier kreischte er vor Lachen – »und daß er ihr Angebot mit Worten zurückwies, wie ich sie nicht einmal gegenüber den niedrigsten Frauen meines Palastes gebrauchen würde.
Ich habe auch gehört – doch das habe ich immer gewußt –, daß ich verrückt bin, denn, Fremde, ich wurde verrückt durch einen Haß-Trank, den diese dreckige alte Ratte« – er deutete auf Simbri – »mir in den Branntwein gemischt hat – ja, während meiner Hochzeitsfeier. Er hat auch gut gewirkt, denn es gibt niemanden, den ich mehr hasse als die Khania Atene. Ich kann nicht einmal ihre Nähe ertragen, und jede Berührung verursacht mir Übelkeit. Ich hasse es sogar, in einem Raum mit ihr zu sein; sie verunreinigt die Luft; sie stinkt nach Hexe!
Haßt du sie auch so, Dotterbart? Dann solltest du die alte Ratte um einen Liebestrank bitten. Er kann dir einen brauen, und wenn du ihn getrunken hast, wird sie dir lieblich und begehrenswert vorkommen. Mann, sei doch kein Narr! Der Becher, den man dir in die Hand drückt, ist doch recht verlockend. Trink daraus! Nimm einen tiefen Zug! Du wirst nicht schmecken, daß der Trank schlecht ist – bis morgen –, obwohl er mit dem vergifteten Blut eines Ehemanns gemischt ist.« Und wieder brach Rassen in sein schreckliches Gelächter aus.
Atene schwieg zu all diesen Beleidigungen, die mit dem Stachel der Wahrheit vergiftet waren. Dann wandte sie sich uns zu und verneigte sich.
»Meine Gäste«, sagte sie. »Ich muß mich für diesen Vorfall entschuldigen, den nicht ich verschuldet habe. Ihr seid in einem verkommenen, bösen Land, und dort steht seine Krone und Blüte. Khan Rassen, dein Ende ist vorbestimmt, und ich werde es nicht beschleunigen, weil wir uns einst – für kurze Zeit – sehr nahe waren, obwohl du mir all diese Jahre nicht mehr bedeutet hast als eine Schlange, die in meinem Haus umherkriecht. Wenn dem anders wäre, würde der nächste Trank deinen Irrsinn für immer kurieren. Komm, mein Onkel! Gib mir deine Hand, denn ich bin schwach vor Scham und Unglück!«
Der alte Schamane schlurfte auf sie zu. Doch als er an Khan Rassen vorbeikam, blieb er stehen und sah ihn mit seinen trüben Augen von oben bis unten an.
»Rassen«, sagte er dann, »ich war dabei, als du geboren wurdest, der Sohn einer verkommenen Frau und eines Vaters, den außer mir niemand kennt. In jener Nacht loderte die Flamme des Feuerberges auf, und die Sterne verhüllten sich, denn keiner von ihnen wollte dich haben, nicht einmal jene, die das schlimmste Unglück bringen. Ich war bei deiner Hochzeit dabei und sah, wie du dich betrunken von der Festtafel erhobst, den Arm um den Hals einer leichtfertigen Frau geschlungen. Ich habe gesehen, wie du geherrscht hast, wie das Land unter deinen grausamen Vergnügungen litt, wie du fruchtbare Felder zu Weiden für dein Wild machtest und die Menschen, die sie beackerten, vertriebst, so daß sie auf den Straßen verhungerten oder sich vor Elend in den Gräben ertränkten. Und bald, sehr bald, werde ich dich in Schmerz und Blut sterben sehen, und dann wird
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