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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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auseinanderzutreiben. Je weiter wir vorstießen, desto trockener und karstiger wurde das Land, desto dünner die Spuren von Besiedlung, bis wir schließlich gar keine Menschen mehr sahen, bis auf ein paar Hirten, die ihre Rinder auf der Suche nach Futter von einem Ort zum anderen trieben.
    Gegen Abend nahmen wir an, den Grenzbezirk erreicht zu haben, der von den Bergstämmen bedroht wurde, denn hier standen in unregelmäßigen Abständen Türme mit dicken Steinmauern, die sicher als Wachttürme oder Zuflucht dienten. Ob sie besetzt waren oder nicht, weiß ich nicht; wir konnten keinen Menschen auf ihren Zinnen entdecken. Wahrscheinlich waren diese Türme Relikte einer Ära, in der das Land Kaloon von Khans verteidigt wurde, die einen anderen Charakter besaßen als der jetzige und seine unmittelbaren Vorgänger.
    Schließlich blieben auch die Wachttürme zurück, und bei Sonnenuntergang befanden wir uns auf einer weiten, menschenleeren Ebene, auf der nicht einmal Wildtiere zu leben schienen. Jetzt beschlossen wir, unseren Pferden etwas Ruhe zu gönnen und bei Mondaufgang weiterzureiten. Aus Furcht vor der Rache der Khania wagten wir nicht, länger zu rasten, als es für uns und die Tiere unbedingt nötig war. Um diese Zeit hatte sie unsere Flucht bestimmt entdeckt, da sie bestimmt hatte, daß Leo ihr vor Sonnenuntergang die Antwort auf ihre Frage geben und seine Wahl zwischen ihrer Liebe und ihrem Haß treffen sollte. Nach der Entdeckung unserer Flucht, dessen waren wir sicher, würde sie sofort zuschlagen. Vielleicht waren ihre Boten bereits unterwegs, um die Bevölkerung zu alarmieren, und ihre Soldaten auf unserer Spur, um uns einzufangen.
    Wir nahmen den Pferden die Sättel ab und ließen sie frei damit sie sich im Sand wälzen und von den spärlichen, welken Kräutern äsen konnten, die da und dort wuchsen. Es gab kein Wasser hier, doch das war nicht schlimm, da wir und die Tiere unseren Durst an einem schlammigen Wasserloch gelöscht hatten, auf das wir vor knapp einer Stunde gestoßen waren. Wir aßen die Reste der Lebensmittel, die wir mitgenommen hatten. Nach der schlaflosen Nacht und dem anstrengenden Tagesritt waren wir auch ziemlich ausgehungert. Mein Pferd, das durch Fußfesseln am Fortlaufen gehindert wurde, wollte sich noch einmal im Sand wälzen, was durch die Fessel um seine Vorderläufe etwas erschwert wurde. Ich beobachtete es, als es sich auf den Rücken wälzte, und dann auf die andere Seite rollte und mir seine Beine entgegenstreckte.
    »Warum sind seine Hufe so rot?« fragte Leo unbeteiligt. »Hat es sich verletzt?«
    Auch ich hatte die rote Färbung bemerkt, die sich am stärksten an den Ballen zeigte, die ich nicht gesehen hatte, bevor mir das Tier seine Hufe entgegenstreckte. Also stand ich auf, um sie mir genauer anzusehen, in der Annahme, daß das rote Licht der untergehenden Sonne uns täuschte, oder daß wir vielleicht irgendwo durch roten Schlamm geritten waren. Die Ballen waren rot, als ob sie mit einer Farbe vollgesogen wären, und die Substanz, mit der sie durchtränkt waren, sonderte einen scharfen, unangenehmen Geruch ab, der an eine Mischung von Blut, Moschus und verschiedenen Gewürzen erinnerte.
    »Sehr seltsam«, sagte ich. »Wir wollen auch nach deinem Pferd sehen, Leo.«
    Wir taten es und stellten fest, daß auch seine Hufe auf diese Weise präpariert worden waren.
    »Vielleicht ist es irgendeine Tinktur, durch die das Horn gehärtet werden soll«, meinte Leo.
    Ich dachte eine Weile nach, und plötzlich wußte ich, was es war.
    »Ich glaube, wir sollten sofort weiterreiten«, sagte ich.
    »Warum?«
    »Weil ich vermute, daß der Khan unseren Pferden das Zeug an die Hufe geschmiert hat.«
    »Wozu? Um sie lahm zu machen?«
    »Nein, Leo, um eine deutliche Spur auf dem Boden zu hinterlassen.«
    Er erbleichte. »Du meinst – für die Hunde?«
    Ich nickte. Ohne unsere Zeit mit weiteren Worten zu verschwenden, sattelten wir unsere Pferde. Als ich den Gurt festzog, glaubte ich, aus der Ferne einen Laut zu vernehmen.
    »Horch!« sagte ich zu Leo. Wieder hörte ich den Laut, und diesmal gab es keine Zweifel mehr: es war das Heulen und Bellen von Hunden.
    »Mein Gott! Die Hunde des Todes«, sagte Leo.
    »Ja«, sagte ich so ruhig wie es mir möglich war. »Unser Freund, der Khan, ist auf der Jagd. Deshalb hat er so gelacht.«
    »Was sollen wir tun?« fragte Leo. »Wir müssen die Pferde zurücklassen!«
    Ich blickte zum Berg hinüber. Seine schneebedeckte Flanke war noch viele Meilen weit

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