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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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plötzlich das Feuer im Krater des Berggipfels auf. Als wir es zum ersten Mal gesehen hatten, schien das Licht in einem gebündelten Strahl durch den Ring an der Spitze des Pfeilers zu fallen und wie eine Feuerlanze über dem Land zu schweben. Doch jetzt, da wir seiner Quelle näher waren, wurden wir in einer sanften, geheimnisvollen Helligkeit gebadet, die an Meeresleuchten erinnerte und vielleicht auf eine Reflexion von den Wolken und dem Schnee des Hangs zurückzuführen war.
    Dieses unirdische Glühen, so schwach es auch war, half uns, wieder rascher vorwärts zu kommen, und ohne seine Hilfe wären wir sicher bald von den Hunden eingeholt worden, denn der Boden war hier sehr uneben und voller Löcher, die Murmeltiere gegraben hatten. So kam uns in größter Not Hilfe vom Berg, und als endlich der Mond aufging, erlosch das vulkanische Feuer so plötzlich, wie es aufgeflammt war, und nur die dunkelrot glühende Rauchwolke blieb zurück, um uns den Weg zu weisen.
    Man spricht von der Musik einer jagenden Hundemeute, doch ich habe mich oft gefragt, wie diese Musik wohl in den Ohren eines Hirsches oder eines Fuchses klingen mag, der um sein Leben rennt. Jetzt, als wir die Stelle der Beute eingenommen hatten, sollte ich die Antwort auf diese Frage finden, und ich kann mit dem Gewicht ureigenster Erfahrung versichern, daß es auf der ganzen Erde kein entsetzlicheres Geräusch gibt. Es war näher und näher gekommen, und in der Stille der Nacht schienen die höllischen Harmonien des Lärmens überwältigend, doch konnte ich nicht die einzelnen Stimmen des Orchesters unterscheiden, mit Ausnahme eines tiefen, glockengleichen Bellens.
    Ich erinnerte mich daran, daß ich dieses Bellen schon einmal gehört hatte, als wir im Boot auf die Stadt Kaloon zugeglitten waren und mit ansehen mußten, wie der arme Mann von den Hunden zerrissen wurde, weil er gewagt hatte, die Khania zu lieben. Als die Meute an uns vorbeigehetzt war, hatte ich gesehen, daß dieses Bellen von dem Leithund kam, einem riesigen Tier mit rotem Fell und einem kohlschwarzen Ohr, mit Fängen, die wie Elfenbein schimmerten, und einem Maul, das wie ein glühendes Herdloch aussah. Ich kannte sogar den Namen dieser Bestie, denn der Khan, dessen besonderer Liebling sie war, hatte besonders auf dieses Tier hingewiesen. Er nannte es ›Lord‹, weil keiner der anderen Hunde wagte, diesen gewaltigen Rüden anzugreifen und hatte mir erklärt, daß er imstande sei selbst einen bewaffneten Mann zu zerfleischen.
    Und jetzt warnte uns sein Bellen, daß der ›Lord‹ auf unserer Spur war, kaum noch eine halbe Meile entfernt.
    Das Licht des Mondes erlaubte uns, wieder schneller zu galoppieren. Der Boden war jetzt auch etwas ebener, mit kurzem, trockenem Kraut bedeckt, und während der nächsten zwei Stunden konnten wir den Abstand zu der Meute ein wenig vergrößern. Ja, es waren nur zwei kurze Stunden, doch uns kamen sie wie eine Ewigkeit vor. Der Hang des Berges war jetzt nur noch etwa zehn Meilen weit entfernt, doch unsere Pferde waren ziemlich am Ende ihrer Kräfte. Sie hatten tapfer durchgehalten, die armen Tiere, doch ihre Ausdauer hatte Grenzen. Ihr Fell glänzte vor Schweiß, ihre Lungen arbeiteten wie Blasebälge, sie stolperten immer häufiger und reagierten kaum noch auf unsere Schläge mit den Speerschäften. Ihr Galopp wurde zu einem holperigen Traben, und ich wußte, daß sie bald nicht mehr würden weiter können.
    Wir passierten den Kamm einer kleinen Anhöhe, an deren anderer Seite das Gelände sanft abfiel, bis zum Ufer des Flusses, der einige Meilen voraus am Fuß des gewaltigen Berges vorbeifloß. Das Land war hier mit Büschen und Felsblöcken übersät, und als wir einmal von unserer Richtung abweichen mußten, um zwischen zwei großen Felsblöcken hindurchzureiten, sahen wir auf der Hügelkuppe, kaum dreihundert Meter entfernt, die Hundemeute auftauchen. Es schienen jetzt weniger Tiere zu sein, wahrscheinlich war doch eine ganze Anzahl auf der Strecke geblieben, doch es waren noch genügend hinter uns her. Und hinter ihnen ritt der Khan. Sein zweites Pferd war verschwunden, oder wahrscheinlich ritt er es jetzt, nachdem er das erste bis zur Erschöpfung geschunden hatte.
    Unsere armen Pferde sahen die Hunde ebenfalls, oder witterten sie vielleicht, und die Angst verlieh ihnen neue Kräfte, da sie wußten, daß sie jetzt um ihr Leben liefen. Wir spürten ihre Angst an dem Beben ihrer Flanken, die nur so zittern, wenn ein Pferd die Nähe des Todes fühlt.

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