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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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ansprach. Ein paar Tage später, begierig nach dem bestialischen Anregungsmittel, von dem die Fülle meines Daseins abhing, sprach ich mit Fenhams einzigem Totengräber und überredete ihn, mich als eine Art Lehrling einzustellen.
    Der Tod meiner Mutter hatte meinen Vater sichtlich mitgenommen. Ich glaube, hätte ich den Einfall einer solch outrierten Beschäftigung zu jeder anderen Zeit vorgetragen, hätte er nachdrücklich auf Ablehnung bestanden. So aber stimmte er nach einem Augenblick der Überlegung zu. Wie wenig ließ ich mir träumen, daß er der Gegenstand meines ersten praktischen Unterrichts sein würde!
    Auch er starb unerwartet, bei ihm zeigte sich ganz überraschend ein Herzleiden. Mein in den Achtzigern stehender Arbeitgeber versuchte nach besten Kräften, mich von der undenkbaren Aufgabe abzuhalten, seinen Körper
    einzubalsamieren, und ihm entging das leidenschaftliche Glitzern in meinen Augen, als ich ihn schließlich zu meinem verdammenswerten Vorhaben überredete. Ich kann kaum hoffen, die abstoßenden, die unaussprechlichen Gedanken auszudrücken, die in heftigen leidenschaftlichen Wellen mein rasend pochendes Herz durchströmten, als ich mich mit dem leblosen Körper beschäftigte. Unermeßliche Liebe war der Schlüssel zu diesem Begriff der Liebe, unermeßlicher als ich sie je zu seinen Lebzeiten für ihn empfunden hatte.
    Mein Vater war kein reicher Mann, doch hatte er genug weltliche Güter besessen, die ihn beneidenswert unabhängig gemacht haben. Als sein Alleinerbe befand ich mich in einer ziemlich paradoxen Lage. Meine frühe Jugend hatte mich völlig ungeeignet gemacht für den Umgang mit der modernen Welt, und doch wurde ich des primitiven Lebens in Fenham und der Isolierung, die damit einherging, überdrüssig. Tatsächlich machte die Langlebigkeit seiner Bewohner das einzige Motiv für meinen Lehrvertrag zunichte.
    Nachdem die Erbschaftsangelegenheiten geregelt waren, bereitete es mir keine Schwierigkeiten, das Lehrverhältnis aufzulösen, und ich übersiedelte nach Bayboro, einer etwa fünfzig Meilen entfernten Stadt. Hier war mir mein Lehrjahr von gutem Nutzen. Ohne Schwierigkeiten gelang es mir, als Helfer eine angenehme Geschäftsverbindung mit der Gresham Corporation anzuknüpfen, dem größten Bestattungsunternehmen der Stadt. Ich bat sogar um die Erlaubnis, auf dem Betriebsgelände schlafen zu dürfen denn die Nähe zu den Toten war bereits zu einer Zwangsvorstellung geworden.
    Ich widmete mich meinen Aufgaben mit ungewöhnlichem Eifer. Kein Fall war für mein ruchloses Empfinden zu grausig, und bald brachte ich es in meinem erwählten Beruf zur Meisterschaft. Mit jeder neuen Leiche, die in das
    Bestattungsunternehmen eingeliefert wurde, erfüllte sich das Versprechen unseligen Wohlbehagens, respektloser
    Befriedigung, erneuerte sich der verzückte Aufstand in den Adern, der meine grausige Aufgabe in liebgewordene Hingabe verwandelte - und doch forderte jede fleischliche Befriedigung ihren Preis. Allmählich begann ich die Tage zu fürchten, an denen keine Toten, über denen ich frohlocken konnte, eingeliefert wurden, und ich betete zu allen widerwärtigen Göttern der fernsten Abgründe, sie möchten raschen, sicheren Tod über die Bewohner der Stadt bringen.
    Dann kamen die Nächte, da eine geduckte Gestalt sich verstohlen durch die schattigen Straßen der Vorstädte stahl, pechschwarze Nächte, da der mitternächtliche Mond von schweren, tiefhängenden Wolken verhüllt wurde. Diese versteckte Gestalt verschmolz mit den Bäumen und warf furchtsame Blicke über die Schultern, eine Gestalt, die in einer abgefeimten Aufgabe unterwegs war. Nach solch nächtlichem Umherstreifen verkündeten die Morgenzeitungen ihrer sensationshungrigen Leserschaft in großer Aufmachung die Einzelheiten eines alptraumhaften Verbrechens, Spalte um Spalte reißerisches Wühlen in gräßlichen Scheußlichkeiten; Abschnitt um Abschnitt unmögliche Lösungen und ausgefallene, einander widersprechende Vermutungen. Während dieser Vorgänge verspürte ich ein Hochgefühl von Sicherheit, denn wer würde auch nur einen Augenblick lang den Angestellten eines Bestattungsunternehmens, in dem der Tod doch augenscheinlich eine alltägliche Sache war, verdächtigen, Erleichterung von einem unaussprechlichen Zwang in der kaltblütigen Ermordung seiner Mitmenschen zu suchen? Ich plante jedes einzelne Verbrechen mit der verschlagenen Berechnung eines Verrückten und brachte genügend
    Abwechslung in die Art und

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