Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
Vom Netzwerk:
Romero mit einem Mal zu laufen und ließ mich allein zurück. Ein neuer und wilder Ton in dem Trommelschlag und Singsang, für mich bloß unmerklich wahrnehmbar, hatte auf ihn eine überraschende Wirkung. Mit einem wilden Aufschrei stürmte er blindlings in die Düsternis der Höhle hinein. Ich hörte vor mir seine wiederholten Schreie, als er unbeholfen die waagerechten Gänge entlangstolperte und wie wahnsinnig die wackligen Leitern hinunterkletterte. Und so erschreckt ich auch war, bewahrte ich doch genug Auffassungsvermögen, um zu bemerken, daß seine Rede, wenn sie zu verstehen war, nicht irgendeiner mir bekannten Sprache angehörte. Strenge, aber eindrucksvolle Viersilbenwörter hatten die gewohnte Mischung von schlechtem Spanisch und noch schlechterem Englisch abgelöst, und davon schien mir nur der oft wiederholte Schrei
    »Huitzilopochtli« ein wenig vertraut zu sein. Später fand ich das Wort in den Werken eines großen Historikers wieder (Prescott, Conquest of Mexico) - und mich schauderte, als mir der Zusammenhang klar wurde.
    Der Höhepunkt dieser entsetzlichen Nacht umfaßte mehrere Stufen, war aber ziemlich kurz und setzte gerade ein, als ich die letzte Höhle der Reise erreichte. Aus der Dunkelheit unmittelbar vor uns erklang ein Aufschrei des Mexikaners, dem sich solch ein Chor unheimlicher Geräusche anschloß, den ich nie mehr ertragen könnte, ohne zu sterben. In diesem Augenblick schien es, als hätten all die verborgenen Schrecken und
    Ungeheuerlichkeiten der Erde eine Stimme bekommen bei dem Versuch, das Menschengeschlecht zu überwältigen. Gleichzeitig erlosch das Licht in meinem Ring, und ich sah ein neues Licht, das aus dem tieferen Raum nur ein paar Meter vor mir aufglomm. Ich war an dem Abgrund angelangt, der jetzt rötlich glühte und offensichtlich den unglücklichen Romero verschlungen hatte. Ich trat näher und spähte über den Rand der Kluft, die kein Seil ausloten konnte und die jetzt ein Pandämonium zuckender Flammen und Höllenlärms war. Zuerst erblickte ich nichts als einen brodelnden Fleck von etwas Leuchtendem. Aber dann begannen sich Formen, alle unendlich fern, aus dem Durcheinander zu lösen, und ich erblickte ihn -
    war es Juan Romero? - aber bei Gott! Ich wage nicht. Ihnen zu erzählen,was ich sah!... Eine Himmelsmacht, die mir zu Hilfe eilte, löschte beides, Anblick und Klänge, in einem Krachen aus, wie man es nur vernimmt, wenn zwei Welten im All
    zusammenstoßen. Das Chaos trat ein, und mir wurde der Frieden der Auslöschung zuteil.
    Ich weiß kaum, wie ich fortfahren soll, geht es doch um einzigartige Vorgänge. Ich werde jedoch mein Bestes tun und nicht einmal zwischen dem Realen und dem Scheinbaren zu unterscheiden versuchen.
    Als ich erwachte, lag ich sicher in meiner Koje, und am Fenster war das rote Glühen der Morgendämmerung sichtbar. In einiger Entfernung lag der leblose Körper des Juan Romero auf einem Tisch, umgeben von einer Gruppe von Männern, darunter der Lagerarzt. Die Männer erörterten den seltsamen Tod des Mexikaners, während er schlafend dagelegen hatte, ein Tod, der anscheinend irgendwie mit dem entsetzlichen Blitz
    zusammenhing, der den Berg getroffen und erschüttert hatte.
    Keine unmittelbare Todesursache war ihm anzusehen, und auch eine Autopsie erbrachte kein Ergebnis.
    Aus Gesprächsfetzen ging zweifelsfrei hervor, daß weder Romero noch ich die Unterkunft in der Nacht verlassen hatten, daß keiner von uns beiden während des entsetzlichen Sturmes wach war, der über die Kaktus-Gebirgskette dahinzog. Jener Sturm, erklärten Männer, die sich in den Bergwerksschacht hinuntergewagt hatten, hatte ausgedehnte Einstürze verursacht und den tiefen Abgrund verschlossen, der am Vortag solche Befürchtungen ausgelöst hatte. Als ich den Wachtposten fragte, welche Geräusche er vor dem mächtigen Blitzschlag gehört hatte, erwähnte er einen Coyoten, einen Hund und den fauchenden Bergwind - sonst nichts. Ich zweifle nicht an seinem Wort.
    Nach Wiederaufnahme der Arbeit ordnete Direktor Arthur an, daß einige besonders zuverlässige Männer in der Nähe der Stelle, wo der Abgrund sich aufgetan hatte, Nachforschungen anstellen sollten. Die Männer gehorchten, wenn auch ohne große Begeisterung, und es wurde eine Tiefenbohrung vorgetrieben. Die Ergebnisse waren recht merkwürdig. Die Decke über der Leere, bei offenem Zustand gesehen, war keineswegs dick gewesen; und doch stießen die Männer auf eine Stelle, wo sich massives Gestein grenzenlos

Weitere Kostenlose Bücher