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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erleichtert, als Schwester Rabiata hinter dem Empfang die Hand hob und ihn heranwinkte. Beate machte keine Anstalten, ihm zu folgen, sondern blieb stehen, wo sie war. Offenbar herrschte zwischen ihr und ihrer Kollegin tatsächlich ein sehr gespanntes Verhältnis.
    Er kam dicht genug an Bremer und dem Arzt vorbei, um einen Teil ihres Gespräches mitzuhören, obwohl er es gar nicht wollte.
    »... aber ich fürchte, es bleibt bei meiner Entscheidung, Herr Wachtmeister«, sagte der Arzt gerade.
    »Aber ich will doch nur -«
    »Es tut mir leid, Herr Wachtmeister«, fuhr der Arzt in nun schon hörbar kühlerem Ton fort, aber für uns zählt erst einmal das Wohl des Patienten, nicht, was Sie oder Ihre Kollegen oder meinetwegen auch Ihre Vorgesetzten möchten.«
    »Lassen Sie mich wenigstens kurz mit ihm reden«, sagte Bremer. »Seine Frau macht sich große Sorgen.«
    »Das glaube ich gern«, antwortete der Arzt ungerührt. »Aber wir tun für Ihren Kollegen, was wir können. Und wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden - ich habe noch andere Patienten.«
    Er wollte gehen, aber Bremer hielt ihn mit einer fast befeh lenden Geste zurück. »Ich hätte es lieber nicht so offiziell werden lassen, Herr Doktor«, sagte er, »aber ich kann durchaus mit einem Gerichtsbeschluß wiederkommen.«
    Das war nicht die richtige Taktik. Mark spürte es, bevor der Arzt antwortete, Bremer sicher auch.
    »Ganz, wie Sie meinen, Herr Wachtmeister«, sagte er ruhig. »Sie wären nicht der erste, der sich eine blutige Nase holt. Verschwenden Sie ruhig Ihre Zeit - aber bitte nicht weiter die meine.« Und damit drehte er sich herum und ging mit energischen Schritten zurück zum Aufzug.
    Bremer machte ein betroffenes Gesicht, und Mark hielt es im Moment für diplomatischer, ihn nicht auf das Thema anzusprechen, sondern ging rasch die wenigen Schritte weiter zum Empfang.
    Schwester Ingeborg hatte natürlich alles mitbekommen und machte keinen Hehl au s ihrer Schadenfreude. »Kein er folgreicher Tag für Ihren Freund?« fragte sie triumphierend.
    »Wir gehören nicht zusammen«, antwortete Mark. »Wir sind nur zufällig im gleichen Moment hereingekommen.«
    Schwester Ingeborg zuckte nur mit den Schultern und deutete auf das Telefon vor sich. »Ich fürchte, ich habe auch für Sie schlechte Nachrichten«, sagte sie. »Ich habe mit dem zuständigen Arzt gesprochen. Wie es aussieht, gehört Ihre Mutter tatsächlich zu unseren Patienten. Aber im Moment können Sie sie unmöglich besuchen.«
    Mark mußte sich beherrschen, um sich seinen Ärger über diese Formulierung nicht zu deutlich anmerken zu lassen. »Warum?« fragte er gepreßt.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete die Schwester. »Ihr Zustand läßt es nicht zu.«
    »Unsinn«, sagte Mark. »Ich habe sie erst...« Er verbesserte sich im letzten Moment. »... vor kurzem besucht. Es ging ihr ausgezeichnet.«
    »Sind Sie zufällig Arzt?« fragte die Schwester spitz. »Ich glaube nicht. Wenn Sie es wären, dann wüßten Sie, wie rasch sich der Zustand eines seelisch kranken Menschen manchmal ändern kann. Die kleinste Aufregung kann da ausreichen. Ich kann Ihnen jedenfalls nicht helfen.«
    Mark blickte sie mit unverhohlener Feindseligkeit an, aber er sagte nichts von alledem, was ihm auf der Zunge lag. Tief drinnen war er sogar beinahe froh, seine Mutter jetzt nicht sehen zu können. Er war mit dem festen Vorsatz - nein, der Notwendigkeit hierher gekommen, mit ihr zu reden, und er hätte sich selbst gegenüber keine Ausrede gelten lassen. Aber so unsympathisch ihm diese Schwester auch sein mochte und so sehr sie es sichtlich genoß, seinen Wunsch abzuschlagen, glaubte er doch nicht, daß sie log.
    »Vielleicht haben Sie recht«, sagte er. »Ich komme später noch einmal wieder. Heute abend oder morgen.«
    »Es wäre klüger, wenn Sie vorher anrufen und sich einen Termin geben lassen. Nur, damit Sie sich einen weiteren unnötigen Weg ersparen«, riet ihm die Schwester und beendete das Gespräch damit, denn sie beugte sich wieder über irgendwelche Papiere, die vor ihr lagen, und tat so, als lese sie konzentriert darin.
    Mark schluckte seinen Ärger - der sich ohnehin in Grenzen hielt - herunter und ging zu Beate zurück. Sie hatte sich die ganze Zeit über nicht von ihrem Platz neben der Tür gerührt, aber als er sie erreichte, lächelte sie flüchtig und sagte: »Weißt du jetzt, warum wir sie Schwester Rabiata nennen?«
    »Hm«, machte Mark. » Schwester Unfreundlich wäre passender. Ist sie

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