Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Füßen heulte auf. Der Wagen machte einen regelrechten Satz, überwand die verbliebenen fünf oder sechs Meter im Bruchteil einer Sekunde und krachte mit solcher Wucht in die Hanke des Mercedes, daß Bremer nach vorne geschleudert wurde und erst im letzten Moment die Arme vor das Gesicht riß, um sich nicht am Armaturenbrett die Zähne einzuschlagen. Glas splitterte, und beide Scheinwerfer des Krankenwagens erloschen im gleichen Augenblick. Der Mercedes wurde ein Stück in die Höhe gehoben und drohte beinahe umzukippen, dann stürzte er mit einem schmetternden Schlag zurück, wobei er die Stoßstange und einen guten Teil der Motorhaube des Krankenwagens abriß.
    Bremer hatte den größten Teil des Aufpralles irgendwie abgefangen, ohne dabei ein paar Zähne einzubüßen oder sich die Handgelenke zu brechen; aber die verbliebene Wucht war noch immer groß genug, ihn vom Sitz zu reißen und zu Boden zu schleudern. Benommen blieb er einige Augenblicke liegen. Als er sich wieder in die Höhe stemmte, kroch Sendig ebenfalls gerade unter dem Lenkrad hervor. Er hatte weniger Glück gehabt und blutete heftig aus der Nase, grinste aber trotzdem wie ein Schuljunge, dem ein besonders lustiger Streich gelungen war.
    »Ups!« sagte er. »Wie ungeschickt von mir!«
    »Sind... sind Sie verrückt geworden?« keuchte Bremer.
    Sendig lachte, riß die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Bremer vergeudete eine halbe Sekunde damit, ihm fassungslos nachzustarren, dann drehte er sich hastig herum und stieß die Tür auf der anderen Seite auf. So schnell er nur konnte, stolperte er hinter Sendig her, holte ihn aber trotzdem erst ein, als er den halbzertrümmerten Mercedes bereits umrundet hatte.
    Der Mann, der auf dem Kotflügel gesessen hatte, lag jetzt stöhnend neben dem Wagen auf den Knien und hielt sich das Gesicht. Er blutete heftig aus Mund und Nase. Sendig rannte auf ihn zu, hielt abrupt an und sah einen Herzschlag lang wortlos - aber sichtlich amüsiert - auf ihn hinunter.
    »Na so was!« sagte er kopfschüttelnd. »Sind euch die BMWs ausgegangen?«
    Der Verletzte hob mühsam den Kopf und sah zu ihm hoch. Er blutete heftig aus Mund und Nase, und wahrscheinlich hatte er auch noch andere, schlimmere Verletzungen, denn sein Gesichtsausdruck spiegelte nur vollkommenes Unverständnis und Schmerz. Dann blitzte etwas in seinen Augen auf, aber die Erkenntnis kam zu spät. Noch immer grinsend streckte Sendig blitzschnell die Hand aus, grub die Finger in sein Haar und knallte seine Stirn so heftig gegen den Kotflügel, daß der Wagen um eine weitere Delle bereichert wurde. Der Mann verdrehte die Augen und sank bewußtlos zu Boden, als Sendig seine Haare losließ.
    »Sendig!« keuchte Bremer. »Sind Sie wahnsinnig?!« Instinktiv trat er auf Sendig zu, hob die Arme, wie um ihn zu packen - und erstarrte mitten in der Bewegung. In Sendigs Hand lag plötzlich wieder die Pistole. Und sein Lächeln war wie weggeblasen.
    »Behalten Sie die Nerven, Bremer«, sagte er. »Wir haben jetzt wirklich keine Zeit für Gefühlsduseleien. Holen Sie den Jungen.«
    »Gefühlsduseleien?« Bremer starrte aus vor Schrecken geweiteten Augen auf den bewußtlosen Mann zu Sendigs Füßen hinunter. »Sind Sie verrückt? Sie hätten ihn umbringen können!«
    »Und?« fragte Sendig. »Sind Sie so naiv, oder tun Sie nur so, Bremer? Glauben Sie im Ernst, daß die uns am Leben lassen, wenn sie uns zu fassen kriegen? Bestimmt nicht! Und jetzt holen Sie endlich den Jungen. Wir müssen weg hier. Wahrscheinlich sind noch einige mehr von diesen Kerlen in der Nähe!«
    Bremer fühlte sich für einen Moment wie vor den Kopf geschlagen. Sendigs völlig überraschende Brutalität schockierte ihn, aber zugleich begriff er auch, daß er wahrscheinlich recht hatte. Wenn das, was Sendig ihm über die Droge und Sillmanns geheimnisvolle Beschützer erzählt hatte, die Wahrheit war, dann stand hier mittlerweile zuviel auf dem Spiel, als daß sie noch Rücksicht auf zwei kleine Polizeibeamte nehmen würden, vor allem dann nicht, wenn sie sich als lästige Mitwisser entpuppten. Hätte er auch nur einen Moment lang über diese Frage nachgedacht, dann wäre er wahrscheinlich von selbst darauf gekommen - aber aus irgendeinem Grund hatte er das bisher nicht getan. Wahrscheinlich, weil er es gar nicht wissen wollte.
    »Los schon!« sagte Sendig ungeduldig. »Wir haben wahrscheinlich nur ein paar Minuten!«
    Bremer drehte sich widerwillig herum und ging ein paar Schritte, aber dann rannte er zum

Weitere Kostenlose Bücher