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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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endlich die Hand von seiner Schulter. Mark atmete erleichtert auf. Diese Berührung war leicht wie die einer Feder gewesen, aber sie erinnerte ihn an die des Todesengels aus seinem Traum, und das allein war beinahe mehr, als er ertragen konnte.
    Offenbar sah man ihm seine Erleichterung auch deutlich an, denn die Verlegenheit im Gesicht der Frau nahm noch w eiter zu. Mit einer nervösen Bewegung ließ sie sich wieder auf den Sitz auf der anderen Seite des Abteils sinken, von dem sie aufgestanden war, um ihn zu wecken. »Entschuldigen Sie«, sagte sie. »Ich wollte nicht -«
    »Das ist schon in Ordnung«, unterbrach sie Mark. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Es war ein Alptraum. Völlig verrückt, schlimm. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mich geweckt haben.«
    Das hörte sich ungefähr so überzeugend an, wie sein Lächeln aussehen mußte, aber vermutlich hätte alles, was er jetzt sagen konnte, die Situation nur noch peinlicher gemacht. In diesem Moment jedoch wurde die Abteiltür geöffnet, und ein zugleich übermüdet wie alarmiert aussehender Schaffner mit Ringen unter den Augen und einer schlechtsitzenden Uniform blickte zu ihnen herein. Irgend etwas an ihm war ungewöhnlich, aber Mark konnte nicht sagen, was es war.
    »Alles in Ordnung?« fragte er. Obwohl er sehr müde aus sah, klang seine Stimme mißtrauisch, und sein Blick war sehr wach. Und jetzt wußte Mark auch, was an ihm nicht stimmte: Seine Hände waren leer. Die abgewetzte, immer zu kleine und meistens mit einem Einmachgummi zusammengehaltene Ledermappe mit Fahrplänen, Formularen, Fahrkartenblocks und Quittungen, die fester Bestandteil jedes Eisenbahnschaffners war, fehlte bei diesem Mann. Er war nicht auf seiner normalen Runde, sondern einzig und allein hergekommen, weil er etwas gehört hatte.
    »Es ist schon gut«, sagte Mark hastig. »Ich hatte einen Alptraum. Es tut mir leid.«
    Der Schaffner blickte weiter mißtrauisch auf ihn herab. Das war nicht die Antwort, die er erwartet hatte, und wahrscheinlich auch keine, die er wirklich glaubte. Er wandte sich mit einem fragenden Blick an die Frau auf der anderen Seite des Fensters.
    »Es ist wirklich alles in Ordnung«, sagte sie. »Er hat schlecht geträumt. So etwas kommt vor.«
    »Ja, das kommt es wohl.« Der mißtrauische Glanz in den Augen des Schaffners blieb. Er zögerte ein bißchen zu lange, dann trat er rückwärts wieder aus dem Abteil heraus und machte eine Kopfbewegung nach rechts. »Ich gehe dann wieder. Ich bin im Dienstabteil, zwei Türen weiter - falls Sie noch irgend etwas benötigen.«
    »Vielen Dank.« Mark wartete, bis der Mann die Tür zugeschoben hatte und sie wieder allein im Abteil waren, dann wandte er sich mit einem dieses Mal echt wirkenden Lächeln wieder an sein Gegenüber. »Jetzt haben Sie mich zum zweiten Mal gerettet, glaube ich. Wahrscheinlich zerbricht er sich den Rest der Nacht den Kopf über die Frage, ob ich bekifft bin oder Sie belästigen wollte.«
    »Sie waren wirklich ziemlich laut«, sagte die Frau. »War es so schlimm?«
    »Keine Ahnung«, log Mark. »Ich erinnere mich nicht. Nur, daß es ein Alptraum war.«
    »Das sind manchmal die schlimmsten. Man erinnert sich nämlich doch, wissen Sie... Man will es nur nicht wissen.«
    Damit kam sie der Wahrheit näher, als sie wahrscheinlich selbst ahnte. Mark fragte sich einen Moment lang, warum er eigentlich gelogen hatte - er erinnerte sich an jede noch so winzige Kleinigkeit dieses verdammten Traumes, aber er wußte die Antwort auch im gleichen Augenblick selbst. Obwohl scheinbar völlig sinnlos, war der Traum viel zu intim gewesen, um darüber zu reden - noch dazu mit einem vollkommen fremden Menschen. Und dazu kam noch etwas: Auch wenn sein Herz aufgehört hatte zu rasen und seine Hände nicht mehr zitterten, war die Angst noch da. Über den Traum zu reden könnte bedeuten, den Embryo zu wecken.
    »War sie Ihre Freundin?«
    Mark schrak nicht nur aus seinen Gedanken hoch, sondern begriff auch voll plötzlichem Schrecken, daß sie ihn nun tatsächlich zum zweiten Mal gerettet hatte, denn er war nahe daran gewesen, erneut in die furchtbare Vision abzugleiten. Schon die Erinnerungen daran waren wie Fallstricke, zwischen denen bodenlose Abgründe lauerten. »Wer?«
    »Azrael«, antwortete die Frau. »Sie haben ein paarmal ihren Namen gerufen.«
    Mark kramte in seinem Gedächtnis. Azrael? Im ersten Moment sagte ihm dieser Name – wenn es ein Name war - nichts.
    Aber dann schien doch etwas Vertrautes an diesem Begriff

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