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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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höchsten Maße illegal – aber das Ergebnis hatte den Einsatz gelohnt. Zigfach.
    Er war mit dem ersten Film fertig, stellte die Entwicklerdose behutsam auf den Tisch zurück und wandte sich dem zweiten zu. Er wiederholte den Vorgang pedantisch, dann betätigte er die Taste der Zeitschaltuhr. Jetzt konnte er nur noch warten. Nicht einmal sehr lange, aber er wußte natürlich, daß selbst wenige Minuten jetzt zu Ewigkeiten werden würden.
    Um sich abzulenken, verließ er die Dunkelkammer, ging in die Küche und bereitete sich eine Tasse Instant-Kaffee zu. Er schmeckte scheußlich, aber er war heiß und stark, und er schenkte ihm wenigstens die Illusion seine Lebensgeister zu wecken. Mogrod leerte die Tasse mit kleinen Schlucken, zwischen denen er erzwungen lange Pausen einlegte, und er beherrschte sich eisern, nicht auf die Armbanduhr zu sehen, bevor die Tasse nicht vollkommen geleert war. Als er es dann tat, war die Enttäuschung um so größer. Es war wohl so, wie man sagte: Je mehr man darauf wartete, daß die Zeit verging, desto langsamer schien es zu geschehen.
    Vielleicht sollte er in die Dunkelkammer zurückkehren. Ein Auge auf die Entwicklerdosen werfen. Was, wenn mit der Flüssigkeit etwas nicht in Ordnung war? Er hatte eine neue Flasche angebrochen, aber sie konnte schließlich schon im Laden überaltert gewesen sein, das Etikett mit dem Haltbarkeitsdatum unleserlich oder gefälscht, weil irgendein knickeriger Krämer die überlagerte Ware nicht wegwerfen wollte. Möglicherweise waren auch die Dosen undicht, so daß ein Lichtschimmer eindrang und die Negative verdarb, oder -
    Oder der Himmel tat sich auf, und ein brennender Stern stürzte auf sein Haus und verschlang ihn samt seinen kostbaren Filmen. Schluß jetzt. Er hatte allen Grund, gespannt zu sein, aber verdammt noch mal keinen einzigen, hysterisch zu werden.
    Statt in die Dunkelkammer zurückzugehen und womöglich aus lauter Ungeduld doch noch irgendeinen Fehler zu machen, brühte er sich eine zweite Tasse Kaffee auf, die er jedoch nicht sofort trank, sondern behutsam vor sich her ins Wohnzimmer balancierte. Einem Außenstehenden wäre der Raum klein, aber trotzdem in gewissem Maße behaglich eingerichtet vorgekommen, aber für Mogrod war er Sinnbild all dessen, was er verloren hatte. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er ernsthaft überlegt, ob ein Kabuff wie dieses überhaupt groß genug für seine Dunkelkammer war - jetzt war es das größte Zimmer der Wohnung, und die schäbigen Möbel, die er zum größten Teil gebraucht erworben oder geschenkt bekommen hatte, waren alles, was er noch besaß.
    Mogrod setzte sich schwer in einen der schäbigen Sessel, nippte an seinem Kaffee und ließ seinen Blick nachdenklich durch den Raum schweifen. Er sah die Möbel und die fleckigen Tapeten nicht wirklich, sondern nur das Dutzend Schwarzweißfotografien, die in schlichten Glasrahmen an der Wand neben der Tür hingen. Er betrachtete sie fast immer, w enn er hier saß und gerade nichts Besseres zu tun hatte - was in letzter Zeit ziemlich häufig der Fall gewesen war -, und er wurde niemals müde, es zu tun. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er Geld gehabt, einen Wagen, eine teure Wohnung, teure Freunde und noch teurere Frauen. Den Wagen und die Wohnung hatte er als erstes verloren, und die Freunde - die keine gewesen waren - kurz danach. Jetzt waren diese Bilder unwiderruflich alles, was ihm geblieben war.
    Einem Fremden wären diese Bilder sonderbar vorgekom men, vielleicht ein wenig pervers, auf jeden Fall aber unheimlich und objektiv betrachtet waren sie das wohl auch. Es waren seine Lieblingsbilder, die einzigen , die er aufgehoben hatte, aus der ganzen Zeit. Für drei davon hatte er Preise bekommen, für die allermeisten eine hübsche Stange Geld, und jedes einzelne hatte seine eigene Geschichte.
    Die meisten zeigten dramatische Motive: ein brennendes Haus, auf dessen Dach Menschen standen; über ihnen kreisende Hubschrauber, die wegen der aufsteigenden Hitze und der Menschenmenge nicht auf dem Dach landen konnten. Mehr als ein Dutzend ineinandergerammter Autowracks, von denen einige ebenfalls in Flammen standen, und zwischen denen winzige Gestalten umherirrten, zwei von ihnen brennend. Ein totes Kind, das von einem Feuerwehrmann aus dem Kanalisationsrohr gezogen wurde, in das es gestürzt und qualvoll erstickt war. Das Wrack eines Sportflugzeuges, das auf eine Laubenkolonie gestürzt war, dicht daneben ein verkrümmter, kopfloser Torso,

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