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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurückzurufen. Aber kaufen Sie sich doch heute die Abendausgabe der POST. Sie werden darin etwas finden, was Sie bestimmt brennend interessiert.«
    Er drückte auf die Gabel und hängte erst danach ein. Sosehr er sich noch vor zwei Sekunden über den Anrufbeantworter geärgert hatte - jetzt erschien es ihm eher positiv, seine Nachricht nur auf Band gesprochen zu haben, statt sich womöglich in ein Gespräch hineinziehen zu lassen, bei dem er mehr verriet, als er eigentlich wollte. Außerdem steigerte das die Spannung. Sein Name allein sollte ausreichen, demjenigen, der das Band abhörte, ein paar fröhliche Stunden zu bereiten. Wenigstens so lange, bis die Abendausgabe erschien. Und danach noch etliche weitere...
    Er stand auf und wollte nun wirklich zum Fenster gehen, doch in diesem Moment erscholl aus der Dunkelkammer ein lautstarkes Klappern, das Mogrod wie elektrisiert zusammenfahren ließ. Er vergaß die beunruhigenden Laute auf der Straße augenblicklich und hetzte so schnell zur Dunkelkammer, daß er fast über seine eigenen Füße gestolpert wäre. Hastig riß er die Tür auf, schaltete das Licht ein und sah sich um.
    Nichts.
    Der Raum sah aus wie immer: winzig, überladen und düster, nicht ganz so sauber, wie er hätte sein können, und ein wenig unordentlicher, als er hätte sein müssen. Auf dem Boden lag nichts, und auch die Fotoschalen und das halbe Dutzend durchsichtiger Acrylboxen mit seinen diversen Utensilien standen ordentlich aufgereiht da, wo sie hingehörten. Er mußte sich das Geräusch wohl eingebildet haben. Nun, bei dem, was für ihn auf dem Spiel stand, hatte er das Recht, ein bißchen nervös zu sein. Einbildung, mehr nicht.
    Trotzdem schloß er sorgsam die Tür hinter sich und unterzog den Raum einer zweiten, gründlicheren Inspektion, die allerdings zu keinem anderen Ergebnis führte als die erste. Hier war weder etwas um- noch heruntergefallen.
    Wenn er schon einmal hier war, konnte er seine Arbeit auch zu Ende bringen. Behutsam öffnete er die Schachtel mit den noch nicht entwickelten Bildern und ließ sie eines nach dem anderen in die Fotoschalen gleiten. Sie zeigten weitere Ansichten von Löbachs Wohnung - die Küche, die Müllkippe, in die er sein Wohnzimmer verwandelt hatte, das auf so unheimliche Weise veränderte Bad, und als allerletztes noch ein mal die blutige Schrift an der Wand. Azrael… Wenn er nur wüßte, wo er dieses Wort schon einmal gehört hatte.
    Mogrod fixierte die Bilder, gab sie in den Trockner und befestigte die übrigen gut zwanzig Abzüge, die er schon fertiggestellt hatte, an der Pinnwand neben der Tür. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß kein unbelichtetes Fetzchen Papier mehr irgendwo herumlag, schaltete er das Rotlicht aus und die Deckenbeleuchtung ein. In der im ersten Moment fast unangenehmen Helligkeit der beiden Neonröhren besah er sich die bisher fertiggestellte Kollektion kritisch. Das Haus, die Polizeibeamten, Sendig, die unvermeidlichen Gaffer und schließlich Löb achs Horrorapartment... ideal. Die perfekte true story, wie die Leute sie liebten, ob sie nun wirklich true war oder nicht.
    Dabei waren die Bilder für sich allein betrachtet noch nicht einmal so sensationell. Löbachs Selbstmord würde ohne diese Fotos spätestens morgen früh und mit ihnen spätestens über morgen früh keinen mehr wirklich interessieren - aber er hatte mehr als diese Bilder. Er kannte die Geschichte, die dahintersteckte. Die wahre Geschichte. Er wußte, warum Löbach sich umgebracht hatte, und er wußte sogar, wie; zumindest hatte er eine Theorie, die der Wahrheit sehr nahe kommen mußte. Und diese Nachricht würde einschlagen wie eine Bombe.
    Der Trockner summte. Mogrod nahm die letzten sechs Abzüge heraus und befestigte sie neben den anderen an der Pinnwand. Als er es getan hatte und sich wieder herumdrehte, streifte sein Blick eine der Plastikschalen auf dem Tisch.
    Mogrod blieb stehen und runzelte überrascht die Stirn. In der Entwicklerflüssigkeit schwamm noch immer der fehle r hafte Abzug, den er sich vorgemerkt hatte, um ihn zu einem Gespensterfoto für irgendein Revolverblatt zu machen. Er befand sich seit einer guten halben Stunde darin und hätte eigentlich so schwarz sein sollen, wie es nur ging, und zum allergrößten Teil war er das auch.
    Aber eben nur zum allergrößten Teil. Neunundneunzig Prozent des Bildes glänzten im tiefsten Schwarz, das man sich n ur vorstellen konnte. Aber da war noch etwas - eine haarfeine helle Linie, ungefähr

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