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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Tür ein, wenn Sie nicht antworten!«
    Das konnte er nicht. Er brauchte jedes bißchen Atem, das er bekam, um zu rennen. Trotzdem kam der Panzer unerbittlich näher. Er brauchte ein Versteck, irgend etwas, wo er sich verkriechen und wo ihn dieser Panzer nicht erreichen konnte!
    Dann sah er es. Ein Kellerloch, nur noch wenige Schritte entfernt, und hinter einer halb niedergebrochenen Wand. Der Fußboden des Hauses war eingestürzt, wohl von einer Granate oder einem schweren Trümmerstück getroffen, und der darunterliegende Keller lag gut drei Meter tiefer. Ein riskanter Sprung, aber die einzige Chance, die er vielleicht noch hatte. Der Panzerfahrer würde es nicht wagen, ihm mit seinem tonnenschweren Gefährt dorthin zu folgen, aus Angst, daß der Tank einfach durch den Boden brach.
    Etwas krachte. Er hörte das Geräusch von splitterndem Holz und sah aus den Augenwinkeln, wie ein Mann aus einer Tür nicht weit entfernt heraustaumelte. Sein Gesicht kam ihm vage bekannt vor, auch wenn er im Moment nicht genau wußte, woher. Und er bewegte sich genau auf den Panzer zu. Mogrod schrie ihm eine Warnung zu, mobilisierte noch einmal alle Kräfte, die er in seinem geschundenen Körper fand, und flankte mit einem gewal tigen Satz über den Mauerrest.
    Ein grausamer Schmerz spaltete sein Gesicht in zwei ungleiche Hälften. Andere, kleinere Glasscherben stachen wie Messerklingen in seine Brust und seine Hände, und obwohl er den Schmerz diesmal spürte, schien er ihm irgendwie unwirklich, als wäre es gar nicht er, der ihn erlitt. Für einen winzigen Moment schwebte er scheinbar schwerelos im Nichts, und für die gleiche, fast nicht existente Zeitspanne konnte er durch das Fenster zurücksehen, durch das er gesprungen war. Das Zimmer war vollkommen verwüstet, Möbel umgeworfen, Bilder von den Wänden gerissen, der Fernseher aus dem Regal gefallen und zerbrochen, und jemand hatte die Tür eingetreten und rannte mit wild gestikulierenden Armen auf ihn zu, wobei er unentwegt seinen Namen schrie. Hinter ihm stand der Todesengel, groß, schwarz, mit ausgebreiteten Schwingen und erhobenen Armen. Seine rechte Hand wies auf Mogrod, und die Bedeutung dieser Geste war eindeutig. Er hatte es zu Ende gebracht. Diesmal war niemand dagewesen, der an seiner Stelle starb.
    Er fiel.
    Seine Wohnung lag nicht im achten Stock, und so dauerte sein Sturz auch nicht so lange wie der Löbachs wenige Stunden zuvor.
    10. Kapitel
    Er war auf dem Weg nach Hause im Taxi eingeschlafen und erwachte mit hämmernden Kopfschmerzen und der wirren Erinnerung an einen noch wirreren Traum — er war reichlich unangenehm gewesen, an mehr erinnerte er sich nicht, und nach dem, was er in der vergangenen Nacht erlebt hatte, wollte er sich auch nicht an mehr erinnern. Mark verscheuchte den Gedanken, blinzelte ein paarmal und richtete sich dann auf dem Rücksitz des Mercedes hoch, auf dem er zusammengesunken und im Schlaf halb gegen die Tür gerutscht war.
    »Wir sind da«, sagte der Taxifahrer vollkommen überflüssigerweise. Noch überflüssigererweise fügte er hinzu: »Zu Hause.«
    Wahrscheinlich hatte er nur freundlich sein wollen, aber er erreichte das Gegenteil. Mark blickte einige Momente lang die in Altweiß gestrichene Villa an, die sich dreißig Meter hinter dem mannshohen Gitterzaun erhob, vor dem das Taxi angehalten hatte, und versuchte etwas im Klang dieses Wortes zu erkennen. Zu Hause... Nein - er war immer noch nicht sicher, ob dies wirklich sein Zuhause war.
    Immerhin wohnte er hier.
    Er machte Anstalten, die Tür zu öffnen, aber der Taxifahrer streckte rasch den Arm aus und drückte den Türknopf herunter. »Macht zweihundertsiebzehn«, sagte er. »Ohne die Anzahlung von vorhin.«
    »Ich weiß«, sagte Mark. »Aber ich habe sie nicht bei mir. Kommen Sie mit zum Haus, oder trauen Sie mir?«

Der Fahrer sah ihn schief an, dann zog er kommentarlos den Zündschlüssel aus dem Schloß und stieg aus. Mark nahm es ihm nicht übel. Er an seiner Stelle hätte wohl nicht anders gehandelt.
    Mark stieg aus dem Taxi, ging zum Tor und tippte eine sechsstellige Ziffernfolge in die Zahlentastatur, die die Stelle eines Schlosses einnahm. Ein kaum hörbares Summen erklang, und das Tor sprang einen Fingerbreit auf. Der Taxifahrer zog erstaunt die linke Augenbraue hoch, aber er sagte nichts, sondern schloß sich Mark wortlos an, als er das Tor aufschob und den breiten Weg zum Haus hinaufzumarschieren begann.
    Er ging sehr viel langsamer, als nötig gewesen wäre- wie

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