Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
dieser Traum? Warum war er hier?
    Er war sicher, keine der Gestalten am Boden zu kennen, diesen Raum niemals wirklich gesehen, dieses unheimliche Geschehen niemals wirklich erlebt zu haben; weder in dieser noch in irgendeiner anderen Form. Und trotzdem hatte er ein Gefühl der Vertrautheit, das mit jedem Moment stärker wurde.
    Langsam begann er sich durch den Raum zu bewegen, wobei er sich er erneut und mit wachsendem Interesse umsah. Es war tatsächlich eine Art Verlies, vielleicht ein sehr alter Keller, dem jemand mit ein paar Teppichen und Möbelstücken ohne viel Erfolg einen Anstrich von Wohnlichkeit zu verleihen versucht hatte. An den Wänden hingen Poster, und unter der Decke befanden sich zwei überlange Neonröhren. Ihr Licht wurde von dem der unzähligen Kerzen überstrahlt, sorgte aber trotzdem für den größten Teil der Helligkeit hier unten
    Unweit der Tür befand sich ein Sekretär, der in seiner schlichten Form schon fast einen Anachronismus darstellte und mit Papieren und den allgegenwärtigen Kerzen übersät war. Er wollte näher herangehen um einen Blick auf die Papiere zu werfen, aber das hätte auch bedeutet, sich der Tür zu nähern, und irgend etwas hielt ihn davon ab. Es gab keinen logischen Grund dafür (logisch? Nichts von dem, was er hier erlebte, war in irgendeiner Form logisch!), aber die Angst war wieder da; die Spinne im Netz war sprungbereit, und sich der Tür zu nähern, hieße ihre Fäden zu berühren und sich darin zu verwickeln.
    Statt dessen machte er beinahe erschrocken einen Schritt zurück und geriet dabei wieder zwischen die Gestalten am Boden.
    Der Kreis schloß sich.
    Aus dem Alptraum von gestern wurde der von heute.
    Das dunkle Dröhnen des metallenen Herzschlages hielt an, aber der Gesang verstummte für einen Moment. Ein Dutzend Gesichter wandte sich ihm zu, bleich, tot und mit erloschenen Augen, und dahinter, noch nicht ganz die Grenze des wirklich Sichtbaren erreichend, aber schon da, war die Lichtgestalt. Der Todesengel, der erneut gekommen war, um hin zu holen.
    » Du hast uns verraten, Mark. Du hast uns alle getötet. «
    Er schrie. Es war ein lautloser Schrei, denn seine Kehle war zugeschnürt, aber er hallte in seinem Kopf wider und machte aus der schwarzen Spinne der Furcht einen rasenden Wirbel, der sein klares Denken und seine Vernunft verschlang. Entsetzt riß er die Arme vor das Gesicht und taumelte rückwärts vor der Gestalt davon, die vor ihm aus dem Licht trat und die Hände nach ihm austreckte.
    » Du hast uns verraten. Wir haben dir vertraut und unser Leben war der Preis. «
    Mark taumelte weiter. Er prallte gegen die Wand, schlug wimmernd die Hände vor das Gesicht und krümmte sich wie unter Schlägen, obwohl die Gestalt nicht näher gekommen war, sondern ihm im gleichen Abstand folgte, was das Geschehen nun vollends zum Alptraum werden ließ. Der unsichtbare Verfolger aller bösen Träume aller Zeiten war da, die Schimäre, die immer hinter einem war, immer Schritt hielt, ganz gleich, wie schnell oder langsam man auch lief. Aber dieser Vergleich war ungefähr und einseitig – in einem Traum konnte einem das Monster nichts tun, solange man sich nicht herumdrehte und es ansah, aber dieses Geschöpf kam näher, langsam, aber unerbittlich.
    Marks Rücken schrammte an rauhem Stein und an rostzerfressendem Metall entlang, und er spürte, wie sich die Tür schwerfällig hinter ihm bewegte, sich öffnete. Er wollte nicht hindurchgehen.
    Er durfte es nicht.
    Wenn er es tat, dann würde er sterben. Hier und jetzt und endgültig – und vielleicht nicht einmal wirklich tot sein, sondern für alle Zeiten in diesem Alptraum gefangen.
    Wimmernd vor Angst wich er weiter zurück, und auch die Tür bewegte sich weiter. Langsam und träge und mit der Schwerfälligkeit ihres großes Gewichtes, aber auch dessen Beharrlichkeit.
    Der Herzschlag wurde lauter, als die Tür sich weiter öffnete. Mark schrie erneut, taumelte zurück und riß die Arme herunter um mit einer rudernden Bewegung um sein Gleichgewicht zu kämpfen. Die Gestalt war jetzt ganz nahe; ein bleicher Schemen ohne klar umrissene Konturen oder Gesicht, aber von tödlicher Bedrohung.
    »Mark!«
    Der erste Schlag ging ins Leere, aber sein zweiter Hieb traf und schleuderte die unheimliche Erscheinung zurück. Ein gellender Schrei schnitt wie ein Messer in seine Gedanken, und gleichzeitig spürte Mark, wie er erneut und von der Wucht des eigenen Hiebes zurückgeworfen das Gleichgewicht verlor und jetzt

Weitere Kostenlose Bücher