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Azrael

Azrael

Titel: Azrael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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kontrollierte. Überall hatte er seine Finger im Spiel, niemals geschah etwas, was er nicht zuallererst erfuhr. Auf der ganzen Welt arbeiteten Leute für ihn. Die Menschen kannten ihn nur als Mr. Lambent. Doch es gab noch andere Wesen.
    Nun schaute er den Mann an, der in einem dunkelblauen Anzug an einem der Bücherregale lehnte. Schweigend und distanziert beobachtete Jason die Ereignisse mit aufmerksamen blauen Augen. Er war Sams Assistent – attraktiv, effizient, stets tadellos gekleidet, scharfsinnig, gehorsam und unerschütterlich loyal – und ein Incubus, eine bedauerliche missglückte Schöpfung des Alten Mannes, zusammen mit den restlichen fehlerhaften oder grausigen Wesen auf der Erde gelandet.
    Da Sam gerade an Michael und grausige Wesen gedacht hatte … »In Manhattan läuft ein Serienvergewaltiger frei herum, Jason. Den unser Erzengel in Blau verzweifelt sucht. Ist das nicht einer von deiner Sorte?«
    Jason nickte, seine blauen Augen glitzerten wie zermalmte Saphire.
    Darüber dachte Sam kurz nach. Seit Monaten fahndete Michael in ganz New York nach dem Verbrecher, und es sah dem einstigen Krieger gar nicht ähnlich, solche Täter entrinnen zu lassen. Samael verachtete Vergewaltiger, schwache Kreaturen, die sich auf die Allerschwächsten in der Schöpfung stürzten. Aber was Jason war – oder einmal gewesen war – stand auf einem anderen Blatt.
    Incubi, diese männlichen Dämonen, nährten sich von Lust und Sex wie Vampire von Blut. Bei ihren Attacken nutzten sie keine körperlichen Kräfte, sondern unterwarfen die Opfer im Schlaf ihrem Willen. Oft schwängerten sie die Frauen. Auf diese Weise vermehrten sie sich.
    Normalerweise waren Incubi vorsichtig genug, nur Frauen zu überfallen, die regelmäßig mit Männern schliefen, um sonst unerklärliche Schwangerschaften zu vermeiden. Auch waren sie so raffiniert, ihren Kindern Gene, die denen der menschlichen »Väter« ähnelten, zu vererben und die Mütter so vor Verdächtigungen zu schützen.
    Anders als so mancher Serientäter tötete der Vergewaltiger von New York seine Opfer nicht. Inzwischen erinnerten sich schon über fünfzig Frauen vage, aber ziemlich verstört an einen sonderbaren gut aussehenden Mann in ihrem Bett. Und alle waren sie schwanger. Das trieb die Polizei von New York fast zum Wahnsinn, denn wie Blutuntersuchungen ergaben, schienen sämtliche Embryos von den Sexualpartnern der Frauen abzustammen, obwohl diese Frauen ausnahmslos unter Eid und auch im Rahmen von Lügendetektor-Tests schworen, sie seien von einem Fremden geschwängert worden.
    »Allmählich kommt er dahinter«, sagte Jason und unterbrach damit Sams Gedanken. »Michael, meine ich.«
    Sam nickte. »Das kann ich mir vorstellen.« Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis der Erzengel zwei und zwei zusammenzählen und überirdische Aktivitäten vermuten würde. Was Samael irritierte, war die Existenz des Incubus. Seit Jahrhunderten hatten diese speziellen Dämonen ihre schönen Gesichter nicht mehr gezeigt. Wie die meisten übernatürlichen Geschöpfe des Alten Mannes waren sie größtenteils in der Versenkung verschwunden, weil sie einander nicht bekämpfen und umbringen wollten.
    Sams Ansicht nach drohte der Welt höllischer Ärger. Irgendwer oder irgendwas hatte einen Funken entzündet. Seit etwa zwei Jahrzehnten tauchten immer mehr zuvor verborgene Wesen aus ihren Schlupflöchern auf. So wie jetzt die Sternenengel. Nach zweitausend Jahren. Aus diesem Grund hatte Samael angenommen, Daniel würde nun auch den vierten Sternenengel ausfindig machen können.
    »Sam.« In Liliths sanfter Stimme schwangen Enttäuschung und Ungeduld mit, als sie neben Daniel aufstand. Noch hatte Samael dem einstigen Adarianer nicht erlaubt, den hellseherischen Zustand zu verlassen. Mit Körper und Seele war der Sklave seinem Herrn auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    Langsam ging Sam zu dem knienden Mann. Daniel kannte den Namen des vierten Sternenengels nicht. Aber weil er wusste, zu welchem Erzengel die Frau gehörte, konnte er wenigstens ihr Gesicht heraufbeschwören.
    »Wie sieht sie aus?«, fragte Sam möglichst ruhig.
    Krampfhaft und sichtlich gepeinigt, schluckte Daniel. »Sehr schön«, zischte er. »Rotes Haar, braune Augen. Und sie sieht aus …« Er verstummte, und Sam verlor die Geduld.
    »Wie?«
    »Wütend. Sie bekämpft jemanden.«
    Sam zog die Brauen hoch. Ein kampflustiger Sternenengel. Interessant. »Erzähl mir mehr«, befahl er, immer noch mit ruhiger Stimme. Lilith

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