Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Azrael

Azrael

Titel: Azrael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
Vom Netzwerk:
wie sie. Bald würden sie heiraten. Wie Juliette. Nach der Hochzeit würden sie ein Haus am Stadtrand kaufen und Kinder kriegen.
    Sophie arbeitete in einem Hotel. Demnächst würde sie aufs College gehen. In ihrem Leben gab es keinen Mann. Obwohl sie im gleichen Alter war wie dieses Paar, befanden sie sich in völlig verschiedenen Phasen ihres Daseins. Plötzlich wurde sie von einem seltsamen Gefühl erfasst. Als hätte sie ein Boot verpasst, würde allein auf dem Pier stehen und hoffnungslos aufs Meer schauen.
    »Sophie?«
    Der wundervolle Klang dieser Stimme riss sie aus ihren traurigen Gedanken, und sie sah den Erzengel an ihrer Seite an, erwiderte seinen betörenden Blick.
    »Juliette hat mir erzählt, Sie würden nach San Francisco übersiedeln«, sagte er lächelnd. »Aber ich wusste nicht, dass Sie von Pittsburgh aus starten werden.«
    »Übermorgen reise ich ab«, erklärte sie, um einen beiläufigen Ton bemüht.
    »Wenn ich mich recht entsinne, werden Sie an der Berkeley University studieren.«
    Das hatte Juliette erwähnt? »Ja«, bestätigte sie und schaute wieder auf die Menschenmenge hinab. Wow, diesmal hast du seinem Blick ein paar Sekunden länger standgehalten. »Im Herbst fange ich an.«
    »Welches Hauptfach?«
    Sophie kaute an ihrer Unterlippe. Sollte sie’s ihm sagen? »Molekularbiologie« oder »Jura« würden imposanter klingen als »Tanz«.
    Aber er ersparte ihr solche Überlegungen. In seinen Sessel zurückgelehnt, schenkte er ihr wieder sein betörendes Lächeln. Sein Blick glitt über ihr Gesicht zu ihrem Hals – und tiefer hinab. »Soll ich raten?« Az funkelte sie herausfordernd an. »Tanz.«
    Sophies Augen wurden schmal. »Anscheinend kann meine Freundin den Mund nicht halten.«
    Da warf Azrael seinen Kopf in den Nacken und lachte, und das hörte sich so sündhaft köstlich an, dass ihr ganz heiß wurde. »Okay, Sie haben mich durchschaut«, gab er zu. »Aber ich hätte es erraten können, weil Sie wie eine Tänzerin aussehen.«
    »Eine uralte Anmache«, meinte sie und erwiderte sein Grinsen.
    »Nun, ich bin einer der ältesten Männer auf diesem Planeten.« Zu ihr geneigt, fragte er in ernsterem Ton: »Wenn ich Sie anzumachen versuchte – hätte ich Erfolg?«
    Aus ihrem Gesicht wich alles Blut, dann stieg es ihr in Hals und Wangen. Ihr wurde schwindlig. In ihren Ohren rauschte es. Flirtete der ehemalige Todesengel tatsächlich mit ihr?
    »Eh …« Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. O Gott, saß was, Mädchen! ,schrie eine innere Stimme. »Ja«, würgte sie schließlich hervor, brennende Röte im Gesicht.
    »Sehr gut.« Az lachte leise, beugte sich noch näher zu ihr und füllte ihr Gesichtsfeld aus. »Genau das hatte ich geplant.«
     
    Az lauschte dem Stepptanz ihres Herzens, der Duft ihres Blutes erregte seine Sinne. Im Lampenlicht der Loge glänzte Sophies langes blondes Haar und schien um eine Berührung zu flehen. Ihre Augen leuchteten wie die Sonne. Was er soeben gesagt hatte, glaubte sie nicht. Sie dachte, er würde mit ihr spielen. Weil er der Erzengel Azrael und sie nicht für ihn bestimmt war, könnte er es nicht ernst meinen.
    Unsinn. Wie sie sich immer wieder herabsetzte, begann ihn zu ärgern. In den letzten Nächten hatte er so viele ihrer Gedanken gelesen. Und viel zu viele quälten Sophie. Für ihn war sie die kostbarste Frau auf der Welt, und sie behandelte sich selbst wie das unwürdigste aller Geschöpfe. Natürlich ahnte sie nicht, dass sie ein Sternenengel war. Aber auch wenn sie keiner wäre – an ihrer äußeren und inneren Schönheit gab es keinen Zweifel.
    Auf dem Weg von ihrer Sitzreihe zu den Aufzügen hatten die Männer sie angestarrt und bewundert. Sie besaß einen graziösen Gang, ihre Haut schimmerte. Und der Sonnenschein in ihren Augen fesselte alle Blicke. Ihr Charisma war überwältigend. Davon hatte sie keine verdammte Ahnung.
    Manchmal fühlte er sich versucht, ihren Willen seinem zu unterwerfen, ihrem Gehirn die Wahrheit aufzuzwingen. Doch das wollte er nicht. Wenn er sich einen versklavten Sternenengel wünschte, hätte er sie von Anfang an knechten können. Nein. Zu Sophies bedeutsamsten Vorzügen gehörte die Kraft, die in ihrer hochgewachsenen, schlanken Gestalt steckte. Dass sie durch die Hölle gegangen war, wusste er. Gewisse Teile ihrer Erinnerungen glichen einem finsteren Dickicht. Nicht einmal Az konnte sie durchdringen. Nicht, ohne ihr wehzutun.
    Trotzdem hatte sie das alles bewältigt und sich zu der Frau entwickelt, die sie

Weitere Kostenlose Bücher