Azraels Auftrag (German Edition)
sie sich nicht um eine unsichtbare, gewölbte Schale, um das Visier zu formen. Es bildeten sich dünne, tastende Finger auf der Suche nach der abzubildenden Form.
Die Flüssigkeit floss sehr langsam nach unten. Behutsam tasteten sich die Ausläufer vorwärts, zuckten zurück und schmiegten sich anschließend an die neu gefundene Form.
„ O-oh, ich glaube, da stimmt was nicht“, teilte Carlos mit. Die Strukturflüssigkeit strömte wieder schneller, als wenn sie es plötzlich eilig hätte, den Helm zu schließen und legte auf Carlos’ Stirn.
„Pellagrethos-damos, der Helm legt sich viel zu eng an, ich spüre, wie die Flüssigkeit direkt über meine Stirn läuft.“
Carlos’ Herz begann zu rasen.
„Eleeya..., die Helmflüssigkeit klebt auf meiner Haut, sie läuft gleich an meinen Schläfen runter... Eleeya, ich spüre sie schon auf dem Nasenrücken...” Carlos’ Atem raste.
„Ahh..., ich habe Angst, dass..., HELM-AUS, RUNTER..., NEEEIN.”
Der Rest des Satzes ging in einem Schrei unter. Die Flüssigkeit erreichte die Augen, fand aber dort keinen nennenswerten Widerstand und floss in die Augenhöhlen, in der sich nur noch klebrige Gewebereste befanden.
„Carlos“, schrie Eleeya. „Was ist los?“
Voller Panik griff Carlos mit der linken Hand in die Strukturpaste und versuchte, sich die zähe Flüssigkeit aus den Augenhöhlen zu zerren, als der Anzug auch schon die extreme Kreislauf- und Neuronenveränderung registrierte.
Sofort zog sich die blaue Paste zurück und unternahm einen erneuten Versuch, den Helm zu schließen. Diesmal jedoch in einem Abstand von ein bis zwei Zentimetern von der Oberfläche des Gesichts entfernt.
Die Flüssigkeit fand ihr Ziel am vorderen Halskranz, wodurch die Bildung des Helms abgeschlossen war, nur die endgültige Verfestigung blieb aus. Als Carlos merkte, dass der Schmerz aufhörte, hörte er auf, sich den Helm vom Gesicht reißen zu wollen.
Nur ein dumpfes Pochen in den Augen blieb zurück. Die zähflüssige Strukturpaste des Helms befand sich immer noch in Bewegung und formte Carlos’ Gesichtskonturen nach, wodurch eine dunkelblau reflektierende Maske mit Carlos’ Gesichtszügen entstand.
„Es ist OK“, murmelte Carlos. „Es ist OK. Mein Helm ist nun fast geschlossen, er wird aber nicht fest.“
„Warum hast du geschrien, Carlos? Was ist geschehen?“ fragte Eleeya.
„Der Anzug war etwas, na ja, etwas heftig vorgegangen. Ich hatte den Eindruck, dass er sich über meine Gesichtskonturen gelegt hat und dort eingedrungen ist, wo früher mal meine Augen waren.“
Mika spürte Übelkeit in sich aufsteigen.
„Carlos, das Wichtigste ist, das wir mit dir sprechen können, dich aber deine Außenwelt nicht mehr hören kann. Es könnte sonst nämlich sein, dass ein paar der größeren Lebensformen angelockt werden. Ich bin mir nicht sicher, ob dein Anzug, oder vielmehr dein Schutzschirm, noch funktioniert“, sagte Eleeya. „Carlos, du wirst sehen, es wird alles gut werden. Aber ich muss jetzt weitermachen.“
„Ja, ist OK.“
Wieder legte er den Kopf in den Nacken, als ein paar Äste schräg über ihm knackten.
„Mika, ich glaube, ich kriege wieder Besuch“, gab Carlos durch.
„Bleib einfach ruhig sitzen und beweg dich nicht. Der geschlossene Anzug verhindert auch, dass die Viecher eine Witterung aufnehmen können. Den Rest wird der Glühbolt machen.“
Und tatsächlich bemerkte Carlos eine schwache Leuchterscheinung.
Nichts großartiges, nur ein kurzes Aufflackern, gefolgt von einem Aufjaulen, das sich schnell in der Ferne verlor.
Ein Ruck ging durch Carlos.
Ein Aufflackern? fragte er sich. Wie konnte so etwas möglich sein? Carlos drehte den Kopf hin und her. Schemenartige Strukturen wurden ihm bewusst.
Dunkle Umrisse, aber auch helle, fleckige Bereiche über ihm. Doch auf eine nicht erklärbare Art und Weise spürte er, dass diese Wahrnehmung nichts mit seinem Sehvermögen zu tun hatte.
Der Eindruck der Leuchterscheinungen kam aus verschiedenen Richtungen gleichzeitig.
„Mika, ich glaube, hier geht gerade was Tolles ab.”
„Wie meinst du das?“ fragte Mika. Die Windböen in der Polarregion hatten sich mittlerweile in einen Sturm verwandelt. Es bildeten sich immer wieder gewaltige Wirbel, wenn der Wind die scharfen Kanten des Typhoonwracks umspielte.
Mika ging in die Hocke und drückte sich näher an die Rumpfunterseite unter den Resten der linken Tragfläche.
„Mika, ich habe das Gefühl, der Anzug ist zum Teil immer noch in meinen
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