Azraels Auftrag (German Edition)
Worte bereits vorher schon da waren, war es, als ob sich zum ersten Mal seit langer Zeit eine geheime Tür geöffnet hatte. Carlos wurde von einer Welle aus Gefühlen überrollt. Seine Gedanken zuckten wie wild, als er an einen Namen dachte:
„... ELEEYA !“
YAA erwiderte nichts. Tiefe Wellen durchströmten Carlos, als er an das dachte, was er verloren hatte. Verloren, bevor er es überhaupt besessen hatte. Nach langer Zeit, die nicht in Minuten und Stunden zu messen war, setzte sanft YAAs körperlose Stimme wieder ein:
Ja, Carlos, natürlich scheint es auf den ersten Blick, als ob diese Macht der Wächter versuchte, uns auszulöschen. Doch wir erkennen auch mehr dahinter. Es sieht so aus, als ob ein paar Details viel zu konstruiert sind. Viel zu offensichtlich erscheint es für uns, dass die ganze Mission, die du als Auftrag bezeichnest, gar nicht zum Erfolg führen sollte!
Carlos konnte den Ausführungen nicht folgen.
„Was soll das bedeuten?“ fragte er.
Nun, diese Wächter hätten euch doch ganz eindeutig mit mehr Informationen versorgen können.
„Nein, sie sagten, dass dies nicht gehen würde. Ihr Wissen um die Zukunft dürften sie nicht an uns weitergeben.“
Ja, ich weiß, was du meinst. Aber immerhin hätten sie auch eine ganze Armee schicken können mit den tödlichsten Waffen, die uns innerhalb eines einzigen Moments vernichtet hätten. Warum haben sie dies nicht?
Warum waren sie dieses Mal so besessen darauf, eine der Ihren zu schicken um sie erst vor Ort die richtigen Schlüsse ziehen zu lassen?
Carlos stutzte immer noch.
Auf Zwischenwelt vergeht die Zeit wesentlich langsamer als im restlichen Universums. Eleeya - sie hätte doch auf Zwischenwelt beliebig viel Zeit gehabt, um das Wissen zu erlangen, das notwendig gewesen wäre. Ihre Ausbildung hätte –zig Jahre andauern können. Selbst wenn ihr zusammen viele Jahre länger ausgebildet worden wäret, wären andernorts nur wenige Minuten vergangen. Die Wächter hätten dies steuern können, ohne ihr geheimes Wissen preiszugeben. Warum die überhastete Eile? Wegen des Zeitstroms? Nicht in dieser Sphäre, die ihr Zwischenwelt nennt!
Warum also machten sie diesen Aufwand und legen alles in die Hand eines einzelnen Wesens, dem sie offensichtlich so wenige Informationen geben? Und wieso schärfen sie Eleeya immer wieder ein, dass sie vor Ort aufgrund ihrer eigenen Schlüsse entscheiden soll?
Für uns stellt sich daraus nur eine einzige Schlussfolgerung!
Carlos lauschte dem gedanklichen Strom.
„Welche“, fragte er.
Dieses vermeintliche Scheitern war von Anfang an geplant! Es ist Teil eines gewagten Spiels. Euer Auftrag ist noch lange nicht beendet! Wir nehmen an, dass sich in der Sphäre der Wächter zwei unterschiedliche Interessengruppen gebildet haben. Und dass ihre wahren Absichten nur durch einen lange vorbereiteten Spielzug, wie diesen hier, so lange als möglich verschleiert werden konnten.
Euer Auftrag geht weiter!
Carlos, teile deine neuen Erkenntnisse mit deinen Gefährten! Sie müssen wissen, was du jetzt weißt.
Wieder schwappte eine Welle verschiedenster Gefühle über Carlos hinweg, als er daran dachte, Mika wieder zu sehen.
Und Eleeya!
Doch dann wurde er sich über seinen jetzigen Zustand bewusst. Seiner neuen Heimat im Schwarmgefüge. Er würde niemandem mehr gegenüberstehen!
Das sehen wir etwas anderes – wenn du möchtest, kannst du dich gerne gleich mit Loorn unterhalten, es bereitet sich ebenfalls vor. Aber als erstes musst du deine Gefährten informieren! Rede mit ihnen. Ihr müsst euch unbedingt treffen!
Waldmond
Der Tag- und Nachtrhythmus war extrem kurz. Alle sechs Stunden wechselten sich Sonnen- und Sternenlicht ab. Und alle sechs Stunden zog ein mittelschwerer Sturm über die Oberfläche.
Das Sonnenlicht war bereits verschwunden. Das Helmdisplay des Anzuges war zwar in der Lage, verborgene Gefahren ohne Tageslicht deutlich darzustellen, doch Mika war für die kurze Verschnaufpause recht dankbar. Und so kauerte sich Mika hinter einem Felsvorsprung zusammen, um die letzte halbe Stunde des täglichen Sturms abzuwarten.
Es lagen noch Reste von Schnee auf dem kargen Felsboden. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde Mika in eine tiefere Region kommen, in der laut Armdisplay eine dichte Flora vorherrschte.
Regen prasselte gegen den geschlossenen Helm und die Falschfarbauswertung des Helmdisplays erzeugte hellrote Schlieren der Regentropfen, die vom Sturm waagrecht über die Landschaft
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