Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
zwei Wasserflüsterer zu Dracion, Hippolyta und Paradise stießen. Im Gegensatz zu ihnen blieb ich intuitiv stehen.
Zwar kniete die Königin, hatte ihr Haupt aber erhoben, jeder einzelne Muskel ihres Körpers war angespannt. Auch kniend bot sie ein Beispiel majestätischer Ausstrahlung.
»Nicht nur das«, bemerkte sie trocken. »Alastair war es, der alles in die Wege geleitet hat.« Ihre Blicke hätten töten können, als sie Alastair ansah. »Aber ganz gleich, was Ihr tut, Alastair, Ihr werdet die Dynastie niemals auslöschen können.«
Alastair hatte uns bis eben den Rücken zugewandt, nun drehte er sich zu uns herum. Sein schwarzes, langes Haar tanzte um sein maskulines Gesicht, in Bewegung gesetzt von der fließenden Drehung.
»Das habe ich auch nicht vor«, sagte er sanft. »Ich bin da, um die Dynastie weiterzuführen. Nur ist es deswegen nicht notwendig, dass alle in diesem Saal überleben.«
Er lächelte leicht und amüsiert. Mir wurde klar, dass er sich selbst in dieser Situation gefiel. Alastair stand da, die Arme hingen scheinbar locker zu beiden Seiten seines gestählten Körpers herabhängend, das Kinn ein wenig in die Höhe gereckt, sodass der Blick aus seinen faszinierenden Augen herablassend von oben zu kommen schien.
Von ihm ging eine Kälte aus, die aus seinem Innersten strömte. Trotzdem sah ich wieder die Flammen in seinen Augen. Ein Feuer, das sich eiskalt durch Azulamar brannte.
Das Lächeln verbreiterte sich ein wenig. »Aber das versteht Ihr wahrscheinlich nicht, Hippolyta. Dass man Opfer bringen muss, wenn man gewinnen will.«
»Oh, das verstehe ich gut. Ich habe oft so gehandelt, aber nie habe ich andere die Opfer bezahlen lassen«, schleuderte ihm die Königin hasserfüllt entgegen. Sie verlor ein wenig ihre Fassung, rang zugleich mit sich selbst, um sie wiederzugewinnen.
Doch in Alastair ging irgendetwas vor.
Sein Lächeln erstarb auf den Lippen; es schien immer mehr zu gefrieren, je länger niemand ein Wort sprach. Die Wasserflüsterer um uns herum spürten genau wie ich diese Unruhe, die ihn mehr und mehr durchzog. Alastair schwieg, und ich glaubte schon, er würde gar nicht mehr antworten, doch dann öffnete er den Mund.
In ihm loderte Verachtung für Hippolyta auf; er sah so aus, als hätte er sie am liebsten angeschrien.
Doch stattdessen erwiderte er leise, ja, kaum hörbar: »Ihr seid eine furchtbare Lügnerin, Hoheit. Durch Eure Heucheleien tretet Ihr den letzten Respekt, den ich vor Euch hatte, mit Füßen.«
»Beleidigt meine Großmutter nicht!« Paradise’ Stimme überschlug sich fast. »Sie ist außerhalb Eures Niveaus! Niemals werdet Ihr so hoch stehen wie wir! Ihr seid nicht königlichen Geblütes, Alastair!«
Gebannt verfolgte ich, wie Alastair ihr ein müdes Lächeln schenkte.
»Und Ihr seid keine Prinzessin, Paradise. Ihr seid ungestüm und wild, jedenfalls gebt Ihr das vor, und doch seid Ihr bezähmbar. Vielleicht mag mein Blut nicht so verwurzelt sein wie das Eure, jedoch bin ich mit der Saat der Wassermagie gesegnet, im Gegensatz zu Euch.«
Er drehte sich zu dem Thron Hippolytas herum, machte ein paar Schritte darauf zu und legte schwärmerisch den Kopf in den Nacken. »Euch, Paradise, gehört diese Waffe, der Dreizack des Poseidon, ebenso wenig wie Hippolyta oder River.«
»River ist der Thronfolger, nicht Ihr!«, spie ich plötzlich aus. »Ihr werdet niemals über Azulamar herrschen!«
Alastair wandte sich augenblicklich zu mir um, um ein spöttisches Lachen auszustoßen. »Mutig, mutig, solche Worte in mein Gesicht zu schleudern. Oder nein, halt. Ihr habt sie mir nicht ins Gesicht geschleudert, ich habe Euch ja gar nicht in die Augen geblickt. Traut Ihr es Euch jetzt auch noch?«
Alastair kam wieder auf mich zu, sein Blick schien mich bewusstlos machen zu wollen, so intensiv war er.
»Ihr müsst wissen, Alastair, dass ich einen Stiefvater habe, der derartig eisige Blicke mindestens genauso gut beherrscht wie Ihr«, erwiderte ich nonchalant. »Ihr macht mir keine Angst, und deswegen sage ich es Euch gerne noch einmal: Ihr werdet River nicht besiegen und Ihr werdet nicht über Azulamar herrschen. Ich sehe, dass es nicht Euer Schicksal ist.«
»Nicht nur naiv, sondern auch leichtsinnig. Eine törichte Mischung, meint Ihr nicht?«, stellte Alastair fest, doch ich konnte erkennen, dass sein Interesse an mir erneut geweckt worden war.
»Und Ihr? Größenwahnsinnig und anscheinend sogar leicht zu reizen. Auch eine törichte Mischung«, konterte ich
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