Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
dran, abzulehnen, entschied mich jedoch anders. Bellatrix hatte mir bereitwillig Auskunft über River gegeben, weil er mich interessierte – wenn auch auf eine ganz andere Art und Weise, als Bellatrix sich für Eric interessierte –, und nun bat sie mich eben um freundschaftliche Hilfe.
»Ich kann nichts versprechen«, warnte ich sie. »Aber versuchen kann ich’s.«
Sie umarmte mich euphorisch. »Danke, Ashlyn.«
Ihre dunklen Augen blitzten glücklich.
In diesem Moment wurde die Tür zum Diner’s geöffnet, und River kam herein. Sein Haar war nass und strähnig, als wäre er gerade schwimmen gewesen (denn es regnete seit Stunden nicht mehr), außerdem wischte er sich mit einem weißen Lappen die Tropfen von der Stirn. Sein wachsamer Blick fiel sofort auf Bellatrix und mich, und ich konnte nicht anders als zu erröten.
Es wirkte nun tatsächlich so, als würde ich ihn verfolgen.
Verlegen starrte ich auf meinen Teller, mir bewusst, dass er noch immer halb in der Tür stand und zu mir hersah. Überlegte er, ob er zu uns herüberkommen sollte? Oder wollte er gleich wieder verschwinden?
Er schlug die Tür zu und ich zuckte zusammen.
»River! Was ist denn los?«, hörte ich Giles reden, doch was River antwortete, konnte ich nicht mehr hören.
River verschwand im Hinterzimmer und ließ Bellatrix und mich allein.
Als ich an diesem Abend nach Hause kam und mich auf mein Bett legte, konnte ich an nichts anderes mehr denken als an River. Ich fühlte michnicht verliebt – wie sollte man sich auch in einen solchen Menschen wie ihn verlieben? –, aber immer, wenn ich die Augen schloss, sah ich nur sein Gesicht vor mir.
Es kam mir mittlerweile immer mehr so vor, als wäre ich ihm schon früher einmal begegnet, in einer Vergangenheit, an die ich mich eigentlich nicht mehr erinnern konnte. Es war ein bisschen so, als wäre er ein großes, geheimnisvolles Déjà-vu, das über Tage hinweg aufrechterhalten wurde. Also lag ich auf meinem Bett, starrte zu meiner Pinwand und stellte bedrückt fest, dass die lächelnden Gesichter meiner ehemaligen Freunde überhaupt nicht mehr zu mir passen wollten.
Seufzend stand ich auf, nahm sie ab und verschloss sie in einer kleinen Schachtel, in der ich andere Fotos aufbewahrte. Es war ein kurzer, schmerzvoller Prozess – denn ich entledigte mich damit soeben eines Stückes meines Lebens.
Aber wenn ich nun an mein Leben dachte, das eigentlich erst seit drei Tagen so war, dann dachte ich an Scott und Barney, an Tyler und Eric, an Mandy und Bellatrix, an Gregory und Isabel – und an einen hasserfüllten River, der eine größere Faszination auf mich ausübte, als mir lieb war.
Es war nicht so, als ob ich ihn vermissen würde, in diesen Stunden in meinem Zimmer, nein. Denn ich wusste – wäre er nun hier, würde er nichts anderes tun, als auf mir herumzuhacken. Aber ich wollte mit ihm sprechen. Das Geheimnis lüften, das hinter seinen wunderschönen blauen Augen verborgen lag. Und etwas in mir sagte mir, dass die rätselhafte Narbe auf seiner Schläfe dazugehörte.
Unruhe durchwob meine Seele, als ich wieder aufstand und mich ans Fensterbrett setzte. Ein hinreißender Regenbogen spannte sich über den ganze Himmel und verwandelte ihn in ein vanillefarbenes Zelt. Eines musste ich zugeben – in Melbour gab es viel schönere Himmelsformationen als in Los Angeles.
Ob River gerade den gleichen Regenbogen sehen konnte?
Ich entrang mir ein weiteres Seufzen. Sicher, ich vermisste Los Angeles’ Lebendigkeit, aber jetzt, plötzlich, wollte ich nicht mehr aus Melbour weg.
Unten hörte ich Gregory mit jemandem streiten. Nachdenklich ging ich zur Tür, öffnete sie und lauschte. Sicher, ich wollte niemanden belauschen, aber meine menschliche Neugier befahl mir, doch einmal nach dem Gegenstand des Streites zu suchen.
»Hat sich Skelter nicht klar ausgedrückt?«, vernahm ich die laute Stimme Gregorys, die trotz der Lautstärke ihre Eisigkeit nicht verloren hatte.
»Sir, ich
kann
noch nicht zahlen … Ich habe alles versucht, aber ich konnte kaum meine Strom- und Wasserrechnung begleichen und …«
»Genug! Ich habe von Ihren Ausflüchten genug gehört. Wenn Sie Ihre Schulden bei mir nicht begleichen können, dann schmeiße ich Sie eben aus Ihrer Wohnung raus.«
»Aber Mr. Aames, das können Sie doch nicht machen!«
Ich hörte, wie Skelter im Hintergrund trocken auflachte. Selbst Gregorys Stimme klang amüsiert.
»Und ob ich das kann. Und jetzt raus. Ich will Sie nicht mehr
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