Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
sehen!«
»Soll ich Sie zur Tür begleiten?«, bot Skelter sich sarkastisch an, doch ich hörte keine Antwort mehr.
Mit einem unguten Gefühl ging ich wieder auf mein Zimmer, trat auf den Balkon hinaus und konnte gerade noch sehen, wie Skelter einen dunkelhaarigen, verwahrlosten Mann an der Schulter nach draußen führte, zu einem Auto, das seine besten Tage wohl vor einem halben Jahrhundert erlebt hatte.
Der Mann, mit dem Gregory ganz offensichtlich gestritten hatte, warf in diesem Moment einen Blick nach oben, und wir sahen uns für den Bruchteil einer Sekunde an.
Ich fröstelte.
Er tat mir auf irgendeine Art und Weise leid, denn ich wusste, dass Gregory ihm mit seiner Kündigung gerade den Boden unter den Füßen weggezogen hatte, aber auf der anderen Seite kam mir soeben eine Welle von Abneigung und Hass entgegen, die mich in ihrer Intensität an die Ablehnung Rivers erinnerte. Der Unterschied in ihren Blicken lag nur darin, dass dieser Mann mich so ansah, als wolle er mir sagen, dass er nun nichts mehr zu verlieren habe – und das war das Schlimmste, was aus einem Menschen werden konnte. Jedenfalls sagten das sowohl Gregory als auch mein Vater Tom.
Skelter drückte ihn unsanft in sein Auto, schlug die Tür zu und verschränkte die Arme, während er zusah, wie dieser aus der Einfahrt fuhr und hinter der nächsten Straßenecke verschwand.
3. Kapitel
W ILLKOMMEN IN DER R EALITÄT
I n der darauffolgenden Nacht wiederholte sich der merkwürdige Traum. Ich wachte mitten in der Nacht schweißgebadet auf und brauchte einige Minuten, bis ich begriffen hatte, wo ich war.
Ich zitterte am ganzen Körper, hatte meine Hände im Schlaf in das Bettlaken gekrallt, und ein Gefühl von furchtbarer Angst breitete sich von meinem Herzen über meinen ganzen Körper aus. Doch dort, wo dieses Gefühl meine Glieder erreicht hatte, hörte ich auf zu zittern, bis ich schließlich ganz still lag. Die Augen hielt ich weit aufgerissen und starrte in die Dunkelheit, in der ich die Bäume draußen wispern hören konnte.
Ich befahl meinem Körper aufzustehen und wankte langsam in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. Langsam begann ich daran zu zweifeln, ob es gut war, am folgenden Tag mit Eric und den anderen den Bootsausflug zu machen, wenn mir momentan der Gedanke an offenes Wasser Angst machte.
Doch gleich, als ich diese Gedanken vollendet hatte, verwarf ich sie wieder. Das Ganze war lächerlich – ich liebte das Wasser, liebte es zu schwimmen, zu tauchen und alles andere. Warum sollte ich jetzt damit aufhören, nur weil ich einen etwas verrückten Traum hatte? Doch meine Fußknöchel schienen von dem festen Griff noch immer zu schmerzen, und ich hatte die Form des Schattens noch genau vor Augen.
Ich ging wieder nach oben und griff nach meinem Telefon. Kurzentschlossen wählte ich eine Nummer, drückte aber nicht auf die kleine grüne Taste, die mich mit meinem Vater verbinden würde.
Das war eine ganz natürliche Reaktion von mir gewesen – ich hatte Angst und ich wollte mit meinem Dad sprechen. So schnell wie möglich. Denn ich wusste, mittlerweile war meine Mutter nur noch auf Gregory fixiert, und sowohl sie als auch Eric würden mich auslachen, wenn ichjetzt, mitten in der Nacht, zu ihnen käme, um mit ihnen über einen Traum zu sprechen, der mir Angst machte.
Es war nicht die Gefahr an sich in diesem Traum, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, sondern viel eher der Wechsel von dem engelsgleichen Gesang und der Wärme des Wassers zu der dann eintretenden Katastrophe.
Ich knipste das Licht an und wühlte in der Fotokiste herum, bis ich ein Foto von meiner Familie entdeckt hatte. Damals war noch alles okay gewesen. Meine Eltern hatten sich geliebt, wie man sich nur lieben konnte – und ich war noch so jung gewesen, dass ich Albträume schnell wieder vergaß.
Außerdem hatte ich da noch niemanden gekannt, der mich so sehr verabscheute, wie es River wohl tat.
Eine merkwürdige Traurigkeit stieg in mir auf und erstickte die Angst ein wenig. Mir wurde nun langsam klar, dass ich mir wünschte, dass er mich nicht mehr hasste. Im Gegenteil – ich wollte seine Anerkennung, wollte nur ein einziges Mal ein Lächeln auf seinen Lippen sehen, das nicht bitter oder sarkastisch war.
Konnte das nicht gehen?
War das denn nicht möglich? Was konnte er denn so Schlimmes erlebt haben, dass er alle Menschen verabscheute?
Nachdenklich legte ich das Foto und das Telefon weg und kuschelte mich wieder unter die Decke. Und
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