Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
schmalen Weg, der sich von einer Erhöhung einen kleinen Berg hinabschlängelte und uns eine berauschende Aussicht auf das Wasser gab. Obwohl ich schon so oft zu Sonnenaufgang schwimmen gewesen war, konnte ich mich auch dieses Mal an diesem Anblick nicht sattsehen und versenkte meinen Blick in die glitzernde Pracht.
Endlich waren wir unten angekommen. River parkte das Auto in einer eher schattigen Felslücke. Hier würde sicherlich kaum jemand hinkommen, denn der eigentlich schöne Sandstrand war mit meterhohen Felsbrocken durchsetzt, an denen sich die Wucht der Brandung brach.
Wir stiegen aus, und ich begann, meine Bluse auszuziehen.
Und sofort hörte ich Rivers leicht spöttisches Lachen.
»Was ist?«, fragte ich besorgt.
»Willst du nackt Azulamar besuchen?«, fragte er, während er sich aus seiner Jacke schälte und aus seinen Schuhen und Socken schlüpfte.
»N-nein«, erwiderte ich unsicher. »Meinen Bikini wollte ich schon anlassen.«
River zog verächtlich eine Augenbraue hoch. »Jetzt mal ganz im Ernst, Ashlyn: Würdest du nur einen Bikini anziehen, wenn du durch Washingtons Straßen gehen würdest?«
»Nein, natürlich nicht, aber –«
»Nun, Azulamar ist
unsere
Hauptstadt. Wir laufen da garantiert nicht alle halbnackt rum, wie du dir das gerade vorstellst. Wir sind doch nicht ›Arielle, die kleine Meerjungfrau‹ von Disney, die nur Bikinioberteile aus Muscheln trägt.« River klang so, als wäre er zum Teil belustigt und zum Teil verärgert.
»Das tut mir leid, ich wusste das nicht …«, murmelte ich, während ich meine Bluse wieder zuknöpfte.
River bemerkte, dass er mich verunsichert hatte, trat auf mich zu, schloss mich für einige Sekunden in die Arme und lächelte mich an. »Es wird alles gutgehen. Verzeih mir, ich hatte das Gefühl, du würdest schon viel mehr über Azulamar wissen. Du bist ein Teil meiner Welt geworden, genau wie Azulamar auch, und ich hätte sensibler sein müssen.«
»Es ist okay«, antwortete ich schlicht, und unsere Lippen trafen uns zu einem zärtlichen Kuss. River selbst zog auch sein Hemd aus, darunter trug er jedoch ein weißen, enges, ärmelloses Shirt aus Baumwolle. Es lag direkt auf seiner Haut auf, und ich musste aufpassen, ihn nicht anzustarren – denn seine Muskeln zeichneten sich so makellos unter dem dünnen Stoff ab, dass mir beinahe keine andere Wahl blieb.
»Eigentlich wollen sie, dass ich die traditionellen Kleider von Azulamar trage, aber mir ist es zu umständlich, mich hier groß umzuziehen. Sie werden darauf auch einmal verzichten können.« Ein süffisantes Grinsen erhellte seine Züge, bevor er meine Hand nahm und direkt auf die scharfe Brandung zu ging.
»River? Was muss ich machen?«, flüsterte ich atemlos
»Versuch, die Brandung zu beschwichtigen. Dann ist es leichter für dich.« Ich hatte geglaubt, ich würde mir lächerlich vorkommen.
Aber ich tat es nicht.
Ich machte einen Schritt vorwärts, ließ etwas widerwillig Rivers Hand los und streckte meine Arme aus. Nach wenigen Sekunden spürte ich das Tosen und Donnern so intensiv, als würde das Wasser direkt unter meinen Handflächen rollen. Die schäumende Gischt erschien mir als helles, weißes Bild unter den geschlossenen Augenlidern. Kraft, pulsierende Kraft, das war es, was sturmartig durch meinen Körper floss.
Mit einem einzigen Ruck unterbrach ich die Verbindung und wurde von River nach hinten gerissen.
»Nicht so heftig!«, schrie er gegen die Welle an, die uns im nächsten Moment ergriff.
Jetzt wurde mir klar, was passiert war: Ich hatte die Kontrolle über das Wasser übernommen und gleichzeitig wieder losgelassen, sodass es seine eigenen, unsichtbaren Grenzen gesprengt hatte. Ich richtete mich auf und machte eine drückende Handbewegung, und der Sturm im Meer flachte sofort ab.
»Es funktioniert …«, wisperte ich, als ich erkannte, dass die Wellen immer kleiner wurden und schließlich ganz zum Erliegen kamen.
»Ich wusste, dass du es kannst.« River nahm wieder meine Hand und war, bevor ich protestieren konnte, nach vorne gesprungen, hatte mich mitgerissen und wir tauchten unter.
Das Erste, was mir auffiel, war, wie warm das Wasser war.
Ich war mal mit Eric surfen gewesen, und es war eiskalt gewesen, trotz des Surfanzuges. Und auch im Hochsommer hatte das Meer in diesen Gebieten keine besonders hohe Temperatur. Aber jetzt erschien mir das Wasser viel wärmer, aber nicht so heiß, dass es einen ermattet hätte, nein, es war gerade angenehm.
Hinzu kam innerhalb
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