Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
ihn erneut, heftig auf die Bremse zu treten. Da er an Ort und Stelle nicht aussteigen konnte, griff Franklyn zu einem Mittel, das er eigentlich nie mehr einsetzen wollte. Wutentbrannt induzierte er dem Rowdy eine Stromwelle ins Gehirn, die ihm das Gefühl vermittelte, eine Kopfnuss erhalten zu haben. Die virtuelle Kopfnuss sorgte dafür, dass das vorausfahrende Fahrzeug mächtig ins Schleudern geriet. Franklyn sparte nicht mit der Stromhöhe und interessierte sich in diesem Moment nicht für die Konsequenzen seiner Tat. Rachegedanken lenkten sein Tun. Oftmals macht man Dinge, die man kurz danach direkt bereut. Bei Franklyn konnte man eher von Genugtuung reden. Der Begriff der Reue war bei ihm momentan absolut fehl am Platz.
Schockiert fasste sich der rücksichtslose Fahrer an den Hinterkopf und fuhr, nachdem er seinen Wagen wieder unter Kontrolle hatte, sofort rechts an den Rand. Dort blieb er stehen und stieg aus. Er hielt sich jetzt den Kopf mit beiden Händen fest, denn die Kopfnuss hatte gesessen. Sie hatte nicht nur gesessen, sie hatte richtig massiv gesessen. Franklyn, dessen Wagen sich gerade wieder im Stillstand befand, musste vor Schadenfreude herzhaft lachen. Fast wäre er von der Spur abgekommen, so schlimm war sein Lachanfall. Gerade konnte er sein Fahrzeug noch unter Kontrolle bringen.
Über diese gemeingefährliche Waffe zu verfügen war einmalig. Traumhaft. Franklyn fühlte sich stark und mächtig. „Das hast du das letzte Mal getan, du Idiot!“, rief Franklyn aus seinem geöffneten Seitenfenster. Eine andere Möglichkeit hätte es für ihn nicht gegeben, dem Rowdy mal richtig eins auszuwischen. Er hätte ihn in dem dichten Gewühl niemals zu fassen bekommen. Und schließlich sollte die Nach-Hause-Fahrt nicht in einer wilden Verfolgungsjagd enden.
Als Franklyn zu Hause ankam, hatte er seltsamerweise ein schlechtes Gewissen. Warum eigentlich?
Er fragte sich, ob es gut war, eine n wenn auch noch so frechen Verkehrsteilnehmer derartig in Gefahr zu bringen, dass er fast mit einem anderen Fahrzeug kollidiert wäre. Nun gut, er war nicht kollidiert , ging es ihm durch den Kopf. „Fast kollidiert wäre“ ist Konjunktiv . Das schlechte Gewissen verschwand somit so schnell, wie es aufgetaucht war.
Seinen Freunden erzählte er nichts von diesem ungewöhnlichen Vorfall. Sicher war es nur eine einmalige Angelegenheit. Er schwor sich, seine Fähigkeit nie wieder zu missbrauchen.
Geständnisse
Es war Freitagabend. Die Freunde saßen wie schon öfter in diesem Jahr gemütlich am knisternden Lagerfeuer und erzählten sich lustige Geschichten. Sie lachten, tranken Bier und Wein (Sarah und ihre Freundin Jenny tranken natürlich Orangenlimonade) und genossen die abendliche Wärme. Kein Luftzug wagte es, die gute Laune zu stören.
Vor ihrer Zusammenkunft am Feuer hatten sie gemeinsam ein ausgiebiges Bad im Pool genossen, der bedingt durch seine ganztägig sonnige Lage bis auf dreißig Grad aufgeheizt war. Schöner und romantischer konnten Abende nicht sein.
Bei dieser Gelegenheit hatten sie sich geschworen, niemals gegenseitig die Gedanken zu lesen oder zu manipulieren. Eigentlich wollten sie gar nicht mehr von dieser Fähigkeit Gebrauch machen.
Als die lustigen Geschichten sich dem Ende neigten und eine Redepause eintrat, fasste sich John ein Herz und begann ein neues Thema. Er hatte sich zwar fest vorgenommen, nichts von seiner hinterlistigen Aktion zu erzählen, doch nach ein paar Gläsern Bier fallen oftmals viele Hemmungen.
„Ich möchte etwas gestehen“, sagte er und zog sofort die Aufmerksamkeit auf sich.
„Hast du was verbrochen?“, fragte ihn Franklyn und sah ihn interessiert an. Ein verschmitztes Grinsen stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Nein, ich habe nichts verbrochen. Ich habe nur etwas gerade gebogen . Einer meiner Kollegen hätte fast dafür gesorgt, dass ich gefeuert werde.“
Schockiert hielt sich Carla die Hand vor den Mund. „Du hast nie etwas davon erzählt. Warum hast du mir nichts davon gesagt?“
„Ich hatte mich bisher nicht getraut. Aber jetzt erzähle ich es Euch ja.“
„Dann mal heraus mit der Sprache. Mach uns nicht so neugierig“, stocherte Fran klyn. „Was hast du dagegen unternommen?“
John erzählte detailliert, was er im Büro erleben musste und welche Gegenmaßnahmen er getroffen hatte. Jetzt hatte es den Richtigen erwischt. John bekam sein Recht, und Lügen hatten kurze Beine. Der wirklich Schuldige hatte seinen Job zu Recht
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