Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
hast, einen kompletten Vogelschwarm zur Umkehr zu zwingen.“
„Das war ganz einfach. Ich habe mich mit ein paar Vögeln unterhalten. Sie führten mich gedanklich zu ihrem Leitvogel. Anschließend hatte ich Kontakt zu ihm aufgenommen und ihn gezwungen umzudrehen. Ich teilte ihm mit, auf dem Auto zu landen. Der restliche Schwarm folgte von allein.“
„Das ist absolut genial“, jubelte John. „Auf diese grandiose Idee wäre ich niemals gekommen.“
„Anschließend brauchte ich den Leitvogel nur noch zu erschrecken. Wenn einer wegfliegt, fliegen alle weg, vor allem dann, wenn der Leitvogel wegfliegt.“
Den ganzen restlichen Abend wurde Sarah für ihre Tat gelobt, gestreichelt, getätschelt und geknuddelt. Eigentlich hatte sie mit Ärger gerechnet, doch die Schadenfreude aller Erwachsenen war so enorm groß, dass sie sie für ihre Taten nicht beschimpfen konnten.
Die Erwachsenen merkten überhaupt nicht, dass sie langsam aber sicher in den Sumpf der Gehässigkeit und Schadenfreude abrutschten. Anstatt mit ihrer besonderen Gabe zu helfen und zu retten, ergötzten sie sich an gehässigen Handlungen. Sie rechtfertigten diese zwar, doch ihre Taten waren und blieben nun einmal gehässig.
Schwertransporter
Durch die Schadenfreude der Erwachsenen angestachelt dachte Sarah am Folgetag bereits darüber nach, welche unsinnigen Schandtaten sie als nächstes verrichten könnte. Doch als erstes wollte sie kontrollieren, ob der Rocker noch immer auf dem Fußweg parkte oder aus ihrem Racheakt gelernt hatte.
Sie verabredete sich erneut mit ihrer Freundin Jenny, um mit ihr gemeinsam zu der Stelle zu gehen, an der der Pickup in der Regel abgestellt stand. Und siehe da: Er stand noch immer oder schon wieder dort. Den Vogelkot hatte er abgewaschen. Vermutlich war er mit seinem Auto durch eine Waschanlage gefahren, oder er hatte die Kotflecken mit einem Hochdruckreiniger entfernt. Tatsache war, dass die Köttel nicht mehr existierten. Vielleicht hatte er die Botschaft nicht verstanden, oder es war ihm egal, wie sein Auto aussah. Vielleicht sah er aber auch gar nicht den Zusammenhang zwischen Falschparken und Vogelkot. Sarah war dies ebenfalls egal. Also musste sie das Niveau ihres Racheakts noch ein wenig steigern.
S ie setzte sich mit ihrer Freundin auf die gleiche Parkbank, die sie bereits bei ihrem ersten Besuch benutzt hatten und überlegte. „Was können wir tun, damit der Kerl versteht, was wir von ihm wollen?“
Jenny hatte leider keine Idee. Racheakte gehörten nicht gerade zu ihrer Tagesordnung, schließlich war sie erst zehn Jahre alt. „Vielleicht kannst du ihm die Luft raus lassen.“
„Und wenn er uns erwischt? Der kennt uns doch und weiß, wo wir wohnen“, bemängelte Sarah die Idee ihrer Freundin.
Ihre Unterhaltung wurde von einem Schwertransporter unterbrochen, der sich gerade durch die Straße quälte. Zentimeterweise fuhr er zwischen den geparkten Fahrzeugen hindurch. Sein Ziel war vermutlich die Baustelle am Ende der Straße. Dort wurde gerade ein neues Haus gebaut, und auf seiner Ladefläche befand sich das Dach in Fertigteilen.
Dieser Schwertransporter beflügelte sofort Sarahs Ideen. Wenn sich der Fahrer nur um ein paar Zoll verschätzen würde, könnte doch… ja, das klingt prima, dachte sie gehässig. Sie beobachtete, wie schwierig es für den Fahrer war, sich durch die Lücken zwischen den geparkten Fahrzeugen zu zwängen. Sofort nahm sie Kontakt mit seinen Gedanken auf. In dem Moment, als er um den Pickup herumfahren wollte, sendete sie einen Impuls, der seinen Arm nach hinten schnellen ließ. Der Fahrer konnte nicht mehr schnell genug reagieren. Als er merkte, was sein Arm soeben angestellt hatte, krachte er bereits mit der rechten, vorderen Ecke in die hintere linke des Pickups. Der Pickup hüpfte einen halben Meter nach vorn. An seinem Heck befand sich plötzlich eine hässliche, große Beule. Der Fahrer des Schwertransporters trat sofort auf die Bremse und legte den Rückwärtsgang ein. Nachdem er einen Meter zurückgerollt war, schepperte es blechern. Vermutlich hatte er dem Pickup etwas abgerissen. Neugierig liefen Sarah und Jenny zum Unfallort. Der Fahrer des Pickups kam wutentbrannt aus dem Haus herausgelaufen und fluchte. Wahrscheinlich hatte er durch ein Fenster beobachtet, was sich dort draußen abspielte, oder er hatte das Scheppern gehört. Der Fahrer des Lastwagens blockierte jetzt die gesamte Straße. Langsam und gemütlich stiegen geschätzte zweihundert Pfund
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