Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
von Boden sprechen konnte. Ihr Untergrund war etwas Undefinierbares. Man konnte darauf sehen, aber man konnte ihn nicht sehen. Er glich einer Wolke, doch war er nicht so weich. Während ihres Kampfes hatten sie gar nicht darauf geachtet, auf was sie standen. Fast schien der Untergrund zu leben. Es war ihnen während des Kampfes gar nicht aufgefallen, dass der Boden auf Berührungen reagierte. Ob er lebte? War er auch nur ein Produkt ihrer Fantasie?
Exakt an diesem Punkt endete ihre Erinnerung, und sie wachten nach einigen Stunden intensiven Schlafes geschwächt auf. Die Knochen taten ihnen weh, auch die Muskeln hatten mächtig gelitten. Hatten sie tatsächlich gekämpft, oder hatten sich ihre Muskeln während des Träumens lediglich verkrampft? Muskelkater und massive Gelenkschmerzen machten sich – abgesehen von Sarah – in ihnen breit. Besonders John, der gekämpft hatte wie ein Löwe, klagte über extreme Schmerzen in seinen Armen.
„Wir ha tten geträumt, dass wir zusammen gegen das blaue Monster gekämpft hatten, aber dass ich davon dermaßen starken Muskelkater bekomme, hätte ich nicht geglaubt. Ich dachte bisher immer, dass man von Träumen körperlich nicht beeinflusst wird.“
„Tja, John“, sagte Sally, „du musst deine Mei nung wohl revidieren. Scheinbar haben wir tatsächlich gegen etwas gekämpft. Wenn der Muskelkater aber alles ist, was wir davontragen, ist es mir egal.“ Sie betrachtete ihr Bein, das vor Kurzem noch zerfetzte Muskeln und aufgerissene Haut zeigte. Sie konnte allerdings nichts dergleichen feststellen. „Wenigstens ist mein Bein wieder okay“, stellte sie fest.
„Die blaue Gewalt ist tot, zumindest hoffe ich das. Und ich hoffe auch, dass wir nicht mehr in der Lage sind, uns in fremde Gehirne einzuhacken. Wenn jetzt der Hund noch aufhört, mit uns zu sprechen, ist die Welt wieder in Ordnung“, sagte Carla und streichelte Don Camillo, der daraufhin freudig jaulte und mit seinem Schwanz wedelte. „Kannst du noch sprechen, alter Freund?“, fragte sie den Hund, doch er reagierte nicht auf die Worte.
Epilog
Nachdem ihre Schmerzen überwunden waren, prüften sie ausgiebig, ob sie noch in der Lage waren, andere Menschen zu beeinflussen. Ihre besondere Fähigkeit war aber verpufft. Niemand reagierte mehr auf ihre Gedankensteuerungsversuche. Tatsächlich waren sie wieder ganz die Alten.
Das Relax-Wochenende, das ihnen so massiv versaut worden war, holten sie natürlich nach. Diesmal fuhren sie auf eine Beauty-Farm, die sich im Westen Amerikas befand. Auch Don Camillo sollte so richtig verwöhnt werden. Es wurde gebadet, gefönt, frisiert und mit dem leckersten Futter gefüttert, das die Farm zu bieten hatte. Don Camillo genoss das Wochenende in vollen Zügen.
Die Freunde hatten während des Wochenendes nicht ein einziges Mal das Thema „azurblaue Gewalt“, „Gedankensteuerung“ oder „Manipulation von Menschen“ in den Mund genommen. Sie lachten, tranken Alkohol, feierten und gaben eine Menge Geld aus. Dieser Kurzurlaub war der intensivste und leider auch der teuerste, den sie je zusammen unternommen hatten.
Sarah spielte tagsüber von morgens bis abends mit Kindern ihres Alters. Sie schwamm, planschte, rutschte auf Wasserrutschen und erzählte jede Menge Unsinn.
Carla, Sally, John und Franklyn wurden von allen Seiten hofiert, verwöhnt, massiert, eingekremt, mit Kräutertinkturen bepinselt und körperlich sowie auch seelisch gepflegt. Schöner konnte ein Beauty-Wochenende gar nicht sein. Warum konnten Urlaube nicht immer so schön sein? Vermutlich weiß dies kein Mensch.
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