Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
hätte es sicher nicht so fürchterlich gestunken. Carla lief schnell außer Reichweite, denn der Gestank, der von der braunen Brühe ausging, war unerträglich. Das kommt davon, wenn man Leute anbettelt , dachte Carla gehässig und lief eilig zu ihrem Auto.
Die Gehässigkeit und Schadenfreude, die seit einigen Tagen in den Köpfen der Freunde und vermutlich auch in Don Camillo wuchs, nährte neuerdings die besondere Gabe, die ihnen verliehen war. Mit jeder negativen Tat, die sie verrichteten, wuchs die Macht in ihnen und wurde kontinuierlich stärker. Das Schicksal wollte es, dass sie gar nicht feststellten, wie die Macht systematisch langsam aber sicher immer mehr Kontrolle über die Gehirne der fünf Menschen und den Hund gewann. Das Kontrollorgan, das sich in ihnen verbarg, handelte heimtückisch, raffiniert und unberechenbar. Es versteckte sich äußerst geschickt und war somit praktisch unauffindbar.
Albträume
Die Nacht war vorbei und machte dem Morgen Platz. Doch erholsam war sie nicht gewesen. Der Schlaf, den die sechs Freunde durchlebt hatten, war fürchterlich gewesen. Die Außen- und auch Innentemperatur war sehr angenehm, demnach hätten sie eigentlich sehr gut schlafen sollen. Dennoch wachten sie schweißgebadet auf. Sogar der Hund durchlebte eine Nacht, die er in dieser Form noch nie erleben musste.
Ein Albtraum hatte den den nächsten gejagt. Sie hatten von Mord und Totschlag, Folter und Qual gehandelt. Teils waren sie selbst die Opfer gewesen, teils waren sie diejenigen gewesen, die andere Menschen zu Tode gequält hatten, indem sie sie zerschnitten und aufgespießt hatten oder ihnen die Schlagadern am Hals durchbissen hatten.
Don Camillo hatte davon geträumt, Menschen bei lebendigem Leibe zu zerfleischen. Er hatte sich im Traum mit seinen scharfen Eckzähnen in den Waden seiner Opfer festgebissen und ihnen anschließend Fleischstücke herausgerissen. Als er jetzt wieder wach war, merkten sie, dass auch an einem Hund Albträume nicht spurlos vorbeigehen. Von seiner Lebensfreude, die er eigentlich jeden Morgen zeigte, war heute nichts zu sehen. Er lag jaulend auf dem Teppich.
Das Verwunderliche an diesen Träumen war, dass sie alle zeitgleich stattfanden. Einem Computerprogramm gleich liefen sie synchron in ihren Köpfen ab. Wer steckte bloß dahinter? Wer hatte eine derart böse Fantasie und Macht? Oder handelte es sich tatsächlich um Produkte ihres eigenen Unterbewusstseins? Wenn es so war, warum träumten sie zeitgleich?
„Ich gehe unter die Dusche. Ich klebe, wie ein Fliegenfänger“, sagte John. Er fühlte mit der flachen Hand in seinem Nacken und stellte fest, dass er völlig verschwitzt war. Auch seine Brust war völlig verklebt. „Und bevor ich frühstücke, springe ich in den Pool. Ich muss mich gründlich abkühlen. Wer kommt mit?“
Carla, Sally, Franklyn und Sarah sagt en fast zeitgleich „Ich komme mit“. Sie alle waren begeistert von Johns Idee, sich zu erfrischen. Sogar Don Camillo bellte und sprang im Kreis herum. Scheinbar hatte er verstanden, was John vorschlug, oder er merkte, dass sich plötzlich alle über Johns Worte freuten, ohne den eigentlichen Sinn zu verstehen.
„Er will unter den Gartenschlauch“, sagte Sarah. „Er kann ja nicht im Pool schwimmen.“
„Lasst uns draußen unter die Dusche gehen. John, beeile dich im Badezimmer, oder kommst du auch gleich mit uns nach draußen?“, fragte Franklyn. Er zeigte mit seiner Hand in Richtung der Außendusche.
„Gute Idee, was soll ich denn allein im Badezimmer? Womöglich überfällt mich eine Gestalt aus meinem Albtraum. Dann habe ich niemanden, der mich rettet. Ich müsste mich mit dem Duschkopf verteidigen. Ob mir das allerdings gelingt?“
„Dann nichts wie raus“, rief Sally über Johns Fantasie lachend, schnappte sich ein Handtuch, das über das Sofa hing und eilte nach draußen. Ihre Freunde folgten ihr, ebenfalls im Eiltempo.
Don Camillo hatte es sich anders überlegt und zog es vor, ein wenig im Garten zu toben. Sofort rannte er hinaus auf die Wiese, bellte, rannte nach links und wieder nach rechts, jagte unsichtbaren Hunden hinterher und befreite sich auf diese Art und Weise von den üblen Erinnerungen an seine nächtlichen Albträume.
Die Freunde versuchten sich durch Albernheiten und Geschrei von ihren üblen Gedanken zu befreien. Sie kreischten, spritzten sich gegenseitig nass, bewarfen sich mit Wasser, tauchten sich unter und tobten wild. Die Erinnerungen an ihre
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