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Verbindungen in gegenteilige Richtungen streben, können sich auch Schwierigkeiten einstellen.
Greg und Emily sind ein Beispiel für ein Introvertierten-Extravertierten-Paar, das sich ebenso liebt, wie es sich zur Verzweiflung bringt. Greg, der gerade dreißig geworden ist, hat einen stürmischen Schritt, volles dunkles Haar, das ihm ständig in die Augen fällt, und lacht gern. Die meisten Menschen würden ihn als gesellig beschreiben. Emily, eine sehr reif wirkende 27-Jährige, ist so zurückhaltend, wie Greg jovial ist. Von höflichem und leisem Wesen, trägt sie ihr dickes, rotbraunes Haar zu einem Knoten frisiert und wirft Menschen oft Blicke unter gesenkten Wimpern zu.
Greg und Emily ergänzen einander wunderbar. Ohne Greg würde Emily vielleicht vergessen, aus dem Haus zu gehen, außer um zu arbeiten. Ohne Emily hingegen würde sich Greg trotz seiner Kontaktfreudigkeit paradoxerweise einsam fühlen. Bevor sie sich kennenlernten, waren Gregs Freundinnen meistens Extravertierte. Wie er sagt, hat er diese Beziehungen genossen, aber seine Freundinnen nie wirklich gut kennengelernt, weil sie immer »darauf aus waren, sich mit vielen Leuten zu umgeben«. Er spricht von Emily mit einer Art Ehrfurcht, als wenn sie Zugang zu einer tieferen Schicht hätte, die Menschen wie ihm entgeht. Er beschreibt sie auch als »Anker«, um den sich seine Welt dreht. Emily ihrerseits schätzt Gregs überschwängliches Wesen; er gibt ihr das Gefühl, sich glücklich und lebendig zu fühlen. Sie fühlt sich von jeher zu Extravertierten hingezogen, die, wie sie sagt, »die ganze Arbeit der Unterhaltung übernehmen. Für sie ist es keine Mühe.«
Gregs und Emilys Problem ist, dass sie in den fünf Jahren ihres Zusammenlebens auf immer wieder neue Art in der gleichen Sache aneinandergeraten sind. Greg, ein Musikpromoter mit einem großen Freundeskreis, möchte jeden Freitagabend Freunde zum Essen einladen, zu zwanglosen, fröhlichen Zusammenkünften mit einer Unmenge an Nudeln und Wein, wie er das seit seinem letzten Collegejahr gemacht hat. Diese Treffen sind für ihn ein Höhepunkt der Woche und ein liebevoll gehüteter Bestandteil seiner Identität.
Emily graust es inzwischen vor diesen allwöchentlichen Partys. Als hart arbeitende Anwältin in einem Kunstmuseum und sehr zurückgezogener Mensch sind Gäste das Letzte, wonach ihr der Sinn steht, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt. Ihre Vorstellung von einem perfekten Start ins Wochenende ist ein ruhiger Kinoabend zu zweit.
Es scheint ein unüberbrückbarer Gegensatz zu sein: Greg wünscht sich 52 Dinnerpartys im Jahr, Emily keine einzige.
Greg sagt, Emily solle sich mehr bemühen. Er beschuldigt sie, ungesellig zu sein. »Ich bin doch gesellig«, entgegnet sie. »Ich liebe dich, ich liebe meine Familie, ich liebe meine engen Freunde. Ich mag einfach keine Zusammenkünfte mit vielen Leuten. Menschen treten bei solchen Partys nicht wirklich in einen persönlichen Kontakt – sie hocken nur zusammen . Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich all meine Energie nur dir widme. Du verteilst deine an jeden.«
Aber Emily macht bald einen Rückzieher, teilweise weil sie Streit hasst und teilweise, weil sie an sich selbst zweifelt. Vielleicht bin ich tatsächlich ungesellig, denkt sie. Vielleicht stimmt mit mir etwas nicht. Immer wenn Greg und sie sich streiten, kommen ihr viele Kindheitserinnerungen in den Sinn: Die Schule war für sie aufreibender als für ihre emotional robustere jüngere Schwester; sie schien sich mehr als andere Menschen Gedanken um das Miteinander zu machen, beispielsweise wie sie nein sagen sollte, wenn jemand sich mit ihr treffen wollte. Emily hatte viele Freunde – sie hatte immer ein Talent für Freundschaften —, aber sie war nie in großen Cliquen unterwegs.
Emily schlägt einen Kompromiss vor: Könnte Greg nicht seine Freunde zum Essen einladen, wenn sie wegfährt und ihre Schwester besucht? Aber Greg will nichts davon hören. Er liebt Emily und möchte, dass sie dabei ist – und allen, die Emily kennengelernt haben, geht es ebenso. Warum zieht sich Emily also zurück?
Hinter dieser Frage steckt bei Greg mehr als reine Gereiztheit. Alleinsein ist für ihn eine Art Achillesferse, es gibt ihm das Gefühl, schwach zu sein. Er hatte sich auf eine Ehe mit gemeinsamen Abenteuern gefreut. Er hatte sich Emily und sich selbst als ein Paar vorgestellt, das im Mittelpunkt steht. Und auch wenn er es nie vor sich selbst zugeben würde, heißt verheiratet
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