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Titel: B00B5B7E02 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cain
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lauten Klassenzimmer mit zu viel Reizen, in dem der Unterrichtsstoff in Gruppenarbeit vermittelt wird. Ihre Lehrerin meint, sie wäre sehr viel besser in einer Schule mit einer ruhigen Atmosphäre aufgehoben, wo sie mit anderen Kindern zu tun hätte, die »sich genauso viel Mühe geben und aufs Detail achten«, und ein größerer Teil des Unterrichts in individueller Arbeit ablaufen würde. Maya muss natürlich lernen, sich in Gruppen zu behaupten, aber werden Erfahrungen wie diejenige, bei der ich dabei war, ihr das vermitteln?
    Die Wahrheit ist, dass viele Schulen für Extravertierte gemacht sind. Introvertierte brauchen einen anderen Unterricht als Extravertierte, schreiben die Erziehungswissenschaftlerinnen Jill Burruss und Lisa Kaenzig vom »College of William and Mary«. Und allzu oft »wird diesen Schülern sehr wenig Hilfe zuteil außer dem konstanten Rat, kontaktfreudiger und geselliger zu werden«. 4
    Wir vergessen leicht, dass Gruppenarbeit nichts Sakrosanktes ist und wir den Unterricht so organisieren, nicht weil es die beste, sondern die kostengünstigste Art zu lernen ist. Wo sonst sollten die Kinder bleiben, während wir berufstätig sind? Wenn Ihr Kind lieber selbstständig lernt oder nur mit einem statt mit mehreren anderen Kindern zusammenarbeitet, ist nichts falsch an ihm. Es passt zufällig einfach nicht in das gängige Modell. Der Zweck der Schule sollte es sein, Kinder auf das Leben vorzubereiten. Aber allzu oft müssen die Kinder darauf vorbereitet werden, den Schulalltag zu überstehen.
    Die schulische Welt kann etwas höchst Unnatürliches sein, besonders aus der Perspektive eines introvertierten Kindes, das gern liest, intensiv an Projekten arbeitet, für die es sich interessiert, und sich gern mit nur ein oder zwei Freunden trifft. Morgens öffnet sich die Tür des Schulbusses und entlässt einen lärmenden, drängelnden Haufen von Kindern. Der Unterricht wird von Gruppendiskussionen dominiert, in denen vom Kind erwartet wird, sich vor anderen zu äußern. Mittags isst es im schrecklichen Lärm der Cafeteria, wo es um einen Platz an einem der vollen Tische rangeln muss. Das Schlimmste ist, dass es kaum Zeit zum Nachdenken oder für Kreativität gibt. Die Struktur des Schultages ist fast eine Garantie dafür, dass seine Energie aufgesaugt statt stimuliert wird.
    Warum nehmen wir dies als selbstverständlich hin, wenn wir genau wissen, dass Erwachsene ihr Leben nicht so organisieren? Wir staunen, wenn introvertierte, scheinbare dumme Kinder oft zu selbstsicheren und glücklichen Erwachsenen »aufblühen«, und glauben an eine Metamorphose. Aber vielleicht sind es nicht die Kinder, die sich ändern, sondern ihre Umgebung. Als Erwachsene können sie sich die Berufe, Ehepartner und sozialen Kreise aussuchen, in denen sie sich bewegen wollen. Sie müssen nicht in jeder Umgebung leben, in die sie hineingesteckt werden.
    Untersuchungen aus dem im vorigen Kapitel vorgestellten Forschungsgebiet der Person-Umwelt-Passung belegen, dass Menschen aufblühen, wenn sie »Tätigkeiten, Rollen oder Bedingungen haben, die mit ihrer Persönlichkeit übereinstimmen«, wie der Psychologe Brian Little sagt. Aber das Umgekehrte ist auch der Fall: Kinder hören auf zu lernen, wenn sie sich emotional bedroht fühlen.
    Niemand weiß das besser als Lou Anne Johnson, eine streng aussehende ehemalige Marinesoldatin und Lehrerin, die viel Anerkennung dafür geerntet hat, dass sie einige der verstörtesten Jugendlichen an den kalifornischen öffentlichen Schulen unterrichtet hat (Michelle Pfeiffer spielte sie in dem Film Wilde Gedanken ). Ich besuchte Johnson in ihrem Haus in einer Kleinstadt in New Mexico, um mehr über ihre Erfahrungen beim Unterrichten von Kindern jeglicher Couleur herauszufinden.
    Johnson hat großes Geschick darin, mit sehr schüchternen Kindern zu arbeiten – was nicht von ungefähr kommt. Eine ihrer Techniken besteht darin, ihren Schülern zu erzählen, wie schüchtern sie selbst einmal war. Ihre erste diesbezügliche Erinnerung ist, dass sie sich im Kindergarten auf einen Hocker stellen musste, obwohl sie lieber in einer Ecke saß und Bücher las. Aber die Erzieherin wollte, dass »sie sich mit den anderen abgab«. »Viele schüchterne Kinder sind begeistert, wenn sie hören, dass ihre Lehrerin genauso schüchtern war wie sie«, sagte sie mir. »Ich hatte mal ein sehr schüchternes Mädchen im Englischunterricht in der Highschool. Ihre Mutter bedankte sich bei mir, dass ich ihrer Tochter gesagt

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